Surfer Sebastian Steudtner:"Kokosnüsse sind gefährlicher als Haie"

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Sebastian Steudtner ritt 2015 die größte Welle.

(Foto: imago/Martin Hoffmann)

Der Hai-Angriff auf Surfer Mick Fanning hat Schlagzeilen gemacht. Der deutsche Profi Sebastian Steudtner findet: Das war keine Hai-Attacke.

Interview von Tim Brack

Sebastian Steudtner, 31, gilt als bester deutscher Profi-Surfer. Der gebürtige Esslinger entdeckte seine Leidenschaft für das Wellenreiten mit neun Jahren im Familienurlaub. Auf der Jagd nach den Wellen zog er mit 16 Jahren alleine nach Hawaii. Um seinen Traum von den "Big Waves" zu finanzieren, arbeitete Steudtner nebenbei als Bauarbeiter. 2015 gewann er den Preis der World Surf League für die größte gerittene Welle der Saison. Den Australier Mick Fanning, der am Wochenende von einem Hai angegriffen wurde, kennt er persönlich.

SZ: Ihre Reaktion auf das Video von der Hai-Attacke auf Mick Fanning?

Sebastian Steudtner: Als ich es anschaute, wusste ich schon, dass niemand verletzt worden ist. Deswegen habe ich mich nicht wirklich erschreckt. Ich finde, so etwas sollte nicht Hai-Attacke genannt werden.

Warum nicht?

Hätte der Hai Fanning richtig attackiert, wäre mehr zerbissen worden als nur die Leine zwischen Brett und Knöchel. Dann wäre der Surfer nicht unbeschadet an Land gekommen. Auf dem Video sieht es eher so aus, als ob sich der Hai versehentlich in der Leine verfängt.

Die Öffentlichkeit war aufgebracht.

Es kamen ja extrem viele Zufälle zusammen. Es läuft das Finale der World Surf League, die Kameras sind auf den Favoriten gerichtet - und dann nähert sich ein weißer Hai. Das hat alles sehr spektakulär gemacht.

Ihnen könnte das auch passieren.

Das kann jedem Surfer passieren. Jedem, der zu den Haien ins Meer geht. Einmal ist mir sogar einer begegnet. Mein Surfbrett wurde hinter ein Riff gespült. Als ich darauf zu schwamm, tauchte eine Haiflosse auf. Zum Glück ist der Hai gleich wieder verschwunden.

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Sebastian Steudtner surfte in Nazare/Portugal auf der größten Welle der Saison.

(Foto: AFP)

Machen Sie sich Gedanken, was Sie tun, falls wieder einmal eine Rückenflosse auftaucht?

Ich zerbreche mir darüber nicht den Kopf. Jeder kennt die Grundregel: ruhig bleiben, nicht rumzappeln, kein Wasser aufwühlen. Falls das Tier angreift: auf die Nase boxen oder in die Augen stechen. Aber solche Vorfälle sind die absolute Seltenheit.

"Ein Hai löst bei den Menschen Urängste aus"

Fährt die Angst vor einem Hai trotzdem immer mit?

Der Hai ist unheimlich, weil ich ihn im Wasser nicht sehen kann. Er löst bei den Menschen Urängste aus. Aber Kokosnüsse sind gefährlicher als Haie. Rein statistisch betrachtet bringen sie jährlich mehr Menschen um. Auch Autofahren ist tausendmal riskanter.

Glauben Sie, dass durch den Angriff auf Fanning nun die Sicherheitsvorkehrungen bei Wettkämpfen verstärkt werden?

Es muss sich nichts ändern. Die Veranstalter haben perfekt reagiert: Sie haben alle aus dem Wasser geholt und den Wettbewerb abgesagt. Das waren die einzig richtigen und notwendigen Maßnahmen. Zudem steht immer ein Helikopter bereit, wenn das Krankenhaus weit entfernt ist. Es sind professionelle Wasserrettung und Sanitäter am Strand.

Trotzdem hätte der Angriff auf Fanning böse enden können.

Surfer Sebastian Steudtner: Mick Flanning wird von einem Hai attackiert.

Mick Flanning wird von einem Hai attackiert.

(Foto: AP)

Die Surfer und Veranstalter werden die Haie ja nie davon abhalten können, im Meer zu schwimmen. Netze gegen Haie zu spannen, funktioniert nicht. Eine Welle unter Wasser abzusperren, ist unmöglich. Viel wichtiger ist deswegen: Ich muss wissen, wann ich nicht ins Meer darf.

Wann ist das?

Wenn es geregnet hat. An einer Flussmündung mit braunem Wasser gehe ich auch nicht surfen. Diese Situationen vermeidet jeder Surfer.

Welche Gefahren sind für Surfer größer als ein Hai-Angriff?

Die Bedingungen falsch zu lesen, es nicht mehr an den Strand zu schaffen, ist fataler als jeder Hai oder jede giftige Qualle. Dann geht dir die Kraft aus und du ertrinkst. Die größte Gefahr für Surfer ist die Selbstüberschätzung.

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