Leichtathletik:Haifischbecken München-Marathon

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Sportlerinnen und Sportler starten Mitte Oktober 2024 den München-Marathon im Olympiapark. (Foto: Leonhard Simon)

Der Zwist zwischen dem langjährigen und dem zukünftigen Veranstalter beim München-Marathon geht in die nächste Runde – samt Petitionen und gegenseitigen Anschuldigungen. Die neuen Veranstalter wollen nun Planungssicherheit.

Von Anna Faber

Das Team um den LG-Stadtwerke-Präsidenten Jacob Minah wirkt angespannt, als die Pressekonferenz beginnt. Sie wollen das Konzept des Münchner Marathons überarbeiten und weiterentwickeln, mit frischen Ideen noch mehr Läufer und Zuschauer anlocken. Dazu haben sie die Munich Athletics GmbH gegründet. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) hielt das neue Konzept für besser, es gab Minah eine mündliche Absichtserklärung, seiner GmbH den Zuschlag für die kommenden beiden Jahre zu geben. Das aber traf den langjährigen Veranstalter Gernot Weigl ins Mark, der seitdem nichts unversucht lässt und für sein Lebenswerk kämpft. Für diesen Freitag nun hatte Minah zum Medientermin geladen, um seine Sicht der Dinge zu schildern, wie es zuvor schon Weigl getan hatte. Und um zu erklären, warum sich Munich Athletics überhaupt um die Ausrichtung des Marathons beworben hat.

Der bisherige Veranstalter Weigl hatte im Rahmen des Marathons Mitte Oktober schwere Vorwürfe gegen das zukünftig geplante Zweirundenkonzept erhoben, unterstellte ihm ein erhöhtes Unfallrisiko. Weigls in Auftrag gegebene Gutachten kamen zum Schluss, dass der Lauf so nicht realisierbar sei: Die Gruppe der schnellsten Läufer würde auf das Feld der langsameren auflaufen, die Sicherheit der Athleten könne nicht gewährleistet werden. Zudem läuft noch bis Ende November die Petition „Rettet den München-Marathon“, die mit den gleichen Argumenten für Weigls bisheriges Konzept wirbt. Knapp 10 000 Unterschriften kamen bisher zusammen.

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2025 soll der München Marathon einen neuen Ausrichter bekommen, inklusive neuem Streckenkonzept. Der langjährige Veranstalter Gernot Weigl zieht alle Register, um doch noch den Zuschlag zu erhalten – und kündigt juristische Schritte an.

Von Anna Faber

Minah nennt das eine „Meinungsmache in der Gesellschaft“, die letztlich dem Marathon schaden würde. Und weil aus seiner Sicht damit etwas in Schieflage geraten ist, will er die Dinge geraderücken. Gemeinsam mit Julia Riedl, Geschäftsführerin der LG Stadtwerke München, und Faliero Graiani, Vizepräsident Leistungssport, schildert er, dass mit dem neuen Entwurf die Förderung von Athletinnen und Athleten im Vordergrund stehen solle. Denn die LG sucht dringend nach weiteren Einnahmequellen neben den Zuwendungen ihres Hauptsponsors, den Münchner Stadtwerken. Die Anzahl der Athleten steige, ebenso die Kosten. Minah spricht von 800 Aktiven, für die Reisekosten und Fördermittel nicht gezahlt werden könnten. Eine umfangreiche Sponsorensuche habe nichts bewirkt.

Also nahm der Verein die Option in Angriff, den München-Marathon auszurichten. „Wir sehen uns als regionaler Verein in der Verantwortung, zu schauen, inwiefern wir unseren Läufern gerecht werden können“, sagt Minah. Zudem habe die LG Stadtwerke geprüft, ob Gewinne zu erwirtschaften seien.

Minah und Riedl seien bereits im vergangenen Jahr auf Weigl zugegangen, wollten mit ihm gemeinsam ein neues Konzept erarbeiten. Nach einem zunächst positiven Gespräch habe dieser dann abgelehnt. Nach der mündlichen Absichtserklärung des KVR boten sie Weigl demnach erneut eine Kooperation an. Trotz seines Nachsehens habe Weigl aber das Zweirundenkonzept nicht unterstützen wollen.

Minah: „Wir wissen, dass wir die Newcomer sind, die sich ins Haifischbecken begeben, um dem wahrscheinlich dienstältesten Marathondirektor Paroli zu bieten.“

Bei der Pressekonferenz zum München-Marathon hatten sich Weigl und sein Anwalt damals mit vorbereiteten Plakaten zu den erstellten Gutachten ausgestattet. Bei der Pressekonferenz von Minah und Riedl nun sind es ein Werbevideo zur geplanten Veranstaltung und Statistiken mit den Zahlen des diesjährigen Marathons, die die Öffentlichkeit überzeugen sollen. Minahs Daten sollen das Gegenteil von Weigls Gutachten belegen: Nur wenige Läufer würden andere überholen, die Straßen seien breit genug, ein erhöhtes Unfallrisiko bestehe nicht. Die schnellsten Athleten würden nicht, wie in Weigls Gutachten dargestellt, nach 5,4 Kilometern, sondern erst nach 30 Kilometern die ersten Teilnehmer überrunden. „Man kann von der Breite der Strecke auch mit einem Schleusensystem arbeiten, das wird überhaupt kein Problem sein“, sagt Graiani.

Zudem beruft sich Munich Athletics auf den Marathon von 2021. Aufgrund der Corona-Pandemie hatte die Strecke damals auf eine Halbmarathondistanz angepasst werden müssen, die dann nach einer Wende wieder zurückgelaufen wurde. Weigl habe also selbst schon einen Marathon auf der Hälfte der Strecke ausgerichtet, der einwandfrei stattgefunden habe. Außerdem nennt Graiani in Osaka und Salzburg vergleichbare Laufveranstaltungen, die ebenfalls ein Zweirundenkonzept haben.

Noch ist keine rechtsverbindliche Entscheidung gefallen, Minah und sein Team sind jedoch bereits in den Planungen. Auch einen Hauptsponsor hätten sie bereits gefunden. Wie es mit dem bisherigen Titelsponsor Generali weitergeht, will Minah erst nach dem offiziellen Beschluss bekanntgeben. Um den Lauf im Detail planen zu können, wünscht er sich einen zeitnahen Beschluss. Sicherlich auch, um das andauernde Hin und Her zu beenden: „Wir wissen, dass wir die Newcomer sind, die sich ins Haifischbecken begeben, um dem wahrscheinlich dienstältesten Marathondirektor Paroli zu bieten.“

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