Taktik im Spiel FC Bayern - BVB:Könige der zweiten Bälle

Javi Martinez, FC Bayern München, DFB-Pokal, Fußball

Wertvoller Dienste im Mittelfeld und einmal Fast-Torschütze: Javi Martínez.

(Foto: dpa)

Der Sieg im Pokal-Viertelfinale liefert den letzten Beweis, dass der FC Bayern München taktisch enorm aufgeholt hat. Das Pressing erstickt den Dortmunder Spielaufbau, die Abpraller im Mittelfeld schnappt sich Javi Martínez - und gegen Störenfriede haben Bastian Schweinsteiger und Dante ein wirkungsvolles Mittel.

Eine Analyse von Thomas Hummel

Ein paar Jahre lang musste sich der FC Bayern München anhören, zwar die teuersten und besten Spieler auf den Platz zu schicken. Aber taktisch so weit von der Weltspitze entfernt zu sein wie die SpVgg Greuther Fürth von der Deutschen Meisterschaft. Und es passte ja auch: Die jungen Innovationstrainer und Tüftler Klopp und Tuchel schicken den alten Heynckes als Auslaufmodell in die Rente. So dachten viele noch in der vergangenen Spielzeit.

Diese Saison und spätestens das Pokalspiel am Mittwochabend in München zeigen, dass der FC Bayern spielsystematisch mächtig aufgeholt hat. Im Verbund mit dem Einkauf der passenden Spieler im vergangenen Sommer agiert die Mannschaft von Trainer Jupp Heynckes inzwischen auf großartigem Niveau. Was auch dazu führt, dass der Ausfall von Franck Ribéry kaum zu bemerken war (auch das war schon mal anders).

Die Münchner konzentrierten sich diesmal im Vergleich zu den vergangenen Jahren viel mehr auf die Arbeit bei gegnerischem Ballbesitz. Das Münchner Pressing ist zwar von Dortmundern, Mainzern oder dem FC Barcelona abgeschaut, in seiner Perfektion aber derzeit wohl unübertroffen. Vor allem in der ersten Halbzeit erstickten sie die Dortmunder und gingen nach 43 Minuten hochverdient in Führung.

Extrem wertvoll war hier Mario Mandzukic: Der Mittelstürmer sah sich als erster Verteidiger und lief die Dortmunder Innenverteidiger Neven Subotic und Felipe Santana meistens im Sprint an. Da Thomas Müller, Arjen Robben und Toni Kroos fleißig mitmachten, gerieten Subotic und Santana am Ball stark unter Druck und konnten sich oft nur mit einem weiten Ball nach vorne behelfen. Torwart Roman Weidenfeller beobachtete: "Wir konnten einfach nicht unser Spiel aufziehen, die Bayern haben das sehr gut gemacht. Wir konnten nicht frei hinten rauspielen, haben keine Ruhe reinbekommen." Hier fehlte den Gästen merklich der erkrankte Nationalspieler Mats Hummels.

Damit saß das Aufbauspiel der Borussia in der Falle, denn Robert Lewandowski hatte im Luftkampf gegen Daniel Van Buyten und Dante keine Chance, den Ball zu behaupten. So gab es zumeist einen Abpraller, den sogenannten zweiten Ball, und da leistete Javi Martínez wertvolle Dienste. Der Spanier war der König der zweiten Bälle in diesem Spiel. Dortmunds Trainer Jürgen Klopp analysierte: "Wir hatten eine ganz schlechte Tiefenstaffelung, den zweiten Ball haben die Bayern gehabt." Und dann seien sie ins Rollen gekommen.

Hatten die Bayern selbst den Ball, standen sie längst nicht so unter Druck wie zuletzt in den Partien gegen die Borussia. Anfangs versuchten die Dortmunder noch ihr gewohntes Pressing. Vor allem der sehr ballsichere Dante löste die Probleme im Spielaufbau exzellent, dann ließ sich Bastian Schweinsteiger weit nach hinten fallen, um mit seiner Passgenauigkeit die Bayern-Angriffe einzuleiten. Dortmund versuchte wie üblich, sich extrem zu verschieben, um mit vielen Spielern Druck auf den Ballführenden des Gegners auszuüben. Doch auch hier hatten die Bayern ein wirkungsvolles Mittel: Lange Diagonalpässe von Dante und Schweinsteiger auf die andere Spielfeldseite.

Der ungerührte Spielaufbau der Münchner schüchterte den BVB ein, die Dortmunder trauten sich im Verlauf der ersten Halbzeit nicht mehr mit der Vehemenz vergangener Tage ins Pressing, wodurch der FC Bayern deutlich dominierte. Erst nach der Pause kamen die Gäste vor allem im Mittelfeld besser ins Spiel, ohne allerdings eine Lösung zu finden, wie man gegen diese Bayern zu Torchancen kommen kann. Erst in der Nachspielzeit hatte Julian Schieber die einzige echte Möglichkeit, doch sein Kopfball strich über die Latte.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass der FC Bayern schnell und intensiv aus den Entwicklungen der vergangenen Jahre gelernt hat, dann zeigte es diesmal Philipp Lahm. Wäre er früher nach einer verkorksten Flanke abgedreht und hätte seine Position hinten rechts gesucht, ging er diesmal dem Ball nach und überraschte Marcel Schmelzer. Das nennt sich in der modernen Fußballer-Sprache "Gegenpressing". Damit eroberte Lahm den Ball am gegnerischen Strafraum zurück und Arjen Robben nutzte die kleine Freiheit, um den Ball in den Winkel zu schlenzen.

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