Streit um die Super League:Der nächste infame Dreh

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Mastermind hinter den Super-League-Plänen und mit der Uefa auf Konfrontationskurs: Reals Präsident Florentino Pérez. (Foto: Claude Paris/AP)

Real Madrid war einer der Initiatoren einer europäischen Eliteliga, nun will Präsident Pérez einer Uefa-Strafe mit einem juristischen Winkelzug entgehen: Ausgerechnet die Klubs, die er zurücklassen wollte, sollen ihn retten.

Kommentar von Thomas Kistner

Das Fallbeil sollte zum EM-Auftakt runtergehen. Die Fußball-Union Uefa will die drei verbliebenen Brandstifter bestrafen, die mit der Gründung einer Super League Mitte April den europäischen Fußball spalten wollten. Real Madrid, Barcelona, Juventus Turin. Das Trio tat das auf perfide Art: Nur 24 Stunden, nachdem es mit 250 Klubs aus allen Ecken Europas die neue Champions-League-Reform eben dieser Uefa abgesegnet hatte.

Dies Vorgehen allein war so niederträchtig, dass es dazu beitrug, Widerstand von Fans bis hin zur Politik zu mobilisieren und die Allianz der Aggressoren zu zerschlagen. Neun der zwölf Aufständischen kehrten reuig in die Uefa-Familie zurück, Klubchefs entschuldigten sich vor laufenden Kameras, alle akzeptieren Geldstrafen und Selbstverpflichtungen. Nur nicht das Trio um Mastermind Florentino Pérez. Der Boss von Real Madrid, der sich auch in einer Superliga das Filetstück sichern wollte, ist ein internationaler Baulöwe, mit allen Wassern gewaschen. So beschaffte er sich schon vor dem Angriff das Urteil eines Madrider Handelsgerichts: Was, wenn die Sache platzt und die Uefa drakonische Strafen verfügt?

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Zumindest die Folge seines Masterplans hatte Pérez richtig prognostiziert. Die Uefa will sanktionieren, das verbietet nun das Urteil in Madrid. Es geht sogar so weit, dass auch Uefa-Mitglieder von Spaniens Justiz belangt werden könnten. Das ist also die nächste Hinterlist: Erst wollten Real und Barca die Klubs von Vigo über Cadiz bis Elche in einem um die Attraktionen entkernten Ligabetrieb zurücklassen - jetzt verstecken sie sich hinter denselben. Deshalb soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) dem Handelsrichter attestieren, dass die Uefa ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche.

Die Uefa wartet auf den EuGH - die Sanktionen aber werden kommen

Eines hat die raffinierte Rochade bewirkt: Das Fallbeil bleibt oben. Vorerst. Die Uefa wartet auf den EuGH, die Position der Spanier wird angefochten. Ein günstiges Urteil ist zu erwarten. Denn mitreden darf auch die EU-Kommission. Und es ist schwer vorstellbar, dass Länder wie England, Frankreich, Italien und auch Deutschland nach der April-Revolte einiger Superreicher nun deren egomanischen Milliardenträumen doch noch die Hintertür öffnen. Fußball, das hat ja die Affäre gezeigt, besitzt auch eine große gesellschaftspolitische Dimension, die nicht nur kartellrechtlich zu fassen ist.

All das ist keine gute Nachricht für die renitenten Drei. Und faktisch ist es so, dass die Uefa nicht in ihre Falle getappt ist: Hätte sie den EuGH-Vorgang schlicht ignoriert und das Trio bestraft, drohten Strafanzeigen in Spanien - so ein Justiztheater könnte sich viel länger ziehen. Die Falle wurde also erkannt, nun wird halt später sanktioniert. Da ist sich die Uefa-Spitze ebenso einig wie darin, dass die taktischen Spielchen des Trios nicht strafmildernd wirken dürfen. Wie sehr die Drei auf allen Ebenen tricksen, zeigen ihre diskreten Kontaktversuche mit Uefa-Chef Aleksander Ceferin. Über Banker, über Medien - stets mit dem Narrativ, die jeweils anderen wüssten nichts vom Versuch der Fühlungnahme.

Die Drähte zur Uefa-Spitze aber sind gekappt. Am Zug sind die Juristen, am Ende wird sanktioniert. Ob dann mehrjährige Ausschlüsse für die nächste Champions-League-Saison oder erst für die nachfolgende verhängt werden, wird in Nyon mit einem Achselzucken diskutiert: Wer erst 2022 aus der Eliteklasse fliegt, hat jetzt vermutlich noch größere Probleme, Weltklasse-Kicker anzuheuern. Die spielen ja nicht so gerne ausschließlich gegen Vigo, Cadiz und Elche.

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