Streit zwischen FC Bayern und BVB:"Das hat eine ganz neue Qualität"

Borussia Dortmund - Bad Ragaz Training Camp Day 2

Mittendrin im Gezänk: Marco Reus (rechts) trainiert wieder.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Das Verhältnis des BVB zum FC Bayern ist schon länger deutlich unterkühlt. Der Fall Marco Reus verschlechtert es abermals. Die jüngsten Sticheleien aus München dürften sogar das Supercup-Finale belasten.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

Mit der westfälischen Bierruhe, die sie bei Borussia Dortmund gerne für sich reklamieren, muss es irgendwann am Dienstagabend vorbei gewesen sein. Für den Mittwochvormittag ließ BVB-Chef Hans-Joachim Watzke eine Pressemitteilung für die Homepage des Klubs verfassen, in der er in nicht gekannter Schärfe gegen Karl-Heinz Rummenigge poltert. Letzter Anlass war, dass Watzkes Kollege beim FC Bayern sich in einem Interview mit SportBild erneut ausgiebig über eine Ausstiegsklausel im Vertrag von Dortmunds Spieler Marco Reus ausgelassen hatte.

Watzke ließ sich unter anderem so zitieren: "Borussia Dortmund registriert mit Verärgerung, dass sich Karl-Heinz Rummenigge über die Medien derzeit im Drei-Tage-Rhythmus zu internen BVB-Angelegenheiten äußert." Und weiter: "Wir sind sicher, dass für jeden Fußballinteressierten offensichtlich ist, welche Absicht hinter solchen Äußerungen steckt. Karl-Heinz Rummenigge nimmt durch sein Verhalten billigend in Kauf, dass das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Dortmund und Bayern München weiter beschädigt wird."

Schon bei den letzten Begegnungen der beiden stärksten Liga-Klubs der letzten vier Jahre, wurde auf das ansonsten übliche gemeinsame Treffen der Klub-Granden verzichtet. Das Verhältnis des BVB zum FC Bayern ist schon länger deutlich unter null angesiedelt. Dazu haben vorrangig die Wechsel von Mario Götze und Robert Lewandowski nach München beigetragen. Die jüngsten Sticheleien dürften nun gar das Supercup-Finale der beiden Rivalen am kommenden Mittwoch in Dortmund belasten, obwohl die Fans beider Klubs meist gut miteinander klarkamen.

Rummenigge hatte sich zuletzt in mehreren Interviews über Dortmunds derzeit vielleicht begehrtesten Spieler Marco Reus geäußert. In der Welt am Sonntag mutmaßte er: "Ich glaube, dass es für Borussia Dortmund schwer wird, die Klausel für Reus rauszukaufen. Der Spieler hat eine hohe Nachfrage." In der SportBild setzte er nun nach und nannte eine Summe von 25 Millionen Euro, für die Reus angeblich im Sommer 2015 wechseln könne.

Das ist nicht ungeschickt von Rummenigge, dem man kaum glauben kann, dass er die fixierte Summe im Vertragspapier von Reus nicht genau kennt - und nicht weiß, dass sie wohl um mindestens zehn Millionen höher liegt. Marco Reus ist beim Beraterduo Dirk Hebel und Volker Struth unter Vertrag, die die Agentur "Sports Total" betreiben. Mit Rummenigge hat "Sports Total" den Wechsel von Götze zum FC Bayern ausgehandelt, der dann 2013 auf wundersame Weise exakt am Tage vor dem entscheidenden Champions-League-Spiel des BVB gegen Real Madrid an Bild lanciert wurde. Auch dahinter vermutet man in Dortmund Rummenigge.

Zuletzt wurde der Struth/Hebel-Klient Toni Kroos von FC Bayern zu Real Madrid transferiert. Angeblich, weil die Bayern Kroos keine ausreichend hohe Gehaltsaufbesserung geben wollten. Man darf davon ausgehen, dass Kroos genau informiert war, wie viel sein Stall-Genosse Götze in München verdient (angeblich mehr als zehn Millionen Euro im Jahr), was für seine Wechselwilligkeit eine wichtige Rolle gespielt haben dürfte. An solch großen Transfers verdienen Spielerberater in der Regel besonders gut.

Alles nur Psychospielchen?

Umgekehrt wäre es überraschend, wenn die Geschäftsleute Struth und Hebel dem Kunden Rummenigge nicht die wichtigsten Details aus dem Vertrag von Reus in Dortmund längst zugespielt hätten. Der Bayern-Boss wäre als einer der wenigen überhaupt infrage kommenden Interessenten ungewöhnlich schlecht informiert, wüsste er nicht, dass für Reus eine Ablöse von mehr als 35 Millionen Euro fixiert sein soll. Der Vertrag des zentralen Spielmachers läuft zwar bis 2017, aber mit der aus Dortmund nie ernsthaft dementierten Ausstiegsklausel könnte der Nationalspieler offenbar ab dem Sommer 2015 weg.

Marco Reus, der zuletzt wegen einer Verletzung am Syndesmoseband die Teilnahme an der WM verpasst hat, kämpft sich gerade an die Rückkehr ins normale Mannschaftstraining heran.

Bisher hat der 25-Jährige zwar die Avancen von Watzke und Sportchef Michael Zorc nicht beantwortet, seinen Vertrag weiter zu verlängern und gegen Sonderzahlungen und eine Gehaltsanhebung auf die ominöse Klausel zu verzichten. In Dortmund glauben aber nicht wenige, dass Reus wenig Neigung habe, den BVB zu verlassen. Klausel hin, Klausel her. Mit dem Aktionärs-Einstieg von Sponsor Evonik und einer weiteren Kapitalerhöhung (Kandidaten: Puma oder Signal-Iduna), dürften die Chancen, Reus auch beim Gehalt entgegenzukommen, gestiegen sein. Mitspieler von Reus glauben, dass der gebürtige Dortmunder solche Entscheidungen selbst treffen würde - und sich nicht in eine Richtung bugsieren ließe, mit der seine Berater den besten Schnitt machen würden.

In Dortmund vermuten sie, dass die Kommentare von Rummenigge weniger damit zu tun hätten, dass die Münchner selbst auf einen Transfer von Reus spekulieren. Dazu wären die seltsam öffentlichen Anmerkungen von Rummenigge eher kontraproduktiv. "Es geht wohl darum, irgendwie Unruhe zu stiften", sagte Michael Zorc: "Ich habe so etwas bisher noch nie von einem Kollegen eines anderen Vereins erlebt, dass man sich quasi gerüchteweise so über Vertragsinhalte von einem Spieler eines anderen Vereins äußert. Das hat eine ganz neue Qualität. Es wäre gut, wenn er nun einfach mal den Mund halten würde."

Dass Rummenigge überhaupt zu solchen Psycho-Spielchen greift, halten sie in Dortmund offenbar für ein Zeichen des Respekts vor dem BVB. "Ich denke schon", meinte BVB-Boss Watzke, "dass denen in München aufgefallen ist, was für eine starke Mannschaft wir haben."

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