Stürmer des FC Arsenal:Alexis Sánchez wuselt Richtung München

Stürmer des FC Arsenal: Flink, dribbelstark, robust: Der Chilene Alexis Sánchez vom FC Arsenal ist momentan einer der begehrtesten Fußballer Europas.

Flink, dribbelstark, robust: Der Chilene Alexis Sánchez vom FC Arsenal ist momentan einer der begehrtesten Fußballer Europas.

(Foto: AFP)
  • Arsenals Alexis Sánchez deutet an, dass er den Klub im Sommer verlassen möchte - trotz eines Vertrags bis 2018.
  • Mit seiner Vielseitigkeit würde er gut zum FC Bayern passen - er könnte die Flügelspieler Robben und Ribéry entlasten und auch Mittelstürmer Lewandowski.
  • Allerdings würde er wohl bei einem Wechsel sein Wochengehalt verdoppeln wollen.

Von Javier Cáceres

Am Wochenende kam Alexis Sánchez, 28, ins Philosophieren. Das Leben sei kurz und das Fußballerleben noch viel kürzer, sagte der chilenische Stürmer des Londoner Premier-League-Klubs FC Arsenal. Dann ließ er eine Überlegung folgen, die sich auch leicht als Einleitung eines langsamen Abschieds deuten ließ. Er glaube nicht, dass es für ihn eine gute Saison gewesen sei, sagte Sánchez dem englischen Sender Sky: "Ich bin hierhergekommen, um Titel zu holen, um die Champions League und die Premier League zu gewinnen, und es enttäuscht mich, nicht um eine der beiden Trophäen mitzuspielen. . ."

Was die karge Ausbeute für seine unmittelbare berufliche Zukunft bedeute, werde er bald klären. Bald, das heißt in diesem Fall: Sobald feststeht, ob der FC Arsenal, nach dem 2:0-Sieg vom Sonntag gegen Manchester United Tabellensechster der Premier League, sich für die nächste Champions League qualifiziert und/oder am 27. Mai gegen den FC Chelsea den FA-Cup holt. "Wenn ich jetzt über die Zukunft rede, bin ich nicht auf das fokussiert, was ich erreichen will", sagte Sánchez.

Der Chilene trieb damit einen schon seit Monaten währenden Poker auf die Spitze. Sein gegenwärtiger Vertrag bei den "Gunners" läuft bis Ende Juni 2018, es schwebt ihm vor, sein aktuelles Wochengehalt von angeblich 140 000 Pfund brutto zu verdoppeln. Er würde damit in die Gehaltsliga der besten Premier-League-Profis aufsteigen - und ähnlich viel verdienen wie Robert Lewandowski angeblich beim FC Bayern. Das ist deshalb eine relevante Bezugsgröße, weil Sánchez auch als möglicher Zugang für die Münchner gehandelt wird.

Schon als 16-Jähriger beeindruckt Sánchez

Als verbürgt gilt bislang aber nur, dass man sich an der Säbener Straße eingehend über die chilenische Offensivkraft unterhalten hat. Und dass seine Qualität, die sich beispielsweise in 24 Toren in 46 Pflichtspielen für Arsenal ausdrückt, dort geschätzt wird. Umso aufgeregter sind chilenische Medien, denn in München würde Sánchez auf Landsmann Arturo Vidal treffen und einen kuriosen Kreis schließen. Beide haben den gleichen Manager, Fernando Felicevich, der auf Anfrage jeden Kommentar ablehnt, und spielten schon vor einem Jahrzehnt gemeinsam in einem Team, bei Chiles Rekordmeister Colo Colo.

Dorthin war Alexis Sánchez ausgeliehen worden, vom italienischen Erstligisten Udinese. Der Klub aus dem Friaul hatte Sánchez bei Cobreloa entdeckt, wo er im Februar 2005, als 16-Jähriger, gegen Deportes Temuco sein Debüt in der ersten Liga Chiles gefeiert hatte. Sein damaliger Trainer war der einstige chilenische Nationaltrainer Nelson Acosta, der ihn nur einmal trainieren sah und gleich überwältigt war: "Ich bin seit 50 Jahren im Profifußball tätig. Aber so was habe ich nicht gesehen."

Bei Colo Colo eckte Sánchez nur einmal an, als er beim Training blaue Stiefel trug, die Farbe von Universidad de Chile, seinem wahren Lieblingsverein. Doch das wurde ihm nicht lange nachgetragen. Er war damals schon everybody's darling und ist es bis heute geblieben. In der Heimat ist er ein vielgebuchter Werbeheld, die Palette reicht von Telekom-Unternehmen bis zu Hundefutter.

Bei Bayern könnte er Ribéry, Robben und Lewandowski entlasten

Dass er daheim so gut ankommt, hat auch damit zu tun, dass er die Verwurzelung in seinem Geburtsort Tocopilla nicht vergessen hat, einer Hafenstadt am Pazifik, die als Umschlagplatz für Nitrat, ansonsten aber nur für den Autor surrealistischer Filme, Alejandro Jodorowsky, für gewaltige Erdbeben - und eben für Alexis Sánchez bekannt ist. Dort wohnt auch noch seine Mutter Marta, der er ein Haus hingestellt hat - angeblich inklusive Geldspielautomat, ihrer heimlichen Passion.

"Dilla" nannten sie ihn schon in seiner Jugend, eine Verballhornung des Wörtchens "ardilla", zu Deutsch: Eichhörnchen. Das hatte viel mit seinem Laufstil zu tun, denn den Kopf hob er eher selten. Insbesondere bei River Plate in Argentinien, wohin ihn Udinese in der Saison 2007/2008 ebenfalls auslieh, wurde sein Eigensinn vom damaligen Trainer Diego Simeone (heute Atlético Madrid) geschliffen; erst recht in Udinese selbst, wo er 2008 ankam und zu einem der besten Stürmer der Serie A wurde - bis ihn 2011 der Ruf Pep Guardiolas zum FC Barcelona ereilte.

Dort erfuhr er neben Lionel Messi, David Villa und Pedro aber nicht die Unterstützung, die er sich selbst erhofft hatte. Als Barça zur Saison 2013/14 dann auch noch den Brasilianer Neymar verpflichtete, wechselte Sánchez zum FC Arsenal. Seine größten Erfolge aber feierte er danach, mit der chilenischen Nationalelf. 2015 und 2016 holte er an der Seite von Vidal die Copa América.

Dass er für den FC Bayern ein großes Thema sein dürfte, liegt vor allem an seiner Vielseitigkeit. Sánchez ist im Sturmzentrum besonders effektiv, doch er kann auch auf den Flügeln spielen, er kann also wahlweise Lewandowski, Franck Ribéry oder Arjen Robben entlasten. Ob die von Medien genannte Ablösesumme von 65 Millionen Euro wirklich reell ist, darf angesichts seiner kurzen Rest-Vertragslaufzeit wohl bezweifelt werden. In jedem Fall kann der FC Bayern darauf zählen, dass er vom FC Arsenal als bevorzugter Gesprächspartner betrachtet würde. Manchester City und Chelsea sollen auch Interesse signalisiert haben, doch einen Premier-League-Rivalen will Arsenal auf keinen Fall stärken.

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