Statistiken zu Bayern gegen Dortmund:Fußball ist doch Mathematik!

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Der Pokal hat seine eigenen Gesetze und ist auf herrliche Art unkalkulierbar? Von wegen! Wer sich die Mühe macht, vor dem Viertelfinal-Duell der Bayern gegen den BVB die Statistiken zu wälzen, bekommt weitreichende Erkenntnisse. Vier Thesen lassen sich direkt daraus ableiten - drei davon sprechen klar für die Münchner.

Von Jonas Beckenkamp

Als Karl-Heinz Rummenigge vor einigen Jahren dem damaligen Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld verbal vor den Karren fuhr, konnte er nicht wissen, dass er eigentlich Unrecht hatte. "Fußball ist keine Mathematik", kritisierte der Vorstandsvorsitzende kühl, nachdem die Münchner 2007 im Uefa-Cup nur 2:2 gespielt hatten. Hitzfeld hatte es gewagt, einige Prominenz auf der Bank zu lassen - schließlich ging es nicht gegen elf Galaktische aus Madrid, sondern nur gegen die überaus irdischen Bolton Wanderers.

So stand gegen den ausgebildeten Rechenlehrer und Fußballexperten Hitzfeld der Vorwurf im Raum, er beherrsche sein Handwerk nicht, was schon allerhand war und den Angegriffenen dazu veranlasste, sich mit den Worten "Ich hoffe, dass ich das Fußball-Einmaleins kann" zu rechtfertigen. Solche kleinen Streitereien über die Ausrechenbarkeit des Fußballs führen nun zwangsläufig zu der Frage: Wie weit ist es denn nun mit den Zahlen? Welche Statistik erklärt uns dieses wunderbar unkalkulierbare Spiel am ehesten? Die Glücksformel haben bisher weder die Bayern noch die Dortmunder gefunden, die sich an diesem Mittwoch wieder einmal gegenüberstehen.

Erschwerend kommt bei dieser Partie hinzu, dass es sich um ein Pokalspiel handelt. Nach allem, was bisher über diesen Wettbewerb bekannt ist ("Der Pokal hat seine eigenen Gesetze"), hätten da selbst arrivierte Rechenkünstler wie Hitzfeld oder Pythagoras von Samos ihre Problemchen.

Und trotzdem: Schleichen wir uns in den Zahlenwald, durchkämmen wir mit offenen Augen das Dickicht der Bundesliga-Mannschaftswerte und versuchen wir, mithilfe eines neuen Statistik-Werzeugs bei SZ.de, ein wenig mehr Berechenbarkeit aufzuspüren - Bayern gegen Dortmund, das ist eben nicht nur ein Spiel, sondern auch eine Begegnung mit raffiniertesten Unterschieden. Hier folgen vier Thesen, die sich aus dem neuen Tool unseres SZ-Service-Partners Opta ableiten lassen.

  • Bayern verteidigt besser

Diese Feststellung allein ist keine allzu große Überraschung angesichts des bemerkenswerten Gegentor-Vergleichs beider Teams. Erst acht Mal musste Manuel Neuer in der Liga hinter sich greifen, ganze 27 Mal schlug es dagegen im Gehäuse des BVB ein. Aber was macht die Abwehrstärke der Münchner aus? Warum spielte der FCB in 16 Partien zu null und der BVB nur in sieben? Ein Grund ist sicherlich, dass der Tabellenführer deutlich weniger Schüsse zulässt. Zähe 54 Versuche gestatteten die Männer von Jupp Heynckes ihren Gegnern erst - zum Vergleich: die Borussia ließ immerhin schon 83 Schüsse zu (Greuther Fürth liegt mit 132 abgeschlagen am Ende).

Weil die Kontrahenten wenig zum Abschluss kommen, gerät die Bayern-Defensive kaum in Gefahr. Und wenn doch, kümmert sich seit Saisonbeginn mit Dante ein resoluter Ruhepol im Verteidigungszentrum um anrennende Angreifer. Neben ihm schafft es sogar Daniel Van Buyten, als sehr solider Innenverteidiger zu agieren. Hinzu kommt, dass die Bayern im Mittelfeld über enorme Stabilität verfügen. Die Rollenverteilung klappt nahezu perfekt: Javier Martínez gibt den omnipräsenten Abfänger, Bastian Schweinsteiger den Strategen. Durchkommen ist da fast ausgeschlossen.

