Super Bowl:Erinnerungen an "Nipplegate" werden wach

Super Bowl: Sänger Justin Timberlake trifft bei der Halbzeitshow des Super Bowls auf - diesmal ohne Janet Jackson.

Sänger Justin Timberlake trifft bei der Halbzeitshow des Super Bowls auf - diesmal ohne Janet Jackson.

(Foto: AFP)
  • Wer den Super Bowl verstehen will, braucht ein Glossar: Das amerikanische Riesenevent von A bis Z.
  • Es geht um Proteste, Gehirnerschütterungen und Freibier.

Von Maximilian Länge

A: Anthem Protest

Überall in den USA knieten in der Saison 2017/18 Spieler während der Nationalhymne auf dem Boden, um gegen Polizeigewalt und Rassismus zu protestieren. Den patriotischen Fans gefiel das nicht, sie empfanden es als respektlos gegenüber dem Militär und drohten mit dem Boykott der Spiele. In der neuen Saison will die Liga die Spieler während der Hymne in der Kabine behalten, um Diskussionen und finanziellen Verlusten aus dem Weg zu gehen.

B: Bill Belichick

Der mürrische Trainer der New England Patriots lächelt selten. Nach dem Halbfinal-Sieg vor zwei Wochen aber huschte ein Grinsen über das Gesicht des ewigen Kapuzenpulli-Trägers. Belichick ist nicht erst seit seinem achten Super-Bowl-Einzug der erfolgreichste NFL-Trainer der Geschichte. Fünfmal hat er den Titel schon gewonnen.

C: Concussion Protocol

Tom Savage (Houston Texans) krachte am 10. Dezember mit dem Kopf auf den Boden und blieb zuckend liegen. Russell Wilson (Seattle Seahawks) schummelte sich am 9. November nach einem Zusammenstoß an der medizinischen Untersuchung vorbei. Cam Newton (Carolina Panthers) torkelte am 7. Januar benommen Richtung Spielfeldrand. Alle drei Spielmacher kehrten zurück aufs Feld, obwohl sie von einem unabhängigen Arzt gründlich hätten untersucht werden müssen. Diagnose: Das sogenannte Concussion Protocol zur Feststellung und Behandlung von Gehirnerschütterungen funktioniert nicht, die Spieler werden zu schlecht vor ihrem eigenen Eifer und den Mechanismen des Wettbewerbs geschützt.

D: Dauerbrenner

Verteidiger James Harrison gewann mit den Pittsburgh Steelers zwei Super Bowls, ehe er im Dezember 2017 entlassen wurde. Prompt verpflichteten die Patriots den 39-Jährigen, der nun in seiner 15. Saison nochmals nach dem Titel greift. In den sozialen Medien ist Harrison für Videos bekannt, in denen er trotz hohem Sportler-Alter Gewichte stemmt, die doppelt so breit wie er selbst sind. Und James Harrison ist sehr gut gebaut.

E: Experte

Achtung, Spoiler! Tony Romo war in der vergangenen Saison noch Quarterback bei den Dallas Cowboys. Jetzt ist er TV-Experte beim Sender CBS und sagt am Mikrofon regelmäßig erfolgreich Spielzüge vorher.

Leichtsinnig versprochenes Freibier

F: Freibier

Im August 2017 in der Vorbereitung auf die neue Saison glaubte Lane Johnson, Spieler aus der Angriffslinie der Philadelphia Eagles, wohl noch nicht daran, dass sein Team in nächster Zeit den Super Bowl erreichen würde. So versprach er leichtsinnig in Anwesenheit einiger Reporter, allen Bier ausgeben zu wollen, sollten die Eagles bald mal das Endspiel gewinnen. Zu dieser Aussage steht Johnson auch heute noch. Seine Siegprämie wird er aber wohl nicht in Freibier investieren müssen. Eine große US-Brauerei - bekannt für ihr wässriges Bräu - hat ihm zugesichert, das Bier zu spendieren, sollte Philadelphia gegen New England gewinnen.

G: G.O.A.T.

