Streit um Mesut Özils Weggang:Bitterer Gruß nach Spanien

Cristiano Ronaldo und Mesut Özil

Künftig getrennt: Cristiano Ronaldo (rechts) und Mesut Özil spielten gemeinsam bei Real Madrid (Archivbild)

(Foto: dpa)

Während in Madrid über seinen Abschied diskutiert wird und sein Vater darüber nachdenkt, den Klubpräsidenten zu verklagen, gibt sich Mesut Özil bei der Vorstellung beim FC Arsenal angriffslustig. Seinem einstigen Arbeitgeber richtet er aus: "Jetzt bin ich in der stärksten Liga der Welt."

Von Oliver Meiler, Barcelona

Eine Schlammschlacht nach dem schönen Rasenschach: Um die Deutung von Mesut Özils heiß diskutiertem Transfer von Real Madrid zum FC Arsenal in der letzten Minute des Sommermarktes hat sich ein Drama mit spektakulären Einlagen, vermeintlichen Unflätigkeiten und lauten Pfiffen aus dem Publikum entfaltet. Und: Einige Akte dürften noch folgen. Unsicher aber ist, ob die der Aufklärung dienen werden. Die spanische Sportzeitung Marca schreibt schon vom "Krieg zwischen Madrid und den Özils".

Mustafa Özil, der Vater und Manager, hat viel Aufregung ausgelöst. In einem Interview mit der Bild-Zeitung stellte er die Ehrenhaftigkeit des früheren Arbeit- gebers seines Sohnes in Frage: von Florentino Pérez also, dem Präsidenten von Real, einem reichen Bauunternehmer. "Nur weil ein Mensch viel Geld verdient", sagte Mustafa Özil, "ist er nicht automatisch ein Ehrenmann. Und Pérez ist kein Ehrenmann." Özil senior prüft sogar, ob er eine Klage einreichen will gegen Pérez - wegen Verleumdung. Die Özils glauben nämlich, der Präsident habe sich ungehörig über Mesut geäußert, um dessen Ruf zu schädigen und sich selber aus der Kritik am umstrittenen Transfer zu ziehen.

Aber äußerte sich Pérez denn tatsächlich beleidigend über Mesut Özil? Der Zorn der Özils gründet sich auf einem Artikel, der in der Madrider Zeitung ABC erschien. In diesem hieß es, Pérez halte Özil für "keinen guten Profi". Der Deutsche sei mehr an Frauen interessiert als an seiner Arbeit und habe sich in seinen drei Jahren in Madrid oft die Nächte um die Ohren geschlagen. Mehr als vier Stunden habe Özil nicht geschlafen. ABC aber zitierte keineswegs Pérez direkt, sondern berief sich lediglich auf Quellen mit Vereinsnähe. Zudem waren die Gerüchte nicht eben neu.

Schon im vergangenen Herbst, als die Madrilenen mit einer Serie höchst bescheidener Resultate in die Saison gestartet waren und der damalige Trainer José Mourinho einigen seiner Spieler zu wenig Engagement unterstellte, waren Özil und seine angeblichen Eskapaden ins Gerede gekommen. Vater Özil sagt dazu: "Wenn Mesut ein so unseriöses Leben geführt haben soll, wie es immer heißt, dann frage ich mich: Warum hat er dann immer gespielt?" Und: "Mesut soll der Sündenbock sein. Und ich der gierige Vater, der nur auf das große Geld gewartet hat. Ein abgekartetes Spiel, ein mieses Geschäft."

So viel öffentliche Kritik an der Vereinspolitik gibt es selten

Es sind deftige Worte. Sie konnten nicht lange unbeantwortet bleiben. Real Madrid publizierte am Donnerstagmorgen ein Communiqué, in dem "bedauert" wird, dass Informationen, die mit dem Verein und der Realität nichts zu tun hätten, Reaktionen bei Vater Özil ausgelöst hätten, die "völlig fehl am Platz" seien. "Bei dieser Gelegenheit wollen wir Mesut Özil einmal mehr unsere Wertschätzung und unsere Zuneigung ausdrücken und ihm alles Gute wünschen bei seinem neuen Karriereschritt." Klingt irgendwie versöhnlich, nach erhofftem Epilog. Für Pérez ist der aber wohl noch eine Weile weg.

Viele Madridistas zweifeln, ob der 50-Millionen-Euro-Transfer Özils, der ja die 100-Millionen-Euro-Verpflichtung des Walisers Gareth Bale von Tottenham Hotspur etwas kompensieren sollte, sportlich klug war. Als Bale in der vergangenen Woche im Santiago Bernabéu vorgestellt wurde, kamen zwar 25 000 Aficionados - etliche aber nur, um den Präsidenten auszupfeifen und Özils Namen zu skandieren.

Mächtige Kritik kam auch aus der Umkleide. Cristiano Ronaldo sagte, man habe ausgerechnet jenen Mann weggegeben, der seine Laufwege am besten gekannt habe. Abwehrchef Sergio Ramos ließ verlauten, Özil sei von allen seinen Kollegen der Letzte gewesen, den er hätte ziehen lassen. So viel öffentliche Kritik an der Vereinspolitik gibt es selten.

Mittlerweile trainiert Bale mit Real. Es gibt bewegte Bilder, auf denen zu sehen ist, wie er Ronaldo die Hand schüttelt und dann seine strammen Beinmuskeln spannt. Am kommenden Samstag, im Meisterschaftsspiel gegen den Aufsteiger Villarreal, will er schon mitmachen. Alle Sorgen um eine leichte Verletzung, die ihn vor einigen Tagen geplagt haben soll, sind verflogen. Bale ist ungeduldig.

Man kann den jungen Mann verstehen: Noch ist er nur eine Zahl, 100 Millionen. Und eine ungewisse Investition, eine Hypothek für den Präsidenten. Selten hatte ein Fußballer mehr zu beweisen als dieser Gareth Bale. Schießt er aber schnell ein paar Tore und legt Ronaldo auch noch einige mehr auf, dann verhallen wohl bald die Pfiffe von den Rängen und die nostalgischen Özil-Chöre.

Der 24-Jährige wurde unterdessen am Donnerstag beim FC Arsenal vorgestellt, wo er sich hoch motiviert gab: "Ich bin ein Gunner. Dies ist einer der größten Klubs der Welt. Natürlich können wir um den Meistertitel mitspielen", sagte Özil und schickte noch einen nicht so netten Gruß nach Spanien: "Ich hatte eine sehr gute Zeit bei Real Madrid, aber jetzt habe ich den nächsten Schritt gemacht und bin in der stärksten Liga der Welt."

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