Stuttgart gegen Frankfurt:Überraschender Befund

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"Hochsteigen!": Stuttgarts Torwart Gregor Kobel hatte noch die richtige Anweisung gegeben - nur war diese dann ausgerechnet vom Gegner befolgt worden. Und so erzielte David Abraham (19) in der 75. Minute das 2:2 für Eintracht Frankfurt.

(Foto: Michael Weber/imago)

Statt sich als Aufsteiger mit erprobten Defensivstrategien in der Liga halten zu wollen, zeigt der VfB Stuttgart auch gegen Eintracht Frankfurt ein schnelles und schnörkelloses Offensivspiel. Weil die Kräfte nachlassen, reicht es beim 2:2 dennoch nur für einen Punkt.

Von Christoph Ruf, Stuttgart

Es gibt Unentschieden, bei denen nach dem Schlusspfiff keiner der beteiligten Fußballer enttäuscht oder gar sauer wirkt. Seltener sind Partien wie jene vom Samstag, bei der offenbar alle 30 eingesetzten Spieler todtraurig vom Platz gingen, weil nur ein Sieg ihnen das Wochenende gerettet hätte. Sowohl die 15 Stuttgarter als auch die 15 Frankfurter hatten allerhand unternommen, um auch wirklich zu gewinnen, und so hatte es im verwaisten schwäbischen Stadion ein Spiel mit hohem Unterhaltungswert zu sehen gegeben.

Dass dieses am Ende 2:2 ausging, war zwar objektiv in Ordnung. Einen Verlierer hätte eine Partie mit rund einem halben Dutzend guter Torchancen für beide Parteien jedenfalls nicht verdient gehabt. Dass die Spieler das völlig anders empfanden, sprach derweil für sie - und das Niveau der Begegnung. Man könne "mit einem Punkt nicht zufrieden sein", erklärte Frankfurts Martin Hinteregger mit traurigem Blick, "das ist echt ärgerlich". Gonzalo Castro hingegen tat das Ergebnis sogar "echt weh". Der VfB-Kapitän fand: "Wenn du nach den letzten beiden Spielen nur zwei Punkte hast", sei das schmerzlich, "sowohl gegen Schalke als auch heute gegen Frankfurt wollten wir drei Punkte holen".

Während die halbe Liga sich den Kopf zerbricht, wie denn der Weg zum gegnerischen Tor etwas häufiger zu beschreiten wäre, und so gut wie jeder Trainer betont, wie viel einfacher es sei, einem Team erst mal eine stimmige Defensivstrategie zu verpassen, hatte Stuttgart auch am Samstag wieder jede Menge Torabschlüsse. Was ein überraschender Befund für Aufsteiger wie den VfB ist, die sich in aller Regel ja über erprobte Abwehrmechanismen in der Liga zu halten versuchen. Zur Pause stand es jedenfalls verdientermaßen 2:0 für die Schwaben, die mit ihrem schnellen und schnörkellosen Offensivspiel die Frankfurter Defensive gehörig gestresst hatten.

Dem frühen Elfmetertor von Nicolas Gonzalez (16. Minute) war das erste von zahlreichen Frankfurter Fouls vorangegangen. Das letzte Mittel zur Unterbindung einer Offensivaktion war im ersten Durchgang auch häufig das einzige. Zweimal hatte der VfB Großchancen, die wegen Abseits zurück gepfiffen wurden (Borna Sosa/25., Gonzalez/30.). Gezählt hätten hingegen Tore von Castro (10.), Gonzalez (40./51.), Silas Wamangituka (41.) und Tanguy Coulibaly (79.) - doch diese Gelegenheiten vergaben die Stuttgarter jeweils knapp.

Die Eintracht wiederum glänzte in der Anfangsphase und zwischen der 55. und der 80. Minute, im zweiten Durchgang war sie dem VfB streckenweise glatt überlegen. Der Eindruck, dass beim Aufeinandertreffen der jüngsten Bundesligamannschaft gegen die älteste - der Frankfurter Kader ist im Durchschnitt fast vier Jahre älter als der der Schwaben - die betagtere auch ein wenig schwerfälliger unterwegs war, relativierte sich da. Auch, weil dem VfB die Kräfte schwanden, hatte nun die Eintracht Chance um Chance. Bei ihrem ersten Treffer legte Aymen Barkok den Ball genau im richtigen Moment in den Rücken der Abwehr, wo da Silva verkürzte (61.).

Vergleichsweise unspektakulär fiel hingegen der 2:2-Endstand, bei dem es sich allerdings lohnte, Gregor Kobel im Blick zu behalten. Der VfB-Keeper war zwar als ziemlich einziger im Stuttgarter Abwehrverbund unschuldig am Ausgleichstreffer, rief aber laut und deutlich "Hochsteigen!", als Barkok die Ecke trat. Kurz darauf zuckte er nur noch resigniert mit den Schultern, weil keiner seiner Vorderleute, wohl aber der Frankfurter David Abraham hochgestiegen war (75.). Natürlich wurden nun auf beiden Seiten noch allerlei Offensivspieler eingewechselt, doch es bleib beim Ergebnis.

Irgendwann - lange, lange Zeit, nachdem Spieler und Funktionäre ihrem Frust über die zwei nicht errungenen Punkte Ausdruck verliehen hatten - entdeckte zumindest Stuttgarts Trainer Pellegrino Matarazzo auch wieder den Blick auf das Große und Ganze. Zum Ersten, das musste dann auch der Mann aus New Jersey zugeben, weil sein Team mit zehn Punkten aus sieben Spielen ganz prima in die Saison gestartet ist. Und zum Zweiten, weil die vielen tausend Menschen, die sich das Duell der beiden Vereine im Fernsehen angeschaut haben, am Samstag ganz sicher einen unterhaltsamen Nachmittag verbracht haben: "Frankfurt spielt mutigen, offensiven Fußball", sagte Matarazzo. Und da sein Team das auch tue, "entsteht letztlich ein spannendes Spiel. Das macht halt schon Spaß".

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