Basketball:„Wir müssen den nächsten Step machen“

Lesezeit: 4 Min.

Der größte Triumph: Svenja Brunckhorst (re.) im olympischen 3x3-Finale gegen Spanien, wenig später hatte sie die Goldmedaille um den Hals. (Foto: Sina Schuldt/dpa)

Die Frauen-Bundesliga will professioneller werden und hat sich daher strenge Regeln auferlegt. Längst überfällig, findet die in Wasserburg aufgewachsene Goldmedaillengewinnerin Svenja Brunckhorst – auch wenn dieser Weg ihrem Heimatklub Schwierigkeiten bereitet.

Von Katalina Farkas

Ein wenig muss Svenja Brunckhorst sich noch an die neue Heimat gewöhnen. Es seien vor allem die Berliner Distanzen, die sie immer wieder unterschätze, erzählt sie am Telefon: „In Hannover hat man alles innerhalb von 15 Minuten mit dem Fahrrad erreicht.“ Drei Jahre hat sie dort am Olympiastützpunkt Niedersachsen trainiert und sich für den Einsatz mit einer Goldmedaille im 3x3-Basketball bei den Olympischen Spielen von Paris belohnt. Nun lebt die 32-Jährige seit knapp sechs Wochen in der Hauptstadt, in der alles größer und weitläufiger ist. Das gilt auch für ihren neuen Arbeitgeber: Alba Berlin ist nicht nur einer der mitgliederstärksten Basketballvereine des Landes, sondern beheimatet auch die aktuellen Meisterinnen der Damen-Basketball-Bundesliga (DBBL). „Die ersten paar Wochen habe ich eigentlich nur damit verbracht, mich einzuarbeiten und alles kennenzulernen“, erzählt Brunckhorst. „Und ich habe immer noch einiges vor mir.“

Svenja Brunckhorst hat als langjährige Wasserburger Stammspielerin und als Kapitänin der deutschen Basketball-Nationalmannschaft nicht nur den Frauenbasketball geprägt, sondern auch das 3x3-Spiel öffentlichkeitswirksam medial verankert, natürlich vornehmlich durch ihren Goldmedaillengewinn im Sommer. Jetzt, ganz offiziell im spielerischen Ruhestand angekommen, arbeitet sie für Alba Berlin als Managerin für Frauen- und Mädchenbasketball. „Alba hat eine riesige Abteilung und investiert schon lange in den Bereich, daher gab es dort bereits professionelle Strukturen“, sagt sie. „Wir werden meine Rolle gemeinsam entwickeln.“ Es gehe auch darum, ein Zeichen zu setzen: „Wir brauchen mehr Frauen im Sport-Management.“

Dadurch, dass es nun eine designierte Managerin für den weiblichen Bereich gibt, setzt Alba auch eine der vielen Auflagen um, an die sich die DBBL-Vereine künftig halten müssen. Die haben es in sich: Es geht um größere Hallen, um LED-Werbebanner, um die Entwicklung professioneller hauptamtlicher Strukturen, aber auch um die Zusammenstellung der Teams und die Mindestanzahl an deutschen Spielerinnen, die dort verpflichtet sein müssen, und um die Förderung des weiblichen Nachwuchses. „Mit breiter Mehrheit“, so heißt es auf der Website der DBBL, wurde „ein Großteil der Maßnahmen“ im vergangenen Jahr verabschiedet.

Raus aus den Schulturnhallen: In einem Jahr dürfen bei Pflichtspielen ausschließlich Basketball-Linien auf dem Spielfeld sein

Die Standards sollen die Liga auf ein neues Niveau heben, organisatorisch, aber auch spielerisch. Eine unter anderem in Hamburg ausgetragene EM-Vorrunde steht 2025 an, 2026 findet die Weltmeisterschaft der Frauen in Berlin statt. Es ist also Zeit, die etwas verstaubte Liga zu professionalisieren: Strukturen auszubauen und auch zu gewährleisten, dass Deutschlands beste Basketballerinnen nicht mehr in Schulturnhallen auflaufen müssen, deren Boden mit einem bunten Mix aus Spielfeldlinien übersät ist – weshalb selbst Kenner bisweilen zweimal hinschauen müssen, um das Basketballfeld zu erkennen.

Zu den Dingen, die die Vereine schon in dieser Saison umsetzen müssen, zählen die Produktion von Spielberichten, der Nachweis hauptamtlicher Strukturen für den weiblichen Nachwuchsbereich, der Aufbau eines „Perspektivteams“ für den Leistungssport sowie die Verpflichtung, dass Trainer und Trainerinnen über eine A-Lizenz verfügen. Die Vereine müssen einheitliche Spiel- und Wurfuhren installieren und dafür sorgen, dass der Ligabetrieb nicht mehr vorrangig auf ehrenamtlichen Schultern ruht. Von dieser Saison an müssen zudem mindestens vier Spielerinnen im Team über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen, 2026/27 müssen es dann mindestens sechs sein. Und ja, auch das Linienwirrwarr soll weichen: Pflichtspiele müssen ab der Saison 2025/26 auf einem Spielboden ausgetragen werden, auf dem ausschließlich Basketballlinien sichtbar sind.

