Stimmung beim FC Bayern:Lektion für die Leichtigkeit

Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - Bundesliga

Pep Guardiola: Versteht Sammers Kritik

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Rummenige widerspricht, Lahm ist genervt - doch Pep Guardiola akzeptiert die Kritik von Matthias Sammer, der FC Bayern befinde sich in einer Kuscheloase. Die spielerische Überlegenheit soll seine Mannschaft im Spiel gegen Braunschweig wiederfinden.

Von Claudio Catuogno

Kuscheloase? Mit diesem Wort, das ein bisschen nach Swingerclub klingt, von Matthias Sammer aber in eher lustbefreitem Kontext verwendet wurde, konnte Pep Guardiola auch zwei Tage nach dem DFB-Pokal-Halbfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern (5:1) noch nichts anfangen. Also hat der Bayern-Trainer Guardiola dem Bayern-Sportchef Sammer auch nicht widersprochen, als er am Freitag vor die Presse trat, im Gegenteil. "Matthias hat eine große Nase", sagte er lächelnd.

Doch ehe man sich jetzt fragt, wozu in einer Kuscheloase eine große Nase gut sein sollte, muss man wohl auch dieses Bild übersetzen: Sammer habe halt einen guten Riecher für die Mannschaft, das hat Guardiola gemeint. Sammer rede viel und mit allen, "er ist immer da, um uns zu helfen, er unterstützt uns", sagte Guardiola. "Wir akzeptieren alles." Auch Kritik.

Die Kritik war Sammer nach dem Abpfiff der Pokalpartie im Sky-Studio entfahren, wobei im Fall des bisweilen heißblütig-spontanen, bisweilen aber auch kühl- berechnenden Sportvorstands das ja immer die erste Frage ist: ob seine Reaktionen der Emotion geschuldet sind, oder ob er seinen Groll gezielt inszeniert. Vermutlich liegt die Wahrheit diesmal in der Mitte.

Anders als bei früheren Auftritten als bayerischer Obermahner weigerte er sich diesmal, die Schlüsselwörter seiner Zustandsbeschreibung auch noch ins zweite, dritte und siebenundzwanzigste Mikrofon zu sagen. Selbst, nachdem sich ein gewaltiges Rudel Reporter und Kameramänner bemerkenswerte Jagdszenen in den Katakomben der Münchner Arena geliefert hatten, blieb Sammer nicht stehen, sondern sagte nur "Nein, nein" und verschwand.

Bundesliga für den Rhythmus

Aber die Worte waren ja nun mal in der Welt. "Wir brennen nicht. Für die Aufgaben, die auf uns warten, reicht das nicht." Und: "Wir waren unantastbar, aber das haben wir verloren." Und: Es fehle das "Miteinander" ebenso wie der Mut, einander die Wahrheit zu sagen, "wir gehen zu lieb und nett in einer Kuscheloase mit uns um". Und: "Wir müssen uns fragen, ob wir noch zwei Titel haben wollen, oder einfach nur mal schauen."

Der Auftritt war sozusagen eine antizyklische Verdopplung. Denn erstens muss man das erst mal hinkriegen: seine Mannschaft nach einem 5:1-Kantersieg (Torschützen: Schweinsteiger, Kroos, Müller, Mandzukic, Götze) und dem damit verbundenen Einzug ins Berliner Pokalfinale am 17. Mai gegen Borussia Dortmund so in Sack und Asche zu hauen. Und zweitens hatte Sammer seinem blutleer vor sich hin kickenden Personal vier Tage vorher, nach dem in der Tat alarmierenden 0:3 in der Liga gegen Borussia Dortmund, noch sein uneingeschränktes Verständnis versichert. Damit war es nun aber vorbei.

Wenn Sammer das so sehe, "dann wird es so sein", sagte der Kapitän Philipp Lahm. Er klang genervt. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge widersprach der Wortwahl ("keine Wohlfühloase"). Aber dass der Triple-Gewinner der Vorsaison und vorzeitige Meister 2014 auf dem Platz die spielerische Leichtigkeit verloren hat, ist in der Tat unübersehbar. "Natürlich", sagte Guardiola am Freitag, "müssen wir versuchen, unsere Spielweise zu verbessern." Außerdem sagte er, dass der Torwart Manuel Neuer auch am Samstag im Spiel bei Eintracht Braunschweig geschont werde wegen seiner Wadenprobleme. Was Guardiola diesmal nicht mehr sagte: dass die Bundesliga "vorbei" sei.

Das ist die erstaunlichste Wendung bei den Bayern. Inzwischen sieht man die letzten Bundesliga-Spieltage nicht mehr bloß als Pflichtaufgaben zwischen Pokal- und Champions-League-Highlights. Sondern als gute Möglichkeit, sich wieder in den Rhythmus zu spielen, den man dringend brauchen wird in der nächsten und übernächsten Woche, im Champions-League-Halbfinale gegen Real Madrid. "Um dort gut zu spielen, sagte Guardiola, "brauchen wir ein gutes Gefühl aus dem Spiel in Braunschweig."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: