Tabellenführer FC Bayern:Mario Götze kommt an

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Hatte auch gegen zwei Paderborner kein Problem: Mario Götze.

(Foto: AFP)

Dynamische Antritte, exquisite Körperwackler und zwei Tore: Mario Götze bekommt nach dem 4:0 gegen Paderborn das meiste Lob und hat seine beste Phase beim FC Bayern. Erst nach dem Spiel stößt der Mittelfeldspieler auf ein Problem.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Josep Guardiola i Sala ist nicht nur ein sehr guter Fußballtrainer, sondern auch ein äußerst fürsorglicher Mensch. Diesmal bekamen die Reporter seine Nächstenliebe zu spüren, denn sie hatten sich bis kurz vor Mitternacht die Füße in den Bauch gestanden. Und wer lange wartet, soll auch Antworten von den Protagonisten kriegen. Natürlich nicht von Guardiola selbst, das würde zu weit führen - aber immerhin von Mario Götze, den sein Coach mit einem Knuff in die Schulter zu den Fragestellern hinschubste. "Sag' was Gutes über den Trainer", witzelte Guardiola.

Also fügte sich der zweifache Torschütze des Abends, wenn auch ohne die geforderte Trainer-Eloge. Nach 90 Minuten schönem Sport, einer verspäteten Dopingprobe (es hielten sich Gerüchte über den Einsatz von Wiesn-Bier) und ausgiebiger Körperpflege sagte Götze: "Wir hätten noch mehr Tore machen können, aber wichtig war heute, dass wir gut gespielt haben." Damit lag er gar nicht so falsch. Vier Treffer wurden es am Ende für die Münchner, keiner für die Gäste aus Paderborn. Das Zepter des Tabellenführers reichten die Ostwestfalen wieder an den FC Bayern weiter - ein Stückchen Normalität hält also Einzug in die Liga.

Dass es so kam, hatte natürlich mit dem Wirken von Götze zu tun und so musste der Nationalspieler neben dem geforderten Pröbchen noch ein paar Einblicke in seine Gefühlswelt in der Arena lassen. Ob er jetzt endgültig drin sei im Münchner Leistungsbetrieb? Nach 15 Monaten im Verein ist das eigentlich eine provokante Frage, aber Götze antwortete trotzdem brav. "Ich sehe das ganz entspannt. Ich fühle mich definitiv angekommen. Wichtig ist, dass ich gesund bin und spielen kann." Sein erstes Jahr beim Rekordmeister gestaltete sich nicht immer einfach, es gab Verletzungen und immer wieder kritisch beäugte Künstlerpausen - doch gegen Paderborn schien das alles wie auf Ex weggespült.

Was der 22-Jährige auch anpackte, es gelang ihm mit Bravour. Beim 1:0 (8. Minute) spurtete er an die richtige Stelle im Strafraum und verwandelte ein hübsches Hacken-Zuspiel von Thomas Müller. Es folgten zahlreiche dynamische Antritte mit dem Ball am Fuß und exquisite Körperwackler, die nur schwer zu erlernen sind - und schließlich ein formschöner Abstauber zum 3:0 (78.). Götze und der FC Bayern, diese Beziehung scheint sich doch noch einzurenken, der Weltmeister bekam an diesem Abend das meiste Lob von allen.

Wohlwollende Worte fand zum Beispiel Sportvorstand Matthias Sammer: "Speziell in der ersten Halbzeit hatte er einige gute Bewegungen. Wir sollten ihm Zeit geben. Er hat viel erlebt und ist erst 22 Jahre alt. Wir sind glücklich mit ihm." Ein ähnliches Urteil fällte Arjen Robben, der auf dem Platz einen ebenso lebendigen Eindruck gemacht hatte wie sein junger Kollege. "Ob Mario angekommen ist oder nicht, ist für uns kein Thema. Wir brauchen seine Qualitäten." So blieb die einzige sanfte Spitze Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge vorbehalten, der erklärte: "Mario hat viel Geld gekostet, da darf man solche Dinge auch erwarten."

Immerhin, "gut gemacht" habe er es ja - wie im Übrigen auch Robert Lewandowski, den Rummenigge explizit als zweiten Hingucker des Abends identifiziert hatte. Dass die Bayern phasenweise wieder so druckvoll und gewitzt auftraten wie im Großteil der Vorsaison, lag nicht zuletzt an der Klasse des Polen. Mit vielen energischen Aktionen demonstrierte er, warum auch seine Verpflichtung die Mannschaft weiterbringt. Mit Lewandowski beteiligt sich im Gegensatz zur Vergangenheit ein Mann mehr am ständigen Räumesuchen und Einschnüren des Gegners. Für Guardiola ist das ein Segen, für den Neuen aus Dortmund vermutlich eine dauerhafte Einsatzgarantie.

Wenn es mit dem schönen Spiel nicht klappt, traut sich der 26-Jährige auch Überraschendes zu, wie jenes Wuchtgeschoss von der Strafraumgrenze zum 2:0 (14.). "Ich war heute sehr konzentriert und hatte keine Probleme mehr mit der Muskulatur", sagte der Angreifer - für die kommenden Gegner der Münchner muss sich das wie eine Drohung anhören. Für sein erstes Heimtor bekam Lewandowski jedenfalls wohligen Applaus von den Rängen.

Dort machte sich kurz vor Thomas Müllers Stochertor zum 4:0 (85.) bereits Volksfest-Stimmung breit, was in diesen Tagen fast schon ein Automatismus ist. "Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey", brüllte die Fankurve des FC Bayern, als sich die Kunde vom Tabellenstand verbreitet hatte. Torwart Manuel Neuer, der wegen Unterbeschäftigung arg frieren musste, gefiel das Erreichte sogar so sehr, dass er ein wenig die Ulknudel rausließ: "Es ist ein gutes Gefühl, wieder oben zu sein. Klar war heute sogar mehr drin, aber man muss auch mal mit einem 4:0 zufrieden sein." Hoffentlich war auch Josep Guardiola besänftigt. Er soll ja ein sehr anspruchsvoller Trainer sein.

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