Der Vergleich mit einer Ziege (englisch: goat) dürfte bei den meisten Menschen keine Freude auslösen. Im US-Sport ist er die Heiligsprechung - übersetzt: Greatest Of All Times, der Beste aller Zeiten - und wird in der Regel im Zusammenhang mit Tom Brady gebraucht.

H: Halbzeitshow

Musiker Justin Timberlake stand schon einmal in der Super-Bowl-Halbzeitpause auf der Bühne, nämlich am 1. Februar 2004 gemeinsam mit Sängerin Janet Jackson. Er sorgte an diesem Abend dafür, dass das Spiel zur Nebensache wurde. Während der Choreografie riss er so stark an Jacksons Kostüm, dass ihr Büstenhalter nachgab. Der Vorfall wurde als "Nipplegate" bekannt.

I: International Series

Seit 2007 kommt die NFL nach London, um dort reguläre Spiele auszutragen. Was im ersten Jahr mit einer Partie begann, steigerte sich 2017 auf vier Spiele in Wembley und Twickenham. In der kommenden Saison wird erstmals eine Begegnung im neuen Stadion des Premier-League-Klubs Tottenham Hotspur ausgetragen. Wohin das führen soll? Möglicherweise zu einem Team außerhalb der USA. Shahid Khan, Besitzer der Jacksonville Jaguars, ist übrigens auch Eigner des FC Fulham in der zweiten englischen Liga.

J: JuJu Smith-Schuster

Der Passfänger der Pittsburgh Steelers hat nicht nur einen klangvollen Namen, er ist mit 21 Jahren auch noch der jüngste Spieler in der NFL und der jüngste seit 1964, der einen Touchdown erzielt hat.

K: Kick it like Gould

Der beste Kicker dieser Saison heißt Robbie Gould und spielt für die San Francisco 49ers, die nach dem Goldrausch in Nordkalifornien im Jahr 1949 benannt sind. Gould setzte 39 von 41 Kicks zwischen die zwei gelben, im Abstand von fünf Metern aufgestellte Stangen. Vorschlag für einen Spitznamen: Gouldgräber.

L: Legionäre

Von Sebastian Vollmer, Björn Werner, Markus Kuhn und Moritz Böhringer war in dieser Saison sportlich nichts mehr zu hören. Vollmer, Werner und Kuhn haben ihre Karrieren beendet, Böhringer ist aktuell ohne Team. Und so waren Kasim Edebali (Denver, Detroit, Los Angeles, New Orleans) und Mark Nzeocha (San Francisco) 2017/18 die einzigen aktiven Deutschen in der US-Profiliga, wenn auch ohne große Einsatzzeiten.

283 Diamanten für einen Ring

M: Minnesota Nice

Bezeichnung für die ausgeprägte Höflichkeit, Bescheidenheit und Freundlichkeit der Bewohner von Minnesota. Ob diese Nettigkeit auch für die Fans der Philadelphia Eagles gilt, die am Sonntag (Ortszeit) in Minneapolis den Super Bowl verfolgen wollen? Schließlich haben die Eagles das Team der Gastgeber im Halbfinale mit 38:7 abgefertigt und den Traum vom Finale daheim zerstört.

N: New England Patriots

Durch einen Sieg könnten die Patriots mit den Pittsburgh Steelers gleichziehen, die den Super Bowl bereits sechsmal gewannen. Außerdem könnten sie zum ersten Team werden, das das Endspiel zweimal in aufeinanderfolgenden Jahren gewonnen hat.

O: Overtime

Erst einmal in der Geschichte des Super Bowl kam es zu einer Verlängerung - und das war vor einem Jahr, als die Patriots ihren fünften Titel holten.

P: Philadelphia Eagles

Die Eagles haben den Super Bowl trotz zwei Finalteilnahmen nie gewonnen. 2005 unterlagen sie den Patriots im Endspiel mit 21:24.

Q: Quoten

Die zweite Saison in Serie sind die TV-Quoten für NFL-Spiele gesunken. Die Gründe: Protest gegen den Hymnenprotest (siehe A), ein Überangebot an Spielen, zu viele Werbeunterbrechungen.

R: Ring

Erfolge im American Football werden mit Ringen belohnt. Kein Spieler hat so viele Ringe wie Tom Brady, er benötigt alle fünf Finger einer Hand, um sie zu präsentieren - und bald vielleicht die zweite Hand dazu. Der Ring der Patriots aus der vergangenen Saison ist mit 283 Diamanten besetzt und erinnert die Spieler daran, dass sie im Februar 2017 ein 28:3 für die Atlanta Falcons noch in einen 34:28-Sieg drehten.

S: Sacksonville

Man nehme das Fachwort "Sack" (steht dafür, den gegnerischen Quarterback zu Boden zu bringen) und kombiniere es mit dem defensivstärksten Team der Liga in dieser Saison: den Jacksonville Jaguars.

Eine liebevolle Bezeichnung für die NFL-Schiedsrichter

T: Trainer

Die letzten zwei Cheftrainer im Rennen um die Vince Lombardi Trophy sind Bill Belichick (siehe B) von den New England Patriots und sein Gegenüber Doug Pederson von den Philadelphia Eagles. Sie haben ihre Jobs für die kommende Saison selbstverständlich sicher. Und auch allen anderen Coaches, die jetzt noch im Amt sind, dürfen durchatmen. Die Entlassungswelle gerät am Black Monday, dem Montag nach dem letzten Spiel der regulären Saison, ins Rollen, ebbt aber auch schnell wieder ab. Diesmal traf es sieben der 32 NFL-Trainer.

U: Undrafted Free Agents

Spieler, die bei der alljährlichen Talentauswahl im April übersehen werden. Es ist der Stoff, aus dem Football-Geschichten geschrieben werden, wenn diese Übergangenen plötzlich doch erfolgreich sind. Danny Amendola von den Patriots ist so ein Kandidat, er wurde im Halbfinale gegen Jacksonville zum Matchwinner.

V: Verletzungen

Statistiken zeigten Ende Januar, dass sich bei Donnerstagspartien mehr Spieler verletzen (6,9 pro Spiel) als bei Begegnungen an Sonntagen oder Montagen (6,3). Das spricht dafür, dass die Regenerationszeit der Footballer von Sonntag auf Donnerstag zu kurz ist. Trotzdem schloss die NFL mit TV-Sender Fox einen neuen Deal für die Donnerstage ab und zahlt nun rund 60 Millionen Dollar pro Partie. Von diesem Geld profitieren auch die Spieler, die sich zahlreich gegen Spiele unter der Woche aussprechen.

W: Wetter

Es gibt sie trotz der überall aus dem Boden schießenden überdachten Football-Tempel noch: Spiele in widriger Witterung. In Buffalo konnten die Zuschauer vor lauter Schneesturm Anfang Dezember das Geschehen gegen Indianapolis nicht mehr erkennen. Gespielt wurde trotzdem. Und gejubelt nach einem Touchdown natürlich per Schnee-Engel.

X: XFL

Vince McMahon, Krösus der US-Wrestling-Liga WWE, will der NFL Konkurrenz machen und in deren Saisonpause ab 2020 eine zweite Profiliga mit dem Namen XFL installieren. Klingt nach einer Kombination aus der Schaukampf-Sportart Wrestling und American Football. Ob die Sportler zum Schauspiel-Casting müssen, um spielberechtigt zu sein, ist bislang unklar.

Y: Yard-Führende der Liga

Tom Brady warf Pässe über 4577 Yards, Kareem Hunt (Kansas City Chiefs) erlief mit dem Ball in der Hand 1327 Yards, Antonio Brown (Pittsburgh Steelers) fing Pässe über 1533 Yards. Kein Spieler war in dieser Saison besser. Ein Yard entspricht 0,9144 Metern.

Z: Zebras

Liebevolle Bezeichnung für die NFL-Schiedsrichter in ihren schwarz-weiß gestreiften Outfits, die meist eher nicht so liebevoll behandelt werden. Den Super Bowl leiten übrigens Debütant Gene Steratore und seine Crew. Im normalen Leben verkauft Steratore Sanitäranlagen.

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