Stuttgart:Hilfe, ich bin ein Rekordtransfer!

Pablo Maffeo soll gehen, der nächste Spieler kommt: Ozan Kabak. Elf Millionen Euro erhält Galatasaray Istanbul für den 18-Jährigen.

Von Christof Kneer

Als sie beim VfB Stuttgart im Mai 2018 die ersten neuen Spieler fürs kommende Spieljahr verkündeten, waren sie angemessen stolz. Marc-Oliver Kempf wurde als ablösefreier Zugang aus Freiburg willkommen geheißen ("großes Potenzial") und der kroatische Linksverteidiger Borna Sosa als "hoch interessanter Spieler" begrüßt. Hieß so viel wie: gute Jungs, helfen uns bestimmt weiter. Aber dann kam die Sprache gleich auf Pablo Maffeo.

Maffeo, 20, habe "als Außenverteidiger eine große Zukunft vor sich", schwärmte der Sportvorstand Michael Reschke und bedankte sich "in diesem Zusammenhang ausdrücklich bei Manchester City und speziell bei Pep Guardiola für die Unterstützung des Transfers".

Es waren heitere Tage beim VfB, die Stuttgarter hatten die Saison mit einem 4:1-Sieg beim FC Bayern abgeschlossen und waren nicht mal dadurch zu kränken, dass "zweitbeste Rückrunden-Elf" kein offizieller Titel ist. Und als amtliche Beglaubigung künftiger Ambitionen war jetzt quasi noch Pep Guardiola im Raum, ein Vertrauter von Michael Reschke aus gemeinsamen Zeiten beim FC Bayern. Für Maffeo habe es "viele Anfragen aus England und Spanien gegeben", erklärten die Stuttgarter stolz, er habe sich aber "für den VfB entschieden". Der VfB hat Maffeo nicht nur leihweise überlassen bekommen, richtig gekauft haben sie ihn und mit einem Vertrag bis 2023 ausgestattet. Erworben vom Pep-Klub Manchester City, von wo Maffeo nach Girona verliehen worden war, in Spaniens erste Liga, wo er 33 Spiele bestritt.

Okay: Zehn Millionen Euro Ablöse kostete der Kerle, eine Rekordausgabe in der 125-jährigen Geschichte des VfB. Aber das würde er ja wohl wert sein, der junge Mann mit dem Pep-Siegel, oder?

An diesem Sonntag nun, fast genau acht Monate später, hat Maffeo, 21, nicht mal mit Stuttgarts Reservisten trainieren dürfen. Trainer Weinzierl schickte ihn zum Laufen, "damit er an seinen Grundlagen arbeitet. Er macht mir zu wenig, ich kritisiere seine Leistungsbereitschaft". Rechts hinten hätten Andy Beck und Gonzalo Castro "die Nase vorn".

Net schaffe, net schaffe, kein Häusle baue: Beim VfB bezweifeln sie, dass ein Profi mit dieser unschwäbischen Arbeitsauffassung für die Härten des Abstiegskampfs taugt, Maffeo soll noch in dieser Transferperiode verliehen werden. Verkaufen werden sie ihn nicht, so schnell wollen sie das Kapital nicht vernichten. Der Daumen sei keineswegs gesenkt, sagt Michael Reschke, sondern "immer noch in der Waagrechten".

Die frühe Trennung auf Probe passt nicht ganz in die Geschichte, aber grundsätzlich ist Maffeo mit seiner Story beim VfB nicht allein. Als Rekordtransfer hat man kein leichtes Leben beim VfB, es ist, als müsse man in der Hauptstadt der Häuslebauer gegen einen unsichtbaren Widerstand anspielen: Was, so viel hat der koschtet? Allerdings hatten die VfB-Sportchefs dieses Jahrtausends bei der Anschaffung ihrer Rekordtransferprofis auch selten ein glückliches Händle. So stehen Ciprian Marica (acht Millionen) und Zdravko Kuzmanovic (acht Millionen) bis heute für die Geldverbrennung jener späten Nullerjahre, in denen der schleichende Abstieg des Meisters von 2007 begann. Wobei zur Meisterschaft immerhin ein gelungener Rekordtransfer beigetragen hatte: Fernando Meira, der mal sieben Millionen gekostet hatte.

Maffeo soll nun also gehen, der nächste Rekordtransfer ist aber schon in der Stadt: der 18-jährige Innenverteidiger Ozan Kabak, gerade für elf Millionen von Galatasaray Istanbul geholt. In der Pressemitteilung erklären die Stuttgarter jedenfalls stolz, der Spieler habe sich "trotz zahlreicher Angebote von namhaften europäischen Klubs für den VfB entschieden".

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