Steffen Deibler bei der Schwimm-WM:Zu viel Wasser vor der Wand

Schwimm-WM - Schwimmen

Steffen Deibler: Eingebrochen auf den letzten zehn Metern

(Foto: dpa)

90 Meter saust Steffen Deibler durchs Wasser, doch dann holen den Schmetterling-Spezialisten auf den letzten zehn Metern noch drei Konkurrenten ein. "Sauärgerlich", befindet Deibler, der bei der WM in Barcelona der erfolgreichste Deutsche hätte werden können. Entscheidend war wohl schon das Halbfinale.

Von Claudio Catuogno, Barcelona

Steffen Deibler wollte eine Medaille gewinnen, am liebsten natürlich die goldene, und er war jetzt auch tatsächlich der Schnellste. Er flog fast über das Wasser, er wendete als Erster, 23,60 Sekunden stand nach 50 Metern auf der Anzeigetafel. Der Schmetterling-Spezialist Steffen Deibler, 26, aus Hamburg war der größte Medaillenkandidat des Deutschen Schwimm-Verbands (DSV) bei den Weltmeisterschaften. Er führte auf seiner Paradestrecke die Weltrangliste an.

Und nun schwamm er all den anderen davon in diesem WM-Finale am Samstagabend um 18.43 Uhr in Barcelona: dem Amerikaner Ryan Lochte, dem Südafrikaner Chad Le Clos, dem Ungarn Laszlo Cseh, dem Polen Konrad Czerniak, dem Russen Jewgeny Korotyschkin.

Das Problem war, dass dann nach 90 Metern keine Wand kam, an der Steffen Deibler als Erster hätte anschlagen können. Die 90 Meter Schmetterling sind bei Schwimm-Weltmeisterschaften nicht im Programm. Und als er dann nach 100 Metern anschlug, war Steffen Deibler nur noch Vierter.

"Tja", sagte er, "sauärgerlich". Die letzten zehn Meter "waren Mist. Punkt." Seinen vierten Platz vor einem Jahr bei Olympia in London über die 100 Meter hatte Deibler noch als großen Erfolg gewertet. Der Platz war Bestätigung und Ansporn gewesen. Diesen vierten Platz fand Steffen Deibler jetzt einfach nur schade. "Dann muss ich es eben im nächsten Jahr bei der Heim-EM in Berlin besser machen", sagte er, "aber das wird da natürlich auch kein Kindergeburtstag."

Wenn ein Schwimmer versucht, allen anderen vom Start weg davonzuschwimmen, noch dazu in einem WM-Finale, ist das immer spektakulär. Aber ist es auch klug? Irgendwann kommt dann ja unweigerlich der Einbruch, man "stirbt", man "bleibt stehen", so nennen Schwimmer das, wenn einfach nichts mehr geht. Die Frage ist nur: Wann? Und wie schnell ist der Vorsprung dann wieder weg?

Le Clos war nervös

Im Fall von Steffen Deibler war es in Barcelona allerdings so, dass er den Vorlauf und das Halbfinale eher zu langsam angegangen war, vor allem das Halbfinale, wo er nur ganz knapp, als Siebter, das Finale der besten Acht erreicht hatte. "Deshalb war es gestern definitiv mehr zu langsam, als es heute zu schnell war", bilanzierte Deibler. "Das ist jetzt eben wieder eine Erfahrung mehr." Und Chad Le Clos, der spätere Sieger in neuer Weltjahres-Bestzeit von 51,06 Sekunden, sagte hinterher, er sei auch tatsächlich "nervös" geworden, als er bei der Wende "kurz rübergeschaut" hat und bemerkte: "Steffen liegt vorne".

Chad Le Clos hat sich dann aber nicht irritieren lassen, "ich sah, dass wir aufholen". Wir, das war in dem Fall der Rest des Feldes. Und dann schlug nach Le Clos eben zunächst der Ungar Czeh an (51,45), dann der Pole Czerniak (51,46) - und dann Deibler, nach 51,54 Sekunden. Acht Hundertstel fehlten am Ende zu Bronze.

Steffen Deibler zählt zu jenen Athleten, die die Daten ihres Sports aufsaugen und abspeichern, deshalb hatte er später, als er im Palau Sant Jordi Bilanz zog, auch einige Argumente parat, die seine Enttäuschung ein bisschen abmildern konnten. "Das war meine zweitbeste Zeit in diesem Jahr, und ich bin jetzt auch nur einer von drei Schmetterlings-Schwimmern, die in zwei Finals standen."

Über die 50 Meter war Steffen Deibler Sechster geworden. "Ich habe mich jetzt hier oben festgesetzt." Aber der erfolgreichste deutsche Schwimmer ist er jetzt eben nicht geworden in Barcelona. Das ist jetzt Marco Koch, der am Freitagabend Silber gewann über 200 Meter Brust.

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