Steffi Jones:Einige Etagen zu hoch

Germany Women's v Faroe Islands Women's - 2019 FIFA Women's World Championship Qualifier

Steffi Jones steht als Nationaltrainerin unter Druck.

(Foto: Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images)

Auch den Trainerberuf muss man lernen und Erfahrung hilft dabei. Aber Steffi Jones bekam gleich als erstes die Nationalelf anvertraut. Dass sie nun unter Druck gerät, liegt auch an einem Versäumnis des DFB.

Kommentar von Sebastian Fischer

Eine ehemalige deutsche Fußballerin hat es zurzeit als junge Trainerin nicht leicht. Sie hat gerade ein Heimspiel verloren. Sie steht unter Beobachtung. Doch das ist nicht so schlimm. Inka Grings, 38, hat sich eine Bühne ausgesucht, auf der sie Fehler machen kann. Sie trainiert die männliche U17 von Viktoria Köln in der Junioren-Bundesliga. Grings erfährt, was Berufsanfänger schnell merken: dass man den Job wie jeden anderen in der Praxis lernen muss. Dass es auf Erfahrungswerte ankommt. Dass es gut ist, wenn sich am Anfang der Druck noch ventilieren lässt.

Eine andere ehemalige deutsche Spitzenfußballerin hat im Traineramt einige Etagen höher angefangen. Und Steffi Jones ist ihr Debüt als Trainerin der Nationalmannschaft auf großer Bühne bekanntlich nicht gelungen, sie schied bei der Europameisterschaft im August im Viertelfinale aus. Daraufhin bekam sie vom DFB eine zweite Chance. Jones, 44, hat nie eine andere Mannschaft als die Nationalelf trainiert. Nun, nach einem 2:3 gegen Island, das die WM-Qualifikation gefährdet (und trotz des folgenden 11:0 gegen die Färöer), hat DFB-Präsident Reinhard Grindel den Druck erhöht: Gelingt im letzten Länderspiel 2017 gegen Frankreich nicht deutlich mehr, könnte Jones' Trainerkarriere beim DFB bereits vorbei sein, bevor sie so richtig beginnen konnte.

Nun legt ein Blick auf den hiesigen Spitzenfußball den Trugschluss nahe, man könnte mit dem Trainieren einfach so auf höchstem Niveau anfangen. Hoffenheims Julian Nagelsmann, 30, und Schalkes Domenico Tedesco, 32, die Senkrechtstarter unter den Bundesligatrainern, sind ja sehr jung. Doch beide haben jahrelange Erfahrung in Nachwuchsteams gesammelt. Fußball funktioniert selten so, wie Jones es versucht: mit modernen Trainingsübungen und Spielsystemen aus Lehrbüchern, deren Anwendung die Lehrerin noch nicht erprobt hat. Zwar loben die meisten Spielerinnen die Atmosphäre und den Innovationsgeist. Doch als Jones gegen Island nicht nur die Torhüterin, sondern auch das System wechselte und beides schiefging, sagte Verteidigerin Tabea Kemme: "Wir stehen uns selber auf den Füßen."

Ein Anfänger als Bundestrainer, das hat schon mal funktioniert. Jürgen Klinsmann, ähnlich charismatisch wie Jones, hatte 2006 Joachim Löw als erfahrenen Assistenten zur Seite. Einen Assistenten hat auch Jones: Markus Högner, einen langjährigen Trainer aus der Frauen-Bundesliga. Doch dem Vernehmen nach will sie ihm kaum Verantwortung übertragen. Grindel fordert einen zweiten Assistenten, womöglich soll ein DFB-Nachwuchstrainer der Männer den Job bekommen - was auch abenteuerlich klingt. Der DFB hätte gerne weibliche Trainer, hat sie aber kaum ausgebildet. In der Bundesliga werden zehn von zwölf Klubs von Männern trainiert. Junge Trainerinnen wie Inka Grings sind selten. Und die ist keine Alternative, obwohl sie bereits zwei Jahre lang in der Frauen-Bundesliga trainiert hat - sie strebt ja in den Männerfußball.

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