Synchronschwimmen:"Das Sterben genießen"

Synchronschwimmen: Noch Fragen? Marlene Bojer (links) holt bei der WM in Budapest zwei elfte Plätze - solo und mit ihrer Partnerin Michelle Zimmer.

Noch Fragen? Marlene Bojer (links) holt bei der WM in Budapest zwei elfte Plätze - solo und mit ihrer Partnerin Michelle Zimmer.

(Foto: Tom Pennington/Getty Images)

Die Münchner Synchronschwimmerin Marlene Bojer holt auf der Budapester Margareteninsel im Solo und auch im Duett mit ihrer Berliner Partnerin Michelle Zimmer ihr bislang bestes WM-Ergebnis - vorher hatte die 29-Jährige einige Widerstände überwinden müssen.

Von Sebastian Winter

Synchronschwimmen ist nicht gerade die am besten beleuchtete Disziplin bei einer Schwimmweltmeisterschaft, auch deshalb freute sich Marlene Bojer am Samstagnachmittag, als ihr nach dem Wettkampf immerhin zwei Aufnahmegeräte entgegengestreckt wurden. So ziemlich alles fokussiert sich ja gerade auf die drei Kilometer nördlich gelegene Duna-Arena und die dortigen Beckenschwimmwettkämpfe. Dabei hatte Bojer im Alfred-Hajos-Stadion (benannt nach dem ersten Schwimm-Olympiasieger der Neuzeit) auf der Margareteninsel Eindrückliches vollbracht. Die 29-jährige Münchnerin belegte im Solo-Finale der Technischen Kür mit 81,4450 Punkten den elften Platz - das beste WM-Ergebnis ihrer Karriere und auch der beste Punktewert ihrer gesamten Laufbahn.

"Ich habe mich gut gefühlt, wollte die Atmosphäre mitnehmen, nicht so verkopft schwimmen, sondern einfach das Sterben genießen", sagte Bojer. Das Sterben genießen: Kann man das? Jedenfalls bezog sich Bojers Aussage auf die immense Kraftanstrengung, die Synchronschwimmen den Protagonistinnen abverlangt, mit langen Unterwasserphasen, in denen sie akrobatische Höchstleistungen vollbringen. Für Bojer ging es am Sonntag bei ihrer bereits fünften WM-Teilnahme nach 2009, 2015, 2017 und 2019 ähnlich erfolgreich weiter. Mit ihrer Duett-Partnerin Michelle Zimmer erreichte sie im Finale der Technischen Kür ebenfalls Rang elf - wieder mit Bestwert. Das bislang beste deutsche WM-Resultat in dieser Disziplin war ein 18. Platz durch Wiebke Jeske und Edith Zeppenfeld bei der WM 2013 in Barcelona gewesen.

Synchronschwimmen: Bereit zum Abheben: Marlene Bojer (links) und Michelle Zimmer hatten wenig Vorbereitungszeit - und wollen nun auch zu den Olympischen Spielen.

Bereit zum Abheben: Marlene Bojer (links) und Michelle Zimmer hatten wenig Vorbereitungszeit - und wollen nun auch zu den Olympischen Spielen.

(Foto: Maddie Meyer/Getty Images)

"Erfahrung ist ein guter Schatz, gerade hier sehen wir das", sagte Bojer. Diese Erfahrung hat sie und Zimmer auch durch die Untiefen der Corona-Pandemie getragen. Zunächst hatte im Herbst 2020 Bojers eigentliche Partnerin Daniela Reinhardt aus persönlichen Gründen überraschend ihr Karriereende bekanntgegeben - ein paar Monate vor den Olympischen Spielen. Bojer war geschockt, viele Jahre Arbeit schienen pulverisiert zu sein, doch dann tat sie sich mit Zimmer zusammen, die eigentlich auch schon mit dem Leistungssport aufgehört hatte - aber für das Olympiaprojekt zusagte. In Windeseile entwickelten sie ein neues Programm, was eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit ist in diesem komplexen Sport. Um dennoch Olympia beim Qualifikationswettkampf in Barcelona im Juni 2021 hauchdünn zu verpassen. Am Ende fehlten ein Platz und 0,1866 Punkte.

Die schwierige Zeit "hat uns stärker gemacht, das muss man nicht alles haben", sagte Bojer, die wie Zimmer auch noch vor zwei Monaten mit den Auswirkungen einer Corona-Erkrankung zu kämpfen hatte. Nun hat sich alles im Guten aufgelöst, in der kommenden Woche haben beide noch weitere Chancen auf gute Platzierungen. An diesem Montag beginnen die Freien Küren im Solo und im Duett, dort wollen sie erneut glänzen. "Mein Traum ist, dass wir in beiden Küren ins Finale kommen", sagte Bojer.

Ihre Masterarbeit hat sie erst einmal auf Eis gelegt, das einzige deutsche Duett bei dieser WM hat auch mittelfristig noch etwas vor. Mit den Olympischen Spielen haben sie ja noch eine Rechnung offen. "Der Olympiazyklus wird durchgezogen. Nachdem wir die Quali so knapp verpasst haben, ist das das große Ziel", sagte Bojer. Es wäre ihre erste Teilnahme - und der letzte Traum, den sie sich in ihrer Leistungssportkarriere erfüllen möchte.

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