Süddeutsche Zeitung

Super-Bowl:Keine Chance gegen eine Horde Wasserbüffel

Lesezeit: 3 min

Die Denver Broncos gewinnen das Finale der NFL gegen die Carolina Panthers mit 24:10. Entscheidend ist ihre starke Defensive - und vor allem ein Mann.

Von Jürgen Schmieder

Partie wird erst kurz vor dem Ende entschieden

Wie sich das anfühlt, wenn eine Horde wild gewordener Wasserbüffel auf einen lostrampelt? Cam Newton kann diese Frage nun beantworten, der Spielmacher der Carolina Panthers wurde während des Super Bowls permanent von sieben Verteidigern der Denver Broncos verfolgt und sieben Mal auch niedergerissen. Die ohnehin knifflige Situation wurde zu einer schier unlösbaren Aufgabe, weil Newtons mögliche Passempfänger versuchten, vor vier flinken Gazellen davonzulaufen. Newton mühte sich redlich, doch am Ende musste er eingestehen, dass er gegen diese Defensive keine Chance hatte. Die Broncos gewannen das Finale der nordamerikanischen Football-Liga NFL mit 24:10.

Es war eine spannende Partie, die tatsächlich erst kurz vor dem Ende entschieden wurde und an dramatischen Momenten beinahe alles enthielt, warum die Menschen so gerne Endspiele verfolgen. Es war jedoch kein sportliches Schmankerl für all jene, die auf spektakuläre Läufe und akrobatisch gefangene Pässe gehofft hatten - es war vielmehr ein Leckerbissen für all jene, die sich für die taktischen Elemente dieser Sportart begeistern und Football als Rasenschach interpretieren. Und natürlich für jene, die gerne dabei zusehen, wie ein Quarterback wiederholt von einer Herde wild gewordener Verteidiger überrannt wird.

Newton wühlte und pflügte sich durch Denvers Verteidigung

Wade Phillips, der Defensive Coordinator der Broncos, hatte sich dazu entschlossen, gegen die produktivste Offensive dieser Saison nicht abwartend und absichernd zu agieren, sondern von Beginn an Druck auszuüben auf Newton, der nicht nur explosiv laufen, sondern auch präzise passen kann. Diese Strategie ist äußerst riskant, weil es die hintere Verteidigungslinie offengelegt hätte, falls sich Newton befreit und sich dadurch Zeit verschafft hätte. Es funktionierte jedoch: Bei den drei Angriffsserien im ersten Viertel mussten die Panthers zwei Mal den Ball nach wenigen Versuchen wieder abgeben, ein Mal verlor ihn Newton direkt und gewährte den Broncos einen Defensiv-Touchdown.

Carolinas Offensive rätselte die komplette Spieldauer über, wie viele Blocker sie für Denvers heranstürmende Wasserbüffel bereitstellen müsste - und Newton dennoch ein paar Anspielmöglichkeiten bieten könnte. Es funktionierte nach dem ersten Viertel zunächst besser, weil sich Newton zu einer Ein-Mann-Wasserbüffelherde verwandeln kann. Er wühlte und pflügte sich durch Denvers Verteidigung, er stand nach harten Attacken sofort wieder auf und schaffte einige schöne Würfe unter Druck. Insgesamt erreichte die von ihm orchestrierte Offensive 315 Yards, die der Broncos gerade einmal 194.

Manning macht den Unterschied

"Wir haben leider ein paar schlimme Fehler gemacht, die konsequent bestraft worden sind", sagte Panthers-Trainer Ron Rivera nach der Partie. Es gab nicht nur das Fumble zum Touchdown im ersten Viertel, sondern eine Schlafmützigkeit der Special Teams (sie hatten mit einem Ende des Spielzugs nach einem Punt gerechnet und ließen einen Gegenspieler 61 Yards weit laufen), noch einen verlorenen Ball und kurz vor der Halbzeit einen Raumverlust von zehn Yards, der ein mögliches Field Goal verhinderte. "Zu Beginn des dritten Viertels haben wir dann ein Field Goal verschossen und uns direkt danach in aussichtsreicher Position eine Interception geleistet", sagte Rivera: "Wir müssen anerkennen, dass die Broncos-Defensive sehr viel richtig gemacht hat."

315:194 Yards - und dennoch lautete das Ergebnis 10:24. Wie das passieren kann? Nun, auf der anderen Seite des Spielfeldes stand Peyton Manning, einer der besten Spielmacher in der Geschichte der NFL. Er wusste, dass er mit seinen 39 Jahren und nach 18 Spielzeiten in dieser aufreibenden Liga dieses Spiel nicht unbedingt würde gewinnen müssen. Er durfte es nur nicht verlieren, wie er es in den vergangenen Jahren ein paar Mal getan hatte und deshalb mit dem Stigma des in wichtigen Partien versagenden Spielmachers zu kämpfen hatte.

Manning führte seine Offensive ohne spektakuläre Spielzüge zu drei Field Goals, mehr brauchte es zunächst nicht. Erst gegen Ende der Partie - Denvers Defensive hatte den Ball erneut erobert und an der gegnerischen Vier-Yard-Line platziert - schaffte er doch noch einen Offensiv-Touchdown, er übergab das Spielgerät an Laufspieler C. J. Anderson. Das war es auch schon. Manning schaffte keinen Touchdown-Pass, er gewann jedoch zum zweiten Mal in seiner Karriere den Super Bowl, zu seinen zahlreichen Rekorden kommt nun "ältester Super-Bowl-Sieger als Quarterback" hinzu.

Noch keine Entscheidung zum Karriere-Ende

"Das Spiel war ein Spiegelbild unserer Saison: Es war nicht unbedingt schön, sondern vielmehr ein Test unseres Willens. Den haben wir bestanden", sagte Manning, der sich bei der Übergabe der Trophäe nicht dazu äußern wollte, ob er nach diesem Hollywood-Ende auch seine Karriere beenden wird: "Ich habe von meinem Mentor Tony Dungy gelernt, solche Sachen nicht spontan zu entscheiden. Was ich vorhersagen kann: Ich werde heute Nacht sehr viel Bier trinken."

Nachdem er das gesagt hatte, übergab er den Pokal schleunigst an die Broncos-Verteidiger, die direkt vor der Bühne ungeduldig darauf warteten, das silberne Ding endlich berühren zu dürfen. Das war eine schlaue Entscheidung, schließlich hatte Manning in den dreieinhalb Stunden davor gesehen, was mit einem Quarterback passieren kann, wenn eine Horde wild gewordener Wasserbüffel auf einen zustürmt und etwas haben will, das der in seinen Händen hält.

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