Stuttgart:Ein Pünktle der Hoffnung

Bremen Fuvüball Bundesliga Saison 2018 2019 SV Werder Bremen vs VfB Stuttgart L R Ludwig A

Nicht treffsicher: Mario Gomez vergibt eine seiner Großchancen gegen Werder Bremen.

(Foto: imago/Pressefoto Baumann)

Der VfB zeigt Fortschritte, belohnt sich aber nicht genügend. Dazu müsste Mario Gomez mal treffen.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Markus Weinzierl ist nach dem Spiel noch ein wenig im Weserstadion hin und her gewandert, bevor er in die Kabine ging. Der VfB-Trainer hat gelauscht, was der frühere Stuttgarter Meisterspieler Matthias Sammer als TV-Experte nach dem 1:1 des VfB bei Werder Bremen von sich gab. Für einen Tabellen-16., der aus den vergangenen 16 Spielen nur elf Punkte geholt hatte, sei das nicht so übel gewesen, bilanzierte Sammer. Kurz darauf, Weinzierl war verschwunden, hat auch der neue VfB-Sportvorstand Thomas Hitzlsperger zunächst Entwarnung gegeben, was die unmittelbare Zukunft des Coaches angeht. "Wir haben doch gesehen, dass wir einen Schritt nach vorn gemacht haben", sagte der frühere Profi. Die Reporter sollten erst einmal aufhören, nach dem Trainer zu fragen.

Tatsächlich hatten die Schwaben eines der besten Spiele in dieser ansonsten missglückten Saison abgeliefert. Sogar Weinzierls Werder-Kollege Florian Kohfeldt lobte den "gut organisierten Gegner". Und es sei nicht nur "das System" gewesen, das diesmal funktionierte - nämlich tief zu stehen und die Spielräume für die Bremer extrem eng zu machen -, bemerkte Weinzierl. Vor allem "Leidenschaft und Herz" der Spieler seien herausragend gewesen, lobte er. Wie das Team mit der frühen Führung durch den Hoffenheimer Leihprofi Steven Zuber nach einer guten Minute umgegangen sei ("das tat uns gut, einmal nicht einem Rückstand hinterher zu laufen"), machte ihm ebenso Hoffnung wie der Umgang mit dem 1:1 durch Davy Klaassen zum "psychologisch ungünstigsten Zeitpunkt" unmittelbar vor der Pause.

"Vor ein paar Wochen hätten wir den Punkt noch verloren", glaubt Weinzierl, zumal Verteidiger Marc-Oliver Kempf zur Pause wegen Unwohlseins in der Kabine blieb. Aber nun, meint Weinzierl, hätten die Spieler endlich die prekäre Situation angenommen. Ein Pünktle der Hoffnung: So sehen die Schwaben nun das Remis.

Einer hätte die Lage aber noch mehr entspannen können: Der als Kapitän aufgelaufene Mario Gomez hatte in der ersten Halbzeit gleich zweimal die Möglichkeit, die 1:0-Führung in ein 2:0 zu verwandeln, was einen Auswärtssieg wahrscheinlicher gemacht hätte. Schon in der 9. Minute tauchte er alleine vor Werder-Keeper Jiri Pavlenka auf und scheiterte ebenso wie kurz vor dem Werder-Ausgleich, als er frei zum Schuss kam und Pavlenka erneut abwehrte. Es war das achte Spiel hintereinander ohne Gomez-Tor. Er muss sich aus seiner Schaffenskrise als Torjäger erst wieder befreien. Die erste Chance "bereite ich nicht gut vor, und bei der zweiten muss ich den Ball nur etwas anheben", sagte Gomez.

Ozan Kabak, 18, fügte sich so diszipliniert in die Abwehr ein wie ein 25-Jähriger

Den Kampf gegen sich selbst werde der Mittelstürmer "alleine hinkriegen", ist Weinzierl überzeugt. Er werde im Abstiegskampf "noch definitiv helfen". Immerhin habe man ja wieder "Großchancen", fügte auch Hitzlsperger noch an.

Was diesmal noch für die Stuttgarter sprach, war der gut zusammenarbeitende Defensivverbund mit dem wiedererstarkten Weltmeister Benjamin Pavard im Zentrum. Das Ändern der Taktik, um Werders Angriffsbemühungen zu unterbinden, griff ebenso. Gonzalo Castro etwa muss im neuen System weniger Defensivarbeiten verrichten, so konnte er mehr Beiträge zum Offensivspiel leisten. Drei in der Winterpause geholte Profis trugen zudem ihren Teil bei. Torschütze Zuber habe sich als Hoffenheimer Leihspieler ganz auf die Situation eingelassen und sei "ein Top-Profi", lobte Weinzierl. Der noch auf Wunsch des entlassenen Sportvorstands Michael Reschke geholte Türke Ozan Kabak, 18, fügte sich so diszipliniert in die Abwehr ein wie ein 25-Jähriger. Und Alexander Esswein überzeugte zumindest als nimmermüder Kämpfer im Angriff.

Blieb noch Torwart Ron-Robert Zieler, der beim 1:1 bei Klaassens Schuss aus 20 Metern nicht optimal aussah. Doch auch Zieler rettete den VfB noch zweimal, einmal sogar mit einer Weltklasseparade in der 79. Minute, als er einen Kopfball von Theodor Gebre Selassie aus kurzer Entfernung noch erwischte. Es habe gut getan, der Mannschaft den Punkt gerettet zu haben, sagte der frühere Nationalkeeper. Denn beide Bälle - der zweite war ein Schuss von Nuri Sahin - seien "schwer zu halten gewesen".

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