Eishockey:Aus Theorie wird Praxis

Eishockey: Traumstart in Krakau: Taylor Leier traf beim 4:0 der Straubinger zwei Mal.

Traumstart in Krakau: Taylor Leier traf beim 4:0 der Straubinger zwei Mal.

(Foto: Lukasz Sobala/Newspix/Imago)

Die Straubing Tigers starten mit einem Sieg in ihre Premierensaison der Champions Hockey League. Dann erleben sie bei Färjestad BK eine Demonstration schwedischer Qualität - und freuen sich nun auf Volksfeste daheim.

Von Christian Bernhard

Travis St. Denis versuchte, einen unschuldigen Blick aufzusetzen. Doch der Stürmer der Straubing Tigers wusste ganz genau, dass ihn das auch nicht retten würde. Zu offensichtlich war seine Aktion gewesen, denn der Kanadier hatte seinen Schläger dahin geschlagen, wo er gar nichts verloren hat: zwischen die Beine seines Gegenspielers. Die undisziplinierte Aktion zog unweigerlich eine Spieldauerdisziplinarstrafe nach sich, St. Denis musste in die Kabine. Der Kanadier hatte die Straubinger zuvor mit 1:0 beim schwedischen Meister Färjestad BK in Führung gebracht und von einer Überraschung träumen lassen. Diese blieb allerdings aus, Färjestad siegte am Sonntag noch souverän mit 6:1.

Das vergangene Wochenende wird den Straubingern dennoch in Erinnerung bleiben, denn sie feierten ihre Premiere in der Champions Hockey League (CHL). Begleitet von einigen reisefreudigen Anhängern hatten sie am Freitag ihr internationales Abenteuer mit einem 4:0-Sieg gegen Comarch Cracovia im polnischen Krakau gestartet. Am Sonntag gab es den ersten Dämpfer, doch die Niederbayern verkauften sich speziell bis zur Hälfte des Spiels erneut sehr gut.

Sie begannen unerschrocken, spielten aggressiv und provozierten so zu Beginn einige Scheibenverluste der Hausherren. Und auch vor dem Tor waren sie präsent: In ihrem ersten Überzahlspiel spielten sie St. Denis frei, der mit einer platzierten Direktabnahme ins Kreuzeck zum 1:0 traf (6.). Das freute nicht nur die Straubinger Bank, sondern auch die per Charterflug angereisten Tigers-Fans, die sich direkt unter dem Hallendach lautstark bemerkbar machten. Die Prämisse von Kapitän Sandro Schönberger ("Wir haben nichts zu verlieren, können befreit aufspielen und freuen uns unglaublich auf die Spiele") wurde lehrbuchmäßig von der Theorie in die Praxis überführt.

Zwei Auswärtssiege: Der EHC München feiert einen CHL-Auftakt nach Maß

Doch die laufstarken Schweden schüttelten sich ziemlich schnell: Marcus Westfält glich per Abstauber zum 1:1 aus, nachdem Tigers-Torhüter Hunter Miska einen Schuss nach vorne hatte abprallen lassen (11.). Und knappe drei Minuten später hatte Färjestad die Partie dank eines Kullertores von Lucas Forsell gedreht (14.). Die Tigers agierten aber auch im Mitteldrittel spritzig und schnürten den Favoriten phasenweise in dessen Drittel ein. Luke Adam vergab in Überzahl aus kurzer Distanz die Chance zum 2:2 (23.).

Das laut ihrem Trainer Tom Pokel "sehr harte Sommertraining", das auf dem Eis so früh wie noch nie begann (da es zum ersten Mal in Straubing bereits im Juli Eis gab, was die deutschen Spieler nutzten), scheint gefruchtet zu haben. Die Niederbayern bestimmten die Partie, doch als sich Cody Lampl im eigenen Drittel einen vermeidbaren Scheibenverlust leistete, nutzte Michael Lindqvist das eiskalt zum 3:1 (27.). Noch bitterer war die Spieldauerdisziplinarstrafe, die sich St. Denis kurz danach einfing. Ohne den quirligen Angreifer war Straubings gefährlichste Sturmformation gesprengt - und Lindqvist erhöhte auf 4:1 (37.).

Wie stark die schwedische Liga einzuschätzen ist, macht ein Blick in die CHL-Geschichtsbücher deutlich: Nur einmal in den bis dato sieben Spielzeiten holte sich nicht eine schwedische Mannschaft den Pokal. Zuletzt triumphierte Rögle BK - und dieses Team eliminierte Färjestad in den letztjährigen schwedischen Playoffs im Halbfinale. Zu was Färjestad in dieser Saison in der Lage ist, war bereits am 1. Spieltag deutlich geworden, als die Schweden den Villacher SV mit 7:0 deklassierten. Gegen Straubing erhöhten sie in einem ruppigen Schlussdrittel mit einigen Zwistigkeiten dank der Tore von Per Aslund (46.) und Linus Johansson (53.) noch auf 6:1.

Einen CHL-Auftakt nach Maß feierte dagegen der EHC Red Bull München. Der Vorjahres-Halbfinalist, der all seine Vorbereitungsspiele verloren hatte, siegte zum Auftakt bei den Rapperswil-Jona Lakers in der Schweiz mit 4:1 und legte am Samstag ein weiteres 4:1 nach, diesmal beim slowakischen Rekordmeister Slovan Bratislava. Auffälligster Offensivakteur war Yasin Ehliz, der insgesamt zwei Tore erzielte und eines vorbereite. Auch die neue Angriffsreihe um Ben Street, Frederik Tiffels und Rückkehrer Andreas Eder harmonierte bereits sehr gut und steuerte drei Treffer bei. Nationaltorhüter Mathias Niederberger in der Schweiz und Danny aus den Birken in der Slowakei waren sichere Rückhalte. "Das Spiel war lange eng", sagte Münchens Trainer Don Jackson in Bratislava, "aber wir haben stark verteidigt."

Nun können sich die beiden bayerischen CHL-Vertreter auf zwei Heimspiele freuen. Die Münchner empfangen am Donnerstag Rapperswil-Jona und zwei Tage später Bratislava. Die Straubinger bitten am Freitag Krakau zum Rückspiel und bekommen am Sonntag die Chance zur Revanche gegen Färjestad. CHL-Geschäftsführer Martin Baumann erwartet sich dabei einiges von der Atmosphäre im Eisstadion am Pulverturm. Er sei optimistisch, betonte er, "dass es ein Eishockey-Volksfest sein wird". Ein paar offene Rechnungen gibt es fraglos.

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