Süddeutsche Zeitung

Steueraffäre des Bayern-Präsidenten:Große Solidarität mit Uli Hoeneß

Nach dem Sieg gegen den FC Barcelona beenden die Bayern-Protagonisten ihr Schweigen zur Lage ihres Präsidenten. Karl-Heinz Rummenigge und Franz Beckenbauer würdigen Hoeneß als "anständigen Kerl". Jupp Heynckes greift die Medien an.

Von Carsten Eberts

Uli Hoeneß tat, was er immer tat, seit er Präsident des FC Bayern ist. Eine Stunde vor Anpfiff betrat er die Münchner Arena, setzte mit wehendem rot-weißen Schal den Weg fort in seine Loge. Er begrüßte Freunde und alte Bekannte, darunter Bixente Lizarazu und Edmund Stoiber, beteiligte sich an der Choreografie. Und er jubelte ausgelassen, vier Mal.

Der Dienstagabend gehörte dem FC Bayern und seinen Spielern, die dem FC Barcelona eine Demütigung in nie gekanntem Ausmaß beschert hatten. Es war jedoch auch der Abend von Uli Hoeneß. Zum ersten Mal nach Bekanntwerden seiner Steueraffäre zeigte er sich in der Öffentlichkeit. Das große Spiel wollte er sich nicht entgehen lassen.

Zur Öffentlichkeit sprach Hoeneß zwar kein Wort, es wäre auch eine Überraschung gewesen. Darf er auch nicht, sagen seine Anwälte. Aber immerhin: Der Präsident war da.

Die Affäre ist dem Klub sehr unangenehm. Vor allem, weil er derzeit machtlos zusehen muss. Staatsanwälte und Ermittler müssen zunächst ihre Arbeit beenden, bevor der FC Bayern über eine Reaktion beraten kann. Bis dahin hieß es bislang: Wir sagen nichts. Privatsache des Präsidenten.

Damit war am Dienstagabend Schluss. Nach dem großen Sieg hatten die leitenden Bayern-Angestellten, unter ihnen viele enge Freunde von Hoeneß, das Bedürfnis, ihren Präsidenten zu verteidigen. Nicht seine Tat, nicht den Steuerbetrug, sondern als Menschen, der gerade viel abbekommt.

Da war zum einen Jupp Heynckes, der Trainer. Nach dem Spiel gegen Hannover hatte er noch verkniffen geschwiegen, diesmal verteidigte er Hoeneß. "Ich denke, dass alles, was auf ihn niederprasselt, aus meiner Sicht zu exzessiv ist", sagte Heynckes am Mikrofon des Senders Sky: "Wir haben es beim Ex-Bundespräsidenten erlebt, der extrem in den Medien niedergemacht wurde."

Seine Worte waren an die Medien gerichtet, auch an die Süddeutsche Zeitung, die noch am Dienstagabend vermeldet hatte, dass gegen Hoeneß in seiner Steuersache sogar ein Haftbefehl der Münchner Staatsanwaltschaft vorliegt. Demnach ist Hoeneß nur wegen der Zahlung einer millionenschweren Kaution auf freiem Fuß. Hoeneß habe einen Fehler gemacht, befand auch Heynckes: "Aber Uli Hoeneß ist ein ganz wertvoller Mensch."

Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandschef, setzte zu einer kleinen Regierungserklärung an: "Ich muss eins sagen: Uli Hoeneß ist mein Freund, das ist sehr wichtig. Uli Hoeneß ist für den FC Bayern wahnsinnig wichtig, ich kann mir den FC Bayern ohne Wenn und Aber nur mit Uli Hoeneß vorstellen. Ich glaube, es ist wichtig, dass man in diesen Zeiten auch loyal zu seinen Freunden steht. Das ist ein Zeichen auch der Stärke unseres Klubs."

Auch Franz Beckenbauer plauderte bei Sky über seine Gefühlslage. "Ich habe am Montag versucht, ihn zu erreichen. Er weiß, dass wir, die Jahrzehnte zusammen waren, zu ihm stehen. Ich halte zu ihm, egal was passiert. Ganz nach dem Motto 'You'll never walk alone'. So viel kann gar nicht passieren, dass wir von ihm abrücken."

Beckenbauer versuchte gar - nonchalant wie immer - die Motive seines Freundes zu erklären: "Die Börse war das Hobby von Uli. Es war sein Ausgleich und Spielzeug. Uli ist ein anständiger Kerl, der jedem Hilfe gibt, der sie braucht. Uli ist kein Betrüger."

Auf den Rängen fiel die Reaktion deutlich verhaltener aus. Keine Pfiffe, aber auch keine überschwänglichen Solidaritätsbekundungen. Ein Fanplakat stach besonders ins Auge, darauf stand in feinstem Bairisch: "Liaba Uli, mia sog'n vergelt's Gott für ois." Dazu gab es einzelne Sprechchöre, auch einen Protest der Ultras, die mit Hoeneß aber schon seit Urzeiten im Clinch liegen. Sonst nichts. Fast so, als wäre das große Spiel tatsächlich wichtiger gewesen als die Lage des Präsidenten.

Die Mannschaft behandelte die Angelegenheit professionell. Fast baugleich sagten die Spieler ihre Sätze auf. "Natürlich haben wir alles mitbekommen", sagte Doppeltorschütze Thomas Müller, erklärte jedoch: "Wir sind Fußballer und das ist keine Angelegenheit des Vereins. Ich hab' sowieso keine Ahnung davon. Wir haben uns auf unsere Arbeit konzentriert."

Ähnlich formulierte es Torwart Manuel Neuer: "Wir konzentrieren uns auf den Fußball. Bei allen anderen Sachen kennen wir uns nicht aus und äußern uns auch nicht zu."

Nur Dante ließ erkennen, dass ihm Hoeneß' Lage zu Herzen geht. Der Abwehrchef sagte: "Wir haben so viel Respekt für den Präsidenten, wir haben das heute auch ein bisschen für ihn gemacht. Damit er ein bisschen zufrieden sein kann."

Mit Material von dpa und sid

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