  • Dortmund spielt aggressiver

Beim Blick auf die Zahlen fällt auf: Der BVB bestreitet deutlich mehr erfolgreiche Tacklings als die Bayern. 484 gegenüber 345 lautet der konkrete Wert - überraschenderweise sind die Münchner in dieser Disziplin sogar Liga-Letzter. Zu erklären ist das mit der dominanten Spielweise des Rekordmeisters: Wer zumeist selbst den Ball hat, muss ihn sich nicht erobern. Auch bei den gewonnenen Zweikämpfen liegen die Münchner mit 1394 zu 1600 zurück. Insgesamt agiert der BVB zupackender im Duell Mann gegen Mann, was sicherlich eine Folge der Taktik ist.

Jürgen Klopp hat seinem Team ein ligaweit unübertroffenes Pressing eingeimpft, das frühe Stören bedingt automatisch mehr Zweikämpfe im Mittelfeld und führt zu mehr Aggressivität. Stellvertretend für diese Marschroute steht beim BVB der wiedererstarkte Ilkay Gündogan: Er ist besonders als Balleroberer und Verteiler wichtig, um das Umschaltspiel der Borussia anzukrubeln. Einen Nachteil hat das Draufgängertum der Dortmunder aber doch: Mehr gelbe (27 zu 23) und vor allem rote (drei zu null) Karten weisen darauf hin, dass es manchmal auch zu ungestüm wird beim Meister.

  • Bayern lässt den Ball mehr laufen

Mehr angekommene Pässe, präzisere Zuspiele, mehr Flanken - so ließe sich die Münchner Überlegenheit im Segment Passspiel zusammenfassen. 12.224 Mal gelangte der Ball erfolgreich von einem Bayern-Akteur zum nächsten, Dortmund kommt nur auf 9155 angekommene Zuspiele. Die Passgenauigkeit beträgt beim Tabellenführer überragende 87,7 Prozent, beim BVB dagegen nur 80,7 Prozent. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei gelungenen Flanken in den Strafraum: 123 zu 93 führen die Bayern in dieser Sparte, wobei auch mehr Bälle zum Gegner geflankt werden.

Die bayerische Pass-Dominanz ist eine unmittelbare Folge der van Gaal'schen Ballbesitz-Philosophie. Unter dem Holländer erlernte die Mannschaft eine Spielweise, der sie bis heute treu bleibt: Geduldig lassen die Münchner die Kugel kreisen, vor allem Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Franck Ribery glänzen als wandelnde Billardbanden. Dass die Bayern der Borussia beim Thema Flanken voraus sind, darf als Fortschritt gegenüber dem Van-Gaal-Fußball gelten: Der FCB hat das Spiel über außen stark verbessert, hohe Zuspiele kommen präziser und vorne trifft Mario Mandzukic in schöner Regelmäßigkeit.

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  • Bayern spielt effizienter und variabler

Jede fünfte Bayern-Chance führt zum Tor (20,3 Prozent) - effektiver agiert da nur Hannover 96 (23,4 Prozent), während Dortmund ein wenig hinterherhinkt (17,4 Prozent). Außerdem fliegen Schüsse des FCB häufiger aufs Tor und seltener daneben, was sich in der leicht besseren Schussgenauigkeit (55,6 zu 51,9 Prozent) gegenüber der Borussia niederschlägt.

All das spiegelt in der Summe den Eindruck wider, dass die Münchner unter Heynckes ihre Offensive verfeinert haben. Anders als unter van Gaal erspielt sich der Rekordmeister eine Vielzahl an Chancen, die dann auch zu Toren genutzt werden. Beinahe jeder Mittelfeld-Mann scheint gefährlich, egal ob Kroos, Schweinsteiger oder zuletzt Martínez - Gefahr strahlen beim FCB längst nicht nur mehr die Offensivleute aus, sondern auch die nachrückenden Akteure. Mit ihrer neuen Vehemenz haben die Münchner den Druck auf ihre Gegner erhöht und kommen häufiger zum Abschluss.

Es spricht nach den vielen Enttäuschungen in Duellen gegen Dortmund also einiges für die Bayern. Von genaueren Vorhersagen ist aber dringlich abzusehen - Fußball ist schließlich keine Mathematik!

Hier finden Sie den Opta-Teamvergleich der beiden Mannschaften sowie eine Gegenüberstellung einzelner Spieler. Einfach durchklicken und sich selbst ein Bild machen!

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