Streit im Davis-Cup-Team:Teamchef Patrik Kühnen tritt zurück

Das deutsche Davis-Cup-Team braucht einen neuen Chef: Patrik Kühnen tritt zum Jahresende von seinem Amt zurück. Die Spieler sprachen sich offenbar gegen ihren Teamchef aus. Gleichzeitig verliert das Davis-Cup-Team seinen Sponsor - dieser ist auch persönlicher Werbepartner von Kühnen.

Patrik Kühnen

Rücktritt als Davis-Cup-Teamchef: Patrik Kühnen (links).

(Foto: dpa)

Patrik Kühnen ist ab 2013 nicht mehr Davis-Cup-Teamchef des Deutschen Tennis Bundes (DTB). "In den vergangenen Wochen habe ich den Eindruck gewonnen, dass mir die nötige Unterstützung und Rückendeckung des Deutschen Tennis Bundes fehlt. Ich sehe deshalb keine Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit und beende an dieser Stelle die Gespräche über die Fortsetzung meiner Tätigkeit mit dem DTB", teilte der 46-Jährige am Mittwoch in einer per Mail versandten Presseerklärung mit: "Dem gesamten Team, meinem Nachfolger und dem Deutschen Tennis Bund wünsche ich für die Zukunft alles Gute."

Der zuletzt heftig umstrittene Kühnen kam mit seinem Rücktritt möglicherweise einer Entscheidung des DTB zuvor, den Ende 2012 auslaufenden Vertrag mit ihm nicht mehr zu verlängern. "Sein Schritt kommt nicht überraschend, da sich in vielen Gesprächen mit Patrik Kühnen und den Spielern abgezeichnet hat, dass ein Neuanfang die beste Lösung für das deutsche Herrentennis ist", erklärte DTB-Präsident Karl-Georg Altenburg in einer Pressemitteilung.

Zuletzt hatte der Hauptsponsor des Davis-Cup-Teams, der Lebensversicherer Atlanticlux, die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Tennis Bund (DTB) aufgekündigt. Der Firmenchef der FWU Group, Manfred Dirrheimer, sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Das Maß an Vertrauen ist aufgebraucht." Kühnen, so der Vorwurf von Dirrheimer, habe vom DTB die Anweisung erhalten, das FWU-Engagement zu beenden oder substanziell zu verändern. "Das Ansinnen von Ihnen, das an Kühnen herangetragen wurde, den Vertrag mit uns einfach so, ohne vertraglichen Grund, zu beenden, damit seine Ärmel für andere DTB-Sponsoren frei werden, halten wir (...) für eine Sauerei", zitierte die Süddeutsche Zeitung am Samstag aus einem Brief von Dirrheimer an Altenburg und Vizepräsident Carl-Uwe Steeb.

Stefan Felsing, im DTB-Präsidium zuständig für die Ressorts Recht und Vermarktung, versicherte im Gespräch mit dem Magazin Sponsors, es könne nicht die Rede davon sein, dass der DTB bei der Betreuung des Sponsors Fehler gemacht habe. "Diese Vorwürfe sind nicht nachvollziehbar", sagte Felsing. Dennoch legte sich Firmenchef Dirrheimer nun fest: "Das Thema ist durch."

Doch vor allem das Votum der Spieler, an der Spitze Deutschlands Nummer eins Philipp Kohlschreiber, hatte den DTB in eine Zwickmühle gedrängt. Bei einem internen Treffen in Paris wollte sich in der vergangenen Woche kein Profi eindeutig pro Kühnen äußern. Kohlschreiber hatte gar seine Teilnahme am Davis-Cup-Auftakt 2013 in Argentinien vom Abschied Kühnens abhängig gemacht. "Ich kann die Entscheidung von Patrik nachvollziehen und verstehen", sagte Kohlschreiber am Mittwoch auf sid-Anfrage: "Jetzt hoffe ich, dass schnell ein Nachfolger gefunden wird und wir mit dem bestmöglichen Team im Februar nach Argentinien reisen können."

Wer das Amt von Kühnen als Davis-Cup-Teamchef des Deutschen Tennis Bundes übernimmt, ist noch unklar. Der DTB erklärte, dass der künftige Davis-Cup-Chef auch eine Erweiterung des Tätigkeitsbereichs auf den Nachwuchs annehmen müsse. "Wir werden jetzt schnellstmöglich die Gespräche aufnehmen und rechnen mit einer Entscheidung noch vor Weihnachten", so Präsident Altenburg.

Erst am Dienstag hatte DTB-Pressesprecher Oliver Quante erklärt, der Verband habe keinen Plan B. Einige der Spieler hatten sich für den Anfang des Jahres zurückgetretenen Rainer Schüttler ausgesprochen, doch der Korbacher, der gemeinsam mit Ion Tiriac ab 2013 das ATP-Turnier in Düsseldorf veranstaltet, wird eher nicht zur Verfügung stehen. Der frühere Davis-Cup-Spieler Alexander Waske hatte zuletzt ebenfalls Interesse an der Position bekundet, die jedoch unvereinbar mit der Arbeit in seiner Tennis-University in Offenbach sein dürfte.

Kühnen hatte das Amt im September 2002 als Nachfolger des zurückgetretenen Michael Stich übernommen. Unter Kühnens Leitung kämpfte die deutsche Mannschaft oft gegen den Abstieg, ein Finale erreichte sie nicht. Das beste Ergebnis war die Halbfinal-Teilnahme 2007, die mit einer Niederlage gegen Gastgeber Russland in Moskau endete. In diesem Jahr hatte er die Spieler, allen voran Philipp Kohlschreiber, unter anderem dadurch gegen sich aufgebracht, dass er Tommy Haas für den Davis Cup gegen Frankreich in Bamberg nominierte und später beim Turnier in Miami als Privattrainer von Haas auftrat.

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Kohlschreiber bezichtigte Kühnen in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung kürzlich, in seinem Fall die Unwahrheit gesagt und sich dafür nicht öffentlich entschuldigt zu haben. Kühnen hatte behauptet, der erkrankte Kohlschreiber habe sich während der Davis-Cup-Partie in Bamberg nicht einmal bei der Mannschaft gemeldet. Der Beschuldigte konnte das mit einer von ihm an Kühnen verschickten SMS, in der er dem Team alles Gute gewünscht hatte, widerlegen.

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