Super-Kombination bei der Ski-WM:Maria Höfl-Riesch befreit sich mit Gold

"Dass ich die Tina Maze hier schlagen kann - das ist Wahnsinn!" Nach einer teilweise schwierigen Saison gelingt Maria Höfl-Riesch in der Super-Kombination bei der Ski-WM in Schladming der große Coup: Gold und Sieg über die große Favoritin aus Slowenien. Auch Österreich darf erstmals ein bisschen jubeln.

Von Thomas Hummel

20 Hundertstel Sekunden lagen nach der Abfahrt zwischen Platz eins und fünf. Das war ein spannendes Rennen und die ungewöhnlich vielen Menschen im Zielraum in Schladming waren schon begeistert mitgegangen. Doch weil es eine Super-Kombination war, versprach der Tag noch mehr. Denn es gab ja noch einen zweiten Durchgang, den Slalom.

Und mittendrin: Maria Höfl-Riesch. Die 28-Jährge aus Garmisch-Partenkirchen stieß sich als Erste der Top Fünf auf den Slalomhang. Sie kam mit einer Bestzeit unten an und niemand mehr konnte sie von Platz eins wieder runterholen. Nicht einmal Tina Maze, die als Schnellste der Abfahrt als Favoritin ins Rennen ging. Die Slowenin holte am Ende Silber. Und auch für Gastgeber Österreich gab es die erste Medaille: Bronze für Nicole Hosp.

"Dass ich die Tina Maze hier schlagen kann, dass ich hier eine Chance habe und Gold gewinne - das ist Wahnsinn!" sagte Höfl-Riesch kurz nach dem Finale. "Die Fahrt war okay, aber nicht mit der letzten Aggressivität. Das hätte nicht gedacht."

Am Morgen schon hatte Höfl-Riesch nicht den Eindruck erweckt, als würde sie diesem Wettbewerb respektlos begegnen. Was aber weniger mit der Super-Kombination zu hat, sondern mehr mit Maria Höfl-Riesch, die im Moment sehr empfänglich ist für Erfolgsmeldungen aller Art.

Auch der nächtliche Wetterumschwung in der westlichen Steiermark machte ihr Freude. Es war kalt geworden, richtig kalt: "Es ist echt ganz schön eisig geworden, mir taugt das", sagte Höfl-Riesch vor der Abfahrt. Und das sah man dann auch über weite Strecke der ersten Disziplin am Vormittag am Berg Planai. Höfl-Riesch fuhr eine tolle Abfahrt, lag bis zur letzten Zwischenzeit mehrere Zehntel Sekunden vorne, verpasste aber dann die Einfahrt in den Zielhang und kam unten mit 0,20 Sekunden Rückstand an.

Vor dem entscheidenden Slalom bedeutete das: Höfl-Riesch war Vierte, teilte sich den Platz mit der Schweizerin Lara Gut. 15 Hundertstel vor den beiden lag die Österreicherin Elisabeth Görgl, weitere fünf Hundertstel schneller waren deren Landsfrau Anna Fenninger und die Favoritin Tina Maze aus Slowenien. Fenninger und Maze lagen zeitgleich auf Platz eins, die ersten Fünf innerhalb von zwei Zehntel Sekunden.

Fenninger fädelt ein

Nach der Abfahrt kurz vor zwölf Uhr wollte Maria Höfl-Riesch keine großen Interviews geben, "Ich bin zuversichtlich für den Slalom", sagte sie kurz. Ihre Betreuer fuhren sie dann mit dem Auto hinüber zur Skistation Reiteralm. Dort sollte sie sich für den Slalom einfahren, sich an den schnelleren Bewegungsablauf zwischen den Stangen gewöhnen. "Wir planen das schon ganz ordentlich", sagte der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier.

Dann sollte im Slalom erst der Angriff der Österreicherinnen kommen. Doch Michaela Kirchgasser (mehr als 1,6 Sekunden Rückstand nach der Abfahrt) rutschte nach ein paar Toren aus und saß fast auf ihrem Po. Auch Kathrin Zettel blieb an einem Tor hängen und musste einen Bremsschwung einlegen. Erst Nicole Hosp kam gut durch und mit Slalom-Laufbestzeit ins Ziel, sie jubelte laut und ausgiebig, ihre Arme flogen durch die Luft, als könnte sie das ganze Land mit ihnen hochheben. Oder zumindest dessen Erwartungen.

Als nächste Favoritin kam Maria Höfl-Riesch. Sie fuhr oben kontrolliert und verlor zunächst ein bisschen Zeit auf Hosp, kam aber im flacheren Teil unten immer besser in Fahrt und hatte schließlich eine Sekunde Vorsprung, als sie ins Ziel kam. Noch vier Fahrerinnen standen da oben.

Die nach der Abfahrt gleichschnelle Lara Gut aus der Schweiz musste als Nicht-Slalomfahrerin zu viel riskieren und schied aus. Auch Elisabeth Görgl hatte keine Chance und kam mit mehr als zwei Sekunden Rückstand auf die Deutsche ins Ziel. Die größte Hoffnung der Österreicherin, Anna Fenninger, kam nur ein paar Tore weit, für sie der zweite Ausfall bei dieser WM schon nach dem Super-G. Oben stand nun nur noch Maze.

Tina Maze, die Dominatorin der Saison, Goldgewinnerin im Super-G. 20 Hundertstel Sekunden hatte sie Vorsprung auf Höfl-Riesch, oben noch konnte sie noch ein kleines bisschen drauflegen. Doch dann ließ die Slowenin im Vergleich zur Deutschen nach, schon in der letzten Zwischenzeit hatte sie Rückstand und auch im Ziel.

"Nach den letzten Wochen, die teilweise schwierig für mich waren, war das ein Befreiungsschlag", sagte Höfl-Riesch. Veronique Hronek kam übrigens als zweite DSV-Läuferin auf Platz zwölf.

Seit 2007 wird die Super-Kombination bei Großereignissen im neuen Format ausgefahren, und seitdem ist sie das ungeliebte Kind in der Alpinfamilie. Charly Waibel, der deutsche Männer-Cheftrainer, hatte am vergangenen Sonntag gleich den ersten geselligen Abend im Deutschen Haus genutzt, um der Super-Kombination öffentlich sein tiefes Misstrauen auszusprechen. "Es ist nicht mehr wie früher, als bei diesem Wettbewerb der kompletteste Athlet gekürt wurde", sagte Waibel, "heute gewinnen meist die Slalomfahrer, die die Abfahrt halbwegs überleben."

Das merkte man dann auch in diesem WM-Super-Kombinations-Slalom. Viele Speed-Spezialistinnen quälten sich doch ungelenk um die vielen Tore herum und verloren teilweise mehrere Sekunden. Die Auswahl an ernsthaften Medaillenkandidatinnen beschränkte sich deshalb schnell auf Maze, Höfl-Riesch und fünf Österreicherinnen.

Nicht einmal die Gastgeber hatten dieser Disziplin nach den Enttäuschungen in den Super-G-Rennen einen Status gegönnt, der die WM-Stimmung retten sollte. Die österreichischen Medien ließen keinen Zweifel daran, dass sie nach den medaillenlosen Auftakttagen selbst eine Goldmedaille durch Titelverteidigerin Anna Fenninger für nicht satisfaktionsfähig hielten. Doch selbst das trat dann nicht ein. Maria Höfl-Riesch gewann - und wirkte sehr glücklich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: