2. Bundesliga:Stuttgart feiert mit stabiler Verbindung

Stuttgart , 2. Bundesliga , FC Nürnberg vs. VfB Stuttgart , Der Blick aufs Handy , von links: Luca Mack / Fabian Bredlo; Stuttgart Nürnberg

Der HSV patzt, und Stuttgart schaut zu.

(Foto: imago images/Pressefoto Baumann)

Aufstieg fast geschafft: Eine teils chaotische Saison nimmt für den VfB wohl ein versöhnliches Ende. Den Kader wollen die Verantwortlichen am liebsten nur punktuell verändern.

Von Sebastian Fischer, Nürnberg

Plötzlich schrien sie vor Freude, die Ersatzspieler des VfB Stuttgart auf der Tribüne, sie konnten ihr Glück kaum fassen. Sie hatten auf dem Handy verfolgt, wie Heidenheim in der Nachspielzeit den Hamburger SV besiegte. Selbst auf der Auswechselbank, das verriet Trainer Pellegrino Matarazzo, hatten sie am Ende heimlich den Livestream geschaut, während die Mannschaft den 1. FC Nürnberg 6:0 schlug. Und das war natürlich eine durchaus ironische Wendung: Stuttgart zelebrierte den direkten Wiederaufstieg in die Bundesliga auch dank einer einwandfrei funktionierenden Internetverbindung.

Es ist rund ein Jahr her, dass der VfB, damals gerade abgestiegen, seine Mitgliederversammlung abbrach, weil das Wlan ausfiel. Es war der Höhepunkt einer Posse um den umstrittenen Präsidenten Wolfgang Dietrich, der daraufhin zurücktrat. Es war auch der symptomatische Beginn einer sportlich teils chaotischen Saison. Doch sie wird wohl ein versöhnliches Ende nehmen.

"Wir haben uns auf dem Weg verloren, haben dann unterschiedliche Dinge probiert, die nicht immer funktioniert haben. Jetzt haben wir uns wieder gefunden", sagte Matarazzo. Noch auf dem Platz hatte er die Mannschaft im Kreis versammelt und ihr gratuliert. Es war ja nicht nur Heidenheim verantwortlich für Stuttgarts nun drei Punkte und elf Tore Vorsprung auf Platz drei, sondern schon auch dieses 6:0.

Stuttgarts Kader ist so gut besetzt, dass der Aufstieg nur mit grober Fahrlässigkeit hätte verspielt werden können

Das Spiel gegen Nürnberg verdeutlichte zum entscheidenden Zeitpunkt der Saison, dass der Kader des VfB, der wohl teuerste der zweiten Liga, doch so gut besetzt ist, dass der Aufstieg nur mit grober Fahrlässigkeit hätte verspielt werden können. Dass es trotzdem nicht selbstverständlich ist, mit einer neu zusammengebauten Mannschaft den eigenen Ambitionen gerecht zu werden, zeigt das Beispiel des Gegners. Stuttgart und Nürnberg sind vor einem Jahr gemeinsam aus der ersten Liga abgestiegen, beide haben mit unzähligen Transfers den Neustart ausgerufen. Nürnberg hat dafür zwar viel weniger Geld ausgegeben und ein vorsichtigeres Ziel formuliert, aber selbst das weit verfehlt. Der Club kann noch in die dritte Liga absteigen.

Der VfB hat dagegen offensichtlich eine Mannschaft mit Potenzial für guten Fußball versammelt, die zur kommenden Saison in der ersten Liga am liebsten nur punktuell verändert werden soll, wie Sportdirektor Sven Mislintat am Montag sagte. Vorausgesetzt, es werden nicht die Leistungsträger abgeworben. Jemand wie der schnelle und technisch gewandte Angreifer Nicolas Gonzalez, 22, ist kein Fußballer für die zweite Liga. Ähnliches gilt für die Stürmer Silas Wamangituka, 20, und Sasa Kalajdzic, 22.

Kalajdzic verkörpert auch den wechselhaften Charakter dieser Stuttgarter Saison, in seinem Fall verletzungsbedingt. Im Sommer verpflichtet, debütierte der Österreicher nach einem Totalschaden im Knie erst am 28. Spieltag. Nur zweimal spielte er von Beginn an: beim 5:1 gegen Sandhausen unter der Woche und in Nürnberg, wo er sein erstes Tor schoss. Es waren diese zwei Spiele, die nach einem 1:2 im Derby gegen den Abstiegskandidaten Karlsruhe die finale von vielen Wendungen der Spielzeit darstellten. Zwei Partien, in denen Spielmacher Daniel Didavi, 30, verletzt fehlte, zum elften Mal in dieser Saison.

Es waren auch zwei Spiele, für die Matarazzo sein Team nochmals veränderte - zum Beispiel, indem er Verteidiger Holger Badstuber, 31, auf die Bank setzte und auf die überdurchschnittlich vielen Jungen im Kader vertraute. Auch Mario Gomez kam nicht mehr zum Einsatz. Dem früheren Nationalspieler, 34, der den VfB verlässt und wohl seine Karriere beendet, versprach Sportdirektor Mislintat trotz Geisterspielkulisse am 34. Spieltag gegen Darmstadt "das bestmögliche letzte Spiel".

Die Zukunft in Stuttgart soll anderen gehören, auch dem jungen Trainer Matarazzo, 42, dem 19. Stuttgarter Trainer in zwölf Jahren. Er kam im Winter nach der Beurlaubung von Tim Walter, der selbst erst im Sommer verpflichtet worden war. Anders als sein Vorgänger, der experimentellen Offensivfußball lehrte, sollte Matarazzo Stuttgarts Spiel wieder mit ein paar Konventionen versehen. Aber auch die Anstellung des Amerikaners, zuvor Jugendtrainer und Assistent in Nürnberg und Hoffenheim, aber noch nie Proficoach, war ein Experiment - durchgeführt und zuletzt mit einer überraschenden Vertragsverlängerung bis 2022 gegen Kritik verteidigt von Mislintat und dem Vorstandsvorsitzenden Thomas Hitzlsperger, beide ebenfalls ohne Vorerfahrung auf ihren Positionen.

Der VfB, der 2020 in die Bundesliga zurückkehrt, soll ein anderer sein als jener, der sich 2019 aus der Liga verabschiedete. Der neue Präsident Claus Vogt, 50, twitterte gleich zwei stolze Aufstiegsfotos aus Nürnberg. Er hatte offensichtlich eine gute Verbindung.

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