Statistik zum WM-Finale:Messis neue Lust

Statistik zum WM-Finale: Hier noch als Bildkomposition, heute Abend Gegner auf demselben Grün: Thomas Müller und Lionel Messi.

Hier noch als Bildkomposition, heute Abend Gegner auf demselben Grün: Thomas Müller und Lionel Messi.

(Foto: AFP)

Der viermalige Weltfußballer Messi begnügt sich nicht länger nur mit Toreschießen. Mascherano orchestriert das argentinische Spiel wie kein anderer. Und Torwart Romero könnte sogar Manuel Neuer in den Schatten stellen. Die WM-Analyse des Tages zeigt, worauf die DFB-Elf im Finale achten sollte.

Von Saskia Aleythe und Lisa Sonnabend

Die Fußball-Nationalmannschaften von Deutschland und Argentinien haben sich in den vergangenen Jahrzehnten viele packende Duelle geliefert. Nun begegnen sich die beiden Teams zum dritten Mal in einem WM-Finale. Wie bange muss den Deutschen vor Argentinien sein? Die Statistiken unseres Partners Opta verdeutlichen, wo die Stärken der argentinischen Elf und die Schwächen von Joachim Löws Team liegen.

  • Tooor! Toooor! Tooooooor!

Nach dem 7:1 gegen Brasilien ist jeglicher Vergleich mit der deutschen Torausbeute müßig: Löws Elf liegt statistisch in Punkto Offensive deutlich vorne. 17 Tore hat die DFB-Elf in sechs WM-Spielen erzielt, die Schussgenauigkeit liegt bei 62,3 Prozent - Argentinien kommt nur auf acht Treffer und eine Schussgenauigkeit von 45,8 Prozent. Auch die Chancenverwertung ist in Löws Elf besser: 24,6 Prozent der Torchancen nutzt die Elf, Argentinien nur 11,1 Prozent - da nützt es auch nichts, dass Messi der Topvorlagengeber der WM ist. Dass Miroslav Klose mittlerweile mehr WM-Tore erzielt hat als die ganze argentinische Mannschaft zusammen, spricht ebenfalls für sich.

  • Alles Messi und Müller - oder was?

Am Sonntag werden voraussichtlich Miroslav Klose und Gonzalo Higuaín als Stürmer den Platz betreten. Die Angst der Verteidiger dürfte aber vor zwei anderen Spielern noch größer sein: vor Thomas Müller und Lionel Messi. Die beiden Offensivspieler glänzten bei der WM - doch wer ist der gefährlichere?

Müller traf bei der WM bislang fünfmal (darunter ein Elfmeter), Messi viermal. Im Finale könnten die beiden sogar noch am Kolumbianer James Rodríguez vorbeiziehen (sechs Treffer) und sich die Torjägerkanone sichern. Messi gab 16 Torschüsse ab, Müller 14 - auch mehr als jeder andere in ihrer Mannschaft. Zudem spielten die beiden als Torvorbereiter eine entscheidende Rolle. Müller schlug vier gelungene Flanken, Messi fünf. Müller hat drei Assits auf seinem Konto, Messi einen. Der Argentinier lieferte dafür 21 Torschussvorgaben, Müller nur 15.

Was bei der WM überrascht: Messi mischt viel mehr im Spielgeschehen mit als beim FC Barcelona. Oft ist er im Mittelfeld zu finden und beteiligt sich am Spielaufbau, anstatt vorne auf den Pass eines Mitspielers zu warten. Das zeigen auch die Statistiken: Der viermalige Weltfußballer spielte bei der WM 252 Pässe (Müller; 201), er ging in 119 Zweikämpfe und gewann davon 65. Müller duellierte sich lediglich 86 Mal mit dem Gegner und behauptete sich 41 Mal.

Müller ist dafür deutlich stärker bei Zweikämpfen in der Luft. Der Bayern-Spieler gewann zwölf Kopfballduelle, der 1,69 Meter kleine Messi dagegen vermeidet Luftduelle so gut wie es geht. Drei Mal ging er in ein Kopfballduell, drei Mal zog er den Kürzeren.

Zweikampfstarke, aber faire Argentinier

  • Dichte argentinische Defensive

Eine kleine Kluft tut sich auf den ersten Blick im Tor auf: Während Manuel Neuer nur noch vier Paraden braucht, um den US-Amerikaner Tim Howard von Rang eins im Torwartranking zu verdrängen, liegt Sergio Romero auf Rang acht mit 16 Paraden. Doch das heißt nicht, dass der argentinische Torhüter bei dieser WM fahrlässig agiert, sondern vor allem: Seine Kollegen aus der Defensive machen einen extrem guten Job. Die argentinische Defensive steht seit der K.o.-Runde extrem dicht, Lücken und Torschussgelegenheiten suchen die Gegner meist vergebens. Arjen Robben könnte seinen Vereinskollegen aus München ausgiebig von seinen Erlebnissen mit Ezequiel Garay und Pablo Zabaleta berichten.

Während die DFB-Elf 27 Schüsse zuließ, kommt die argentinische Nationalmannschaft auf lediglich 18. Nur drei Gegentore kassierte das Team von Alejandro Sabella im WM-Turnier, Manuel Neuer dagegen musste viermal den Ball aus dem Kasten holen. In vier von sechs Spielen blieben die Argentinier zudem ohne Gegentreffer. Gelingt ihnen das gegen Deutschland auch, würde das bedeuten: Sie hätten immerhin das Elfmeterschießen erreicht.

Dank der Defensivleistung kommt Torhüter Romero, der beim AS Monaco nur Ersatzmann ist, also nur selten in Verlegenheit. Doch wenn er mal gefordert war, erledigte er seine Aufgabe meist souverän. Mit 84,2 Prozent gehaltener Bälle liegt Romero nur knapp hinter Manuel Neuer (85,2 Prozent). Sollte es im Finale zum Elfmeterschießen kommen, ist Deutschland mit Neuer nicht automatisch Favorit. Denn gegen Holland parierte Romero gleich zwei Schüsse - und ermöglichte somit seinem Team den Finaleinzug.

  • Zweikampfstarke Argentinier

Argentinien hat sich gegen die Niederlande ins Halbfinale eher gewurstelt als gespielt, bemängeln Kritiker. Gute Torchancen erspielte sich das Team in der Partie kaum, doch viele Möglichkeiten für Robben & Co. ließ das Team nicht zu. Denn die Argentinier haben das körperbetonte Spiel verinnerlicht, sie stehen immer nah am Gegenspieler und grätschen rechtzeitig dazwischen. Das zeigt sich auch in Zahlen: Die Zweikampfquote der Argentinier liegt leicht über der der Deutschen. 54,4 Prozent der Duelle mit dem Gegenspieler konnten die Argentinier in den bisherigen WM-Spielen für sich entscheiden, 52,6 Prozent die Deutschen. Bester Zweikämpfer ist Ezequiel Garay: Er griff 59 Mal rettend ein. Und dennoch sollte die DFB-Elf nicht verzagen, was den Kampf um den Ball angeht: Mit einer Quote von 82,3 Prozent glücken ihnen ihre Tacklings, die Argentinier sind seltener erfolgreich (78,5 Prozent).

Doch obwohl die Argentinier in viele Duelle mit dem Gegner gehen, bleiben sