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Surfen:Nicht nur "Hippie-Sport": Deutsche Surfer wollen zu Olympia

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San Salvador (dpa) - Für Marlon Lipke ist Surfen deutlich mehr als Sonne, Strand und ein entspannter Lifestyle.

Der 37-Jährige hat sich als einziger Deutscher mit den besten Wellenreitern der Welt bei der World Tour gemessen, in den vergangenen Jahren eine eigene Marke für Surf-Equipment aufgebaut und will nun gegen Ende der Karriere nochmal etwas ganz Großes schaffen. Von diesem Samstag an kämpft er wie fünf andere deutsche Wellenreiter in El Salvador um ein Ticket für die Olympia-Premiere seines Sports in zwei Monaten in Japan.

"Es wäre natürlich ein Traum", sagt Lipke über die Chance, bei dem Großereignis vor den Augen der Weltöffentlichkeit dabei zu sein. Die letzten Startplätze für die Sommerspiele werden bei den "World Surfing Games" des internationalen Verbandes ISA vergeben.

Deutschland ein Surf-Entwicklungsland

Auch wenn Deutschland im Vergleich mit den Top-Nationen wie Brasilien, USA und Australien trotz aller Fortschritte der vergangenen Jahre immer noch ein Surf-Entwicklungsland ist, haben Lipke und seine Teamkollegen durchaus ihre Möglichkeiten. Jedes Land hat nur höchstens zwei von je 20 Startplätzen bei den Frauen und Männern. Viele Top-Stars der Szene sind bereits sicher dabei. Wenn sie in El Salvador vor den Nicht-Qualifizierten landen, nehmen sie ihnen keine Plätze weg.

"Die Chancen sind für alle gleich", sagt Lipke der Deutschen Presse-Agentur, nachdem er die ersten Wellen am Wettkampfort gesurft ist. "Ich gehe da ganz locker rein. Ich weiß, man kann in der ersten Runde rausfliegen und man kann sich genauso gut für Olympia qualifizieren." Neben ihm gehen für Deutschland bei den Männern noch Leon Glatzer und Dylan Groen an den Start. Bei den Frauen sind Camilla Kemp, Noah Lia Klapp und Rachel Presti nominiert.

Schafft es tatsächlich ein deutscher Surfer nach Tokio, "wäre die Freude darüber aus Sicht des Deutschen Wellenreitverbandes wahrscheinlich nur schwer in Worte zu fassen", sagt Jannik Dörr aus der Sportlichen Leitung des DWV. "Auch in der Öffentlichkeit könnte die Qualifikation positiv zum Image des Wellenreitens in Deutschland beitragen und verdeutlichen, dass es neben dem Lifestyle-Faktor auch noch eine erfolgreiche professionelle und leistungsorientierte Nuance im Wellenreiten gibt."

Olympia sorgt für mehr Aufmerksamkeit

Alleine der neue Status des Surfens als olympische Sportart hilft den Wettkampf-Wellenreitern bereits. "Jetzt bekommen die Athleten mehr Aufmerksamkeit, die das professionell machen und ihr ganzes Leben danach ausrichten, Wettkämpfe zu gewinnen oder einen bestimmten Titel zu bekommen", sagt Lipke. Wellenreiten bei Olympia zeige: "Surfen ist nicht nur ein Hippie-Sport."

Verbunden sind mit dem neuen Stellenwert auch ganz praktische Vorteile für die Surfer. Gefördert vom DWV, der Deutschen Sporthilfe und dem Bundesinnenministerium (BMI) werden die Surfer professionell trainiert, können auf die Unterstützung eines Sportpsychologen zurückgreifen und müssen ihre Flüge nicht mehr alle selbst bezahlen. "Das gab es bei mir früher nicht. Da habe ich alles selber gemacht, und das war über die Jahre schon hart", sagt Lipke.

Mit Ärger schaut er aber nicht zurück. Lipke sieht die neuen Möglichkeiten und die Olympia-Chance als Bonus. "Ich weiß, dass ich meine Karriere hatte", sagt er. "Für mich ist das jetzt das I-Tüpfelchen."

© dpa-infocom, dpa:210527-99-759060/2

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