Süddeutsche Zeitung

DFB-Chef Theo Zwanziger:Lästige Rechthaberei

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Die Art und Weise, wie DFB-Boss Theo Zwanziger seinen Vize Rainer Koch wegen einer Lappalie angeht, ist schwerlich nachzuvollziehen. Klar, er hat Koch längst als internen Rivalen ausgemacht. Doch die öffentliche Rechthaberei, die Zwanziger inflationär betreibt, bleibt nicht ohne Folgen für ihn selbst.

Claudio Catuogno

Fast zwei Jahre ist es schon her, dass Manfred Amerell unter wenig appetitlichen Umständen als Schiedsrichter-Obmann des DFB zurücktrat. Doch in diesen Tagen muss man die Frage stellen, wie viel Macht Amerell über den Deutschen Fußball-Bund trotzdem noch hat.

Da rücken Steuerfahnder in der Verbandszentrale und bei einem Dutzend Referees ein, 21 Unparteiische werden der Steuer-Schummelei im großen Stil verdächtigt - und wer war der Tippgeber? Amerell!

Und nun also schon das nächste Beispiel für die zersetzende Kraft dieses strippenziehenden Ex-Funktionärs: DFB-Präsident Theo Zwanziger gerät mit seinem Vize Rainer Koch öffentlich in der Frage aneinander, ob und wann Koch ihn über eine Ungeheuerlichkeit, einen Sündenfall informiert (respektive nicht informiert) hat.

Koch hat sich mit Amerell GETROFFEN! Er hat dabei womöglich sogar mit ihm GESPROCHEN! Jesus und Maria - muss Zwanziger seinem Vize jetzt den Exorzisten vorbeischicken? Nun, vielleicht muss man an dieser Stelle kurz innehalten. Und die Frage stellen, ob diese neue Aufregung tatsächlich Manfred Amerell anzulasten ist - oder ob sein Name hier nicht für andere Machtspielchen instrumentalisiert wird.

Seit Zwanziger 2006 alleiniger DFB-Präsident wurde, hat er Koch als Rivalen ausgemacht. Als dann Ende 2009 die Affäre Amerell ruchbar wurde, hat Zwanziger das Schiedsrichterwesen eilig an sich gezogen; Koch war de facto entmachtet. Da kann es dem DFB-Chef nicht gefallen, dass Koch kürzlich an die Spitze des mächtigen Süddeutschen Verbandes rückte.

Und ob Zufall oder nicht: Seither versucht Zwanziger, die Liaison Amerells mit dem jungen Referee Michael Kempter zu einem Koch-Skandal zu machen; weil der die Schiedsrichterei damals formal verantwortete. Die öffentliche Rechthaberei, die Zwanziger immer inflationärer betreibt, ist aber nicht nur lästig, sie bleibt auch nicht ohne Folgen für ihn selbst.

Amerell ist längst nicht mehr der Einzige, der seinen Alltag inzwischen dem einen, großen Ziel unterordnet: Zwanziger eines Tages stürzen zu sehen. Mit jedem Fass, das der DFB-Präsident aufmacht, steigt auch das Risiko für ihn selbst.

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Quelle:
SZ vom 03.11.2011
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