Es ist ein Paket an Maßnahmen, das den Vereinen auch finanziell einiges abverlangt. Und vor dem einige direkt kapituliert haben. Der TSV 1880 Wasserburg beispielsweise, Brunckhorsts langjährige sportliche Heimat, hat in der vergangenen Saison auf sein Aufstiegsrecht verzichtet und die Rückkehr in die erste Liga auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Begründung: Man wolle sich mit dem Aufstieg nicht finanziell und organisatorisch überfordern. „Das kann ich verstehen“, sagt Brunckhorst, die ihre sportliche Karriere in Wasserburg startete, mit dem Verein deutsche Meisterschaften und Pokalsiege feierte.

Marco Baldi im Interview
:„Letzter in der Euroleague – das hat uns überhaupt nicht gefallen“

Zum Start der Basketball-Saison erklärt Alba-Geschäftsführer Marco Baldi, warum Bayern München nicht selbstverständlich Meister wird – und wie groß der Abstand der Berliner zu Europas Spitze ist.

SZ PlusInterview von Ralf Tögel

„Der Verein liegt mir sehr am Herzen und ich hätte sie gerne in der ersten Liga gesehen. Aber ich denke, sie haben die richtige Entscheidung getroffen. Sie müssen jetzt am Unterbau arbeiten, junge Spielerinnen fördern. Und für die ist es vielleicht besser, erst einmal in der zweiten Liga Erfahrung zu sammeln.“ Etwas wehmütig sei sie trotzdem: „Ich hätte unser Team gerne zum Auswärtsspiel nach Wasserburg begleitet.“

Grundsätzlich hält Brunckhorst aber viel von den neuen Standards, auch wenn diese selbst für großen Vereine wie Alba nicht leicht umzusetzen seien. „Die Kosten für die Wurfuhr, die wir jetzt installieren müssen, gehen in den mittleren fünfstelligen Bereich. Das ist nichts, was wir mal eben so finanzieren können, weil sich der weibliche Bereich finanziell noch immer nicht trägt.“ Aber Alba habe sich eben dazu verpflichtet, in die Förderung von Mädchen und Frauen zu investieren, „auch, weil wir dort gerade ein riesiges Momentum erleben“.

Brunckhorst plädiert dafür, die Regeln als Chance zu begreifen. „Ich habe ja oft genug kritisiert, dass im Frauenbasketball was passieren muss. Bislang hat vieles funktioniert, weil Vereine sich unter großen Anstrengungen irgendwie durch die Saison geschleppt haben. Das haben wir getan, weil wir den Sport lieben. Und das tun wir auch weiterhin. Ich bin sehr dankbar für das, was die Menschen in den Vereinen ehrenamtlich alles geleistet haben. Aber das ist auf Dauer nicht nachhaltig.“ Das Produkt Frauenbasketball müsse professioneller werden, damit es sich besser verkaufe. „Und das geht nicht, wenn man in den Stream schaut und nicht weiß, welche Linien eigentlich zum Feld gehören. Da sind uns die internationalen Ligen einfach voraus.“

Da freut sich auch der Chef: Berlins Geschäftsführer Marco Baldi herzt Deeshyra Thomas, die zur besten Spielerin der Finalrunde gewählt wurde. (Foto: Behrendt/Contrast/Imago)

Es sei wichtig gewesen, die Standards zu verabschieden. „Auch, wenn es nicht für alle Vereine leicht ist, da mitzugehen.“ Gleichzeitig glaube sie, dass es die Regeln den Vereinen auch leichter machen, mutig Sponsoren gegenüberzutreten, um mehr Geld einzufordern. Der Aufbau von professionellen Strukturen erleichtere letztlich auch Topspielerinnen die Entscheidung zu bleiben. Am Ende, so Brunckhorst, hätten doch alle das gleiche Ziel, „auch ein Verein wie Wasserburg: Wir wollen alle, dass Frauenbasketball den nächsten Step macht, dass wir endlich eine gute Liga schaffen, in der ein richtig guter Wettbewerb stattfinden kann.“ Damit möchte sie sich auch gegen den Vorwurf stellen, die neuen Auflagen würden vor allem den großen Vereinen in die Karten spielen. Also all jenen, die auch eine Mannschaft in der Männer-Bundesliga hätten. „Wenn wir keinen sportlichen Wettbewerb schaffen, sind auch die Standards egal. Und das wäre ja ein Schmarrn.“

Nach Wasserburg fährt Svenja Brunckhorst übrigens trotzdem bald. Im Oktober darf sie sich in das goldene Buch der Stadt eintragen. Ein Spiel bei ihrem alten Verein wird sie sich dann auch anschauen: „Da freue ich mich schon wahnsinnig drauf.“

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

3x3-Basketball bei Olympia
:Und dann holen sie tatsächlich Gold

Zweimal schien für die deutschen Basketballerinnen Schluss zu sein – doch es war nicht Schluss. In dramatischen Spielen gewinnt das Team Gold, Dirk Nowitzki ist einer der ersten Gratulanten. Der Sieg ist eine Sensation, folgt aber einem langen Plan.

SZ PlusVon David Kulessa

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: