Stuttgart gewinnt im DFB-Pokal:Ein 48-Meter-Eigentor ohne Folgen

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Hätte auf dieses historische Tor gern verzichtet: der Stuttgarter Verteidiger Konstantinos Mavropanos nach seinem spektakulären Eigentor. (Foto: David Inderlied/dpa)

Der Stuttgarter Konstantinos Mavropanos trifft beinahe von der Mittellinie aus ins eigene Tor - ganz spät dreht seine Mannschaft noch das Pokalachtelfinale gegen Paderborn. VfB-Trainer Labbadia hofft auf einen Schub im Abstiegskampf.

Von Ulrich Hartmann, Paderborn

Viel hat nicht gefehlt, dann hätte ein historisches 48-Meter-Eigentor des griechischen Innenverteidigers Konstantinos Mavropanos aus der 4. Minute für den VfB Stuttgart das Aus im Achtelfinale des DFB-Pokals bedeutet. Die folgenden 82 Minuten liefen die Stuttgarter nämlich beim Zweitligisten SC Paderborn diesem skurrilen Gegentor hinterher. Sie kamen auf 72 Prozent Ballbesitz, 22:1 Torschüsse und 17:0 Ecken und standen trotzdem vor der Niederlage. Erst das 1:1 des kurz zuvor eingewechselten portugiesischen Zugangs Gil Bastiao Dias in der 86. Minute und der Mittelstürmer Serhou Guirassy per Kopf in der fünften Minute der Nachspielzeit mit dem Treffer zum 2:1 (0:1)-Sieg retteten die Schwaben. Erstmals seit 2016 zieht der VfB damit ins Pokal-Viertelfinale ein und hat eine Prämie von 1,7 Millionen Euro schon sicher.

Paderborns Trainer Lukas Kwasniok musste anerkennen, dass der Stuttgarter Sieg trotz der unglücklichen Dramaturgie verdient war. "Ich hatte auf eine magische Nacht gehofft, leider ist es eine tragische geworden", sagte er. Auch Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia fand den Triumph seiner bis zur letzten Minute kämpfenden Spieler angemessen: "Wer die späten Tore sieht, könnte meinen, das es ein glücklicher Sieg war - aber das war er nicht." Er habe sich gefreut, dass seine Spieler bis zum Ende nicht ungeduldig geworden seien. Die Erleichterung war natürlich enorm: "Toll, dass wir's gewonnen haben", sagte Labbadia, wirkte recht geschafft und formulierte die Hoffnung, dass aus der "geschlossenen Mannschaftsleistung" nun auch ein Impuls "für den Abstiegskampf" hervorgehe. In der Bundesliga ist der VfB Viertletzter.

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Niemand beim VfB machte Mavropanos einen Vorwurf. Die Stuttgarter hatten ihrem Mitspieler in der Pause sogar aufmunternd versprochen, das Spiel für ihn noch zu drehen. Das war aber auch eine seltsame Szene gewesen nach exakt 180 Sekunden.

Ein Eigentor aus größerer Distanz ist im deutschen Profifußball bislang nicht bekannt. Mavropanos geriet an der rechten Außenlinie nach einem Einwurf, nicht sehr weit weg von der Mittellinie, in Bedrängnis und schoss den Ball blind, also ohne hinzuschauen, zurück zu seinem Torwart Florian Müller. Müller aber stand nicht vor seinem Tor, er stand, um sich als Anspielpartner anzubieten, weit rechts in seinem Strafraum. Als der Ball nun recht scharf geschossen auf das Tor zusauste, rannte Müller hinüber, um zu retten, was noch zu retten war, aber er erreichte den Ball nicht mehr. Und so stand es in dieser ganz frisch angebrochenen 4. Minute plötzlich 1:0 für Paderborn.

Schön lang gemacht: Serhou Guirassy (links) erzielt für den VfB Stuttgart das späte Siegtor gegenbPaderborn 07 at Home Deluxe Arena on January 31, 2023 in Paderborn, Germany. (Photo by Lars Baron/Getty Images) (Foto: Lars Baron/Getty Images)

Paderborns Trainer Kwasniok war entsprechend schnell auf Betriebstemperatur. Er trug, vielleicht auch als Hommage an seinen für Kälte eher unempfindlichen Paderborner Vorgänger Steffen Baumgart, bloß ein T-Shirt, obwohl es ein feuchtkalter Abend war. Mit dem VfB-Trainer Labbadia hat Kwasniok 1999 mal gemeinsam bei Arminia Bielefeld gespielt, unter dem Trainer Hermann Gerland. Das Wiedersehen in Ostwestfalen nun nahm beide ganz schön mit.

Nach der Pause kam Zugang Genki Haraguchi in die Stuttgarter Schaltzentrale. Er war von Union Berlin gekommen, aber auch mit dem Japaner und trotz fortgesetzter großer Überlegenheit sollte es den Stuttgartern 41 weitere Minuten lang nicht gelingen, den überfälligen Ausgleich zu erzielen. Dazu bedurfte es in der 82. Minute der Einwechslung eines weiteren neuen Spielers, nämlich des 26 Jahre alten Portugiesen Gil Bastiao Dias von Benfica Lissabon. 4:15 Minuten war er auf dem Feld, als er nahe des rechten Strafraumecks zum Schuss kam und den Ball traumhaft im linken Winkel des Paderborner Tors versenkte (86.).

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Nun hätte es auf eine Verlängerung hinauslaufen können, aber mit der 17. Ecke kamen die Stuttgarter doch tatsächlich noch zum Siegtreffer. Guirassy stieg am Fünfmeterraum hoch und wuchtete den Ball per Kopf zum 2:1 ein. "Wir haben eine überragende Mentalität gezeigt", sagte der Torwart Müller und freute sich besonders für den Eigentorschützen Mavropanos.

Im Jubel und in der Enttäuschung waren sich hinterher zumindest alle darin einig, dass eine Entscheidung binnen 90 Minuten zu begrüßen war. So konnten Kräfte gespart werden. Die Stuttgarter spielen am Sonntag gegen Werder Bremen, die Paderborner schon am Freitag gegen Fortuna Düsseldorf. "Insofern war es besser, in 90 Minuten zu verlieren als in 120", tröstete sich Paderborns Ron Schallenberg.

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