Suspendierung von Fifa-Generalsekretär Valcke:Der Mann, der viel weiß

File photo of FIFA General Secretary Valcke listening to a question during an announcement on the status of Curitiba as a host city for the 2014 World Cup, in Florianopolis

Ist nicht mehr Fifa-Generalsekretär: Jérôme Valcke

(Foto: REUTERS)

Nun wird es selbst der Fifa zu bunt: Sie suspendiert ihren Generalsekretär Jérôme Valcke, der zum engsten Blatter-Vertrauten aufstieg - trotz vieler Merkwürdigkeiten.

Von Lisa Sonnabend

Jérôme Valcke fiel im Fußball-Weltverband immer ein wenig aus dem Raster, nicht nur wegen seiner sogar für Fifa-Verhältnisse vielen Verfehlungen. Denn der 1,95 Meter große Franzose hat zwar die Statur eines Fußballers, hat aber nie wie Sepp Blatter oder Michel Platini selbst gespielt. Er interessiert sich nicht einmal sonderlich für den Ballsport, sondern vielmehr für Skifahren, Kampfsport und schnelle Autos. Dennoch tat der 54-Jährige in den vergangenen Jahren alles, um Karriere im Fußball zu machen. Diese endete nun allerdings am Donnerstagabend jäh.

Die Fifa suspendierte Generalsekretär Valcke, den zweitwichtigsten Mann nach Sepp Blatter. Das bedeutet: Es musste mal wieder einiges vorgefallen sein im skandalerschütterten Fußball-Weltverband. Gegen den 54-jährigen Franzosen sind schwere Vorwürfe bekannt geworden. Er soll versucht haben, sich am Ticketverkauf für die Weltmeisterschaften 2010 bis 2022 zu bereichern. So berichtet es die Agentur JB Sports Marketing, die sich im Zuge der Geschäfte geprellt sah.

Nicht der erste Skandal, in den Valcke verstrickt ist

Zudem soll Valcke laut Zeugenaussagen noch ehe die Entscheidung feststand, angekündigt haben, dass die WM 2022 in Katar stattfinden werde - und das mehrmals. Valcke nennt die Vorwürfe von JB Sports "frei erfunden" und "ungeheuerlich". Fallengelassen wurde der Blatter-Vertraute von seinem Arbeitgeber dennoch.

Es ist nicht der erste Skandal, in den Valcke bei der Fifa verstrickt ist. Sein Name taucht nahezu in jeder größeren Affäre des Weltverbandes auf. Der Karriere schadete das bislang nicht. Im Gegenteil.

Valcke, der zuvor als Manager beim französischen Fernsehsender Canal+ arbeitete, kam 2003 zur Fifa - und wurde Leiter der Fifa-Marketing AG, einer neu geschaffenen Position. Der Wechsel überraschte viele. Denn bei Canal+ hatte Valcke zuvor Einblicke genommen in das Geschäftsgebaren der langjährigen Fifa-Rechteagentur ISL, die - wie später bekannt wurde - 140 Millionen Franken Schmiergeld an Sportfunktionäre gezahlt haben soll. Nachdem Valcke die ISL-Dokumente durchgesehen hatte, passierte Seltsames: Blatter behauptete, Valcke habe versucht, ihn zu erpressen. Kurze Zeit später bekam Valcke dann jedoch eine Stelle bei der Fifa, von einem Streit zwischen den beiden Männern war keine Rede mehr.

Die Fußballwelt rätselt: Was weiß Jérôme Valcke?

Auch 2007 fragte sich die Fußballwelt erneut: Wie viel weiß Jérôme Valcke über die Fifa und Sepp Blatter - und wie macht er sich dieses Wissen zunutze? 2006 war Valcke gefeuert worden, weil er für die Fifa Verhandlungen mit dem Kreditkartenanbieter Visa aufgenommen hatte, obwohl der bestehende Vertrag mit Mastercard dies verbot. Der Schaden, der für den Fußballverband entstand, betrug 100 Millionen Dollar. Valcke musste gehen - kam jedoch rasch wieder. Denn wenige Monate später holte Blatter den Franzosen zurück, diesmal sogar als Generalsekretär. Er stieg also kurz nach seinem Rauswurf zum zweitwichtigsten Mann der Fifa auf, wurde der wohl engste Vertraute von Blatter. "Starke Leute holt man zurück", sagte Präsident Blatter damals zu der Beförderung nur.

Als nun im Juni die Ermittlungen von FBI und der Schweizer Bundesanwaltschaft den Weltfußball erschütterten, geriet auch Valcke ins Visier der Fahnder. Der Franzose soll 2008 in eine dubiose Zehn-Millionen-Dollar-Zahlung verwickelt gewesen sein und den Betrag im Vorfeld der WM in Südafrika von einem Fifa-Konto auf ein amerikanisches Konto überwiesen haben. Valcke stritt alles ab und konnte sich im Amt halten. Doch seine Karriere geriet schon damals weiter in Gefahr. Die Fifa hatte bereits großen Schaden genommen.

Ein Ende - früher als gedacht

Wenn Blatter im Februar aus dem Amt scheidet, hätte der Generalsekretär seinen Job nach den vielen Ungereimtheiten wohl ohnehin verloren. Sogar Valcke selbst gab im Juli zu: "Wenn ich der neue Präsident wäre, würde ich einen neuen Generalsekretär ernennen."

Nun folgte Valckes Karriereende jedoch früher als gedacht. Tragbar war er eigentlich schon seit Jahren nicht mehr.

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