Sonntagsspiele der Bundesliga:Mit besten Grüßen nach München

Dortmund lässt sich auch von einem frühen Rückstand nicht beirren und gewinnt nach furioser zweiten Halbzeit 6:1 in Köln - der Vorsprung auf den FC Bayern beträgt damit wieder fünf Punkte. Dank eines späten Treffers von Cacau besiegt der VfB Stuttgart den 1. FC Nürnberg 1:0 und steht jetzt auf Platz sieben. Dabei zeigt der Club eigentlich das bessere Spiel.

Womöglich hat in 3000 Jahren Fußballgeschichte noch nie ein Spieler beim Anstoß mehr schlechte Laune ausgestrahlt als Lukas Podolski in der 83. Minute der Partie zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Dortmund. Er balancierte den Ball zwei- dreimal auf dem Fuß, schoss ihn wahllos irgendwo in die Kölner Abwehrhälfte hinein, drehte sich um und kehrte dem Geschehen den Rücken zu.

1. FC Köln - Borussia Dortmund

Dortmunder beim Torjubel - ein gewohntes Bild in dieser Saison. 

(Foto: dpa)

Es war, als ekelte ihn die ganze Sache an, und diese Meinung teilten, so oder ähnlich, viele tausend Besucher im Stadion in Köln-Müngersdorf, nur nicht jene vielen Tausend in Schwarz und Gelb, die auf ihren Plätzen feierten und sangen. Die 83. Minute hatte dem BVB das letzte von einem halben Dutzend Toren gebracht, Ivan Perisic hieß der Schütze, und am Ende hieß es 6:1 für den deutschen Meister. Während sich Kevin Großkreutz im Trikot des zügig in die Kabine geflüchteten Podolski vor die Fankurve begab, spielte die Stadionregie das schönste, aber auch melancholischste Volkslied, das es in Köln gibt, voran mit der sinnigen Zeile: "Wie soll dat nur wigger jonn?"

"In der ersten Halbzeit lief es nicht bei uns, daher sagte ich dem Team, dass wir konzentrierter spielen müssen. Das funktionierte dann wunderbar - als der Knoten aufging, hat unser Spiel klasse ausgesehen. Wer das Ergebnis als Antwort (auf die Erfolgsserie der Bayern, d. Red.) werten will, kann das machen," sagte Borussia-Coach Jürgen Klopp auch in Richtung München. "Wir sind riesig enttäuscht. In der zweiten Halbzeit haben wir aufgehört, dagegen zu halten. Das kann man nicht entschuldigen, es war einfach katastrophal," versuchte sich Kölns Sascha Riether mit einer Erklärung.

In der Tat drängt sich die Frage auf, wie es nach dem kollektiven Zusammenbruch der Mannschaft in der zweiten Halbzeit mit fünf Gegentoren bloß weitergehen soll mit diesem 1. FC Köln. Die Angst vor dem Abstieg der moralisch leicht zerbrechlichen Mannschaft nimmt konkrete Formen an. Am nächsten Wochenende fährt der FC nach Augsburg, es ist ein Spiel von monumentaler Bedeutung. Nach dem desolaten Auftritt gegen Dortmund ist der Trainer Stale Solbakken vor allem als Seelendoktor gefragt, während Jürgen Klopp beim BVB einer entspannten Trainingswoche bis zur Partie gegen Stuttgart am Freitag entgegensieht.

Bis zur Halbzeit durfte man noch hoffen in München und anderswo im Land, wo der BVB keine Freunde hat. Die Dortmunder waren das bessere und überlegene Team mit einer hochdisziplinierten Defensive und einem immer einwandfreien Engagement, aber die Offensivabteilung brachte wenig Brillantes zustande. Bis zur ersten amtlichen Torchance vergingen knapp 23 Minuten, dann aber lag der Ball prompt im Tor. Linksverteidiger Schmelzer hatte einen Freistoß in den Strafraum geschlagen, Rechtsverteidiger Pisczek brachte den Kopfball ins Ziel.

Auch die Kölner zeigten bis dahin eine verschwindend geringe Neigung zum Angriffswirbel, aber auch sie hatten mit dem ersten und einzigen Versuch Erfolg gehabt. Eine Flanke von Lanig zirkelte Novakovic mit dem Kopf über Weidenfeller ins Netz (14. Minute), und der Dortmunder Torwart hatte danach jedes Recht auf ein schlechtes Gewissen. Bei der Wahl zwischen Flankefangen und Linientreue einigte er sich mit sich selbst auf Unentschieden - und stand im entscheidenden Moment im Niemandsland. Auch Subotic trug einen Stellungsfehler zur Kölner Führung bei.

Auch der Ausgleich trieb die Spieler des Tabellenführers nicht richtig voran, ihre Herrschaft auf dem Spielfeld blieb weitgehend wirkungslos. Noch einmal hatte Pisczek eine gute Gelegenheit, weil ihn die Kölner auf der rechten Seite wieder mal allein ließen, aber sein Volleyschuss flog weit über die Latte. Auf der Gegenseite kam Podolski einmal beim Konter höchst aussichtsreich an den Ball, aber weil ihm die Annahme missglückte, passierte die Katastrophe: Er musste mit rechts schießen, und das ist bekanntlich nicht seine Spezialität.

Ein paar Minuten nach dem Wiederanpfiff genügten dann, um die Partie zu entscheiden. Kagawa besorgte mit einem Gewaltschuss unter die Latte das 2:1 (46.), Lewandowski ließ fünf Minuten später das 3:1 folgen. Danach bestritten die Dortmunder ein besseres Trainingsspiel gegen verzweifelnde, hadernde und alles andere als gemeinschaftlich auftretende Kölner. Gündogan erhöhte nach Serenos schlimmem Technikfehler auf 4:1, vorausgegangen waren ein paar Doppelpässe mit Kagawa, die den Kölner Verteidigern Schwindelgefühle bereiteten. Kagawa und Perisic setzten noch zwei Tore drauf - und Podolskis Laune war endgültig im Eimer. (Philipp Selldorf)

Cacau besiegt Nürnberg

Wie der 1. FC Nürnberg dieses Spiel gegen den VfB Stuttgart verlieren konnte, dürfte schwer zu klären sein - fest steht aber: Die Niederlage war äußerst unnötig. Der Club hatte eines seiner besseren Auswärtsspiele gezeigt, hatte die Schwaben lange dominiert und sich beste Tormöglichkeiten erspielt, doch am Ende erwischte sie ausgerechnet der frühere Nürnberger Cacau in einem unaufmerksamen Moment.

VfB Stuttgart v 1. FC Nuernberg  - Bundesliga

Ein Treffer gegen den alten Verein: Cacaus Tor verhalf dem VfB zum Sieg gegen Nürnberg. 

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Nationalspieler schoss den VfB Stuttgart mit seinem entscheidenden Treffer in der 78. Minute auf einen Europa-League-Platz, während die Franken sich wieder nach unten orientieren müssen. Die Stuttgarter gewannen am Sonntagnachmittag vor 55.800 Zuschauern durch das fünfte Saisontor des 30-jährigen Stürmers mit 1:0 (0:0) und überholten in der Tabelle nach dem vierten Spiel ohne Niederlage den Tabellensiebten Hannover.

"Da unten tobt ein schöner Kampf und wir sind mittendrin", sagte FCN-Trainer Dieter Hecking verägert. "Heute hat ganz klar die bessere Mannschaft verloren", meinte der Nürnberger Daniel Didavi, der auf die starke erste Hälfte seines Teams verwies. "Gerade in der ersten Halbzeit hatten wir große Chancen und hätten ein Tor machen müssen. Wir wissen, dass es wieder prekär werden kann." Ähnlich sah das auch VfB-Sportdirektor Fredi Bobic: "Wir haben dumm ausgesehen in der ersten Halbzeit. Zur Pause waren wir froh, dass es 0:0 steht."

Die personellen Umstellungen, die Bruno Labbadia nach den Ausfällen von Shinji Okazaki (Bänderanriss rechtes Knie), Khalid Boulahrouz (Bruch des großen Zehs) und Vedad Ibisevic (Gelbsperre) vornehmen musste, waren dem VfB anzumerken. Während Julian Schieber für Okazaki als linker Außenstürmer spielte, stand Nationalspieler Cacau erstmals nach sechs Spielen auf der Bank wieder in der Startformation und versuchte sich als einzige Spitze, eine Rolle, die ihm nicht sonderlich liegt. Nach vorne gelang es dem VfB daher auch nicht, die Nürnberger in Verlegenheit zu bringen.

Vielmehr waren es die Gäste, die gefährlich vor dem Tor von Sven Ulreich auftauchen - und das sogar mehrmals. Vor allem über die linke Abwehrseite, wo Arthur Boka verteidigte, hatten die Stuttgarter immer wieder große Schwierigkeiten. Der vom VfB umworbene Timothy Chandler rannte dem Mann von der Elfenbeinküste ein ums andere Mal davon. Bereits nach sechs Minuten hätte Nürnberg aus diesem Grund in Führung gehen können, ja müssen. Nach einem schönen Zuspiel des US-Amerikaners Chandler traf Adam Hlousek völlig freistehend nur die Latte. Nur eine Minute später hatte dann der aufgerückte Markus Feulner eine weitere Riesenchance zum 1:0. Doch sein Heber über Ulreich hinweg, köpfte der Ex-Nürnberger Schieber von der Linie.

Und Stuttgart? Der seltsam gehemmt wirkende VfB hatte in der ersten Hälfte nur eine Möglichkeit, die man so etwas wie eine Torchance nennen konnte. Harniks Schuss nach feiner Vorarbeit von Cacau ging aber am langen Pfosten vorbei (38.). Dafür hatte Nürnberg eine weitere Möglichkeit von bester Qualität, der Kopfball von Verteidiger Philipp Wollscheid flog aber knapp am Tor vorbei (32.). Nach dem Seitenwechsel korrigierte Labbadia seine Aufstellung und schickte Schieber anstellte von Cacau in die Spitze, der gebürtige Brasilianer kam nun über den linken Flügel. Und die Umstellung machte sich sofort bezahlt.

Schieber legte in der 50. Minute mit einem Kopfball im Zentrum auf Harnik ab, doch der österreichische Nationalspieler schoss wiederum daneben. Glück hatte der VfB in der 57. Minute, als Innenverteidiger Georg Niedermeier im eigenen Strafraum ungestüm gegen Alexander Esswein klärte. Über den Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Christian Dingert hätte sich kein Stuttgarter beschweren dürfen, weil Niedermeier Ball und Knöchel traf. Es war die letzte nennenswerte Aktion der Nürnberg im VfB-Strafraum. Stattdessen fanden die Stuttgarter in der 78. Minute endlich die spielentscheidende Lücke im Defensivverbund der Nürnberger. Tamas Hanjal spielte Cacau herrlich frei, der keine Mühe hatte Raphael Schäfer zu überwinden. Es war das erste Tor des Angreifers in der Rückrunde. (dapd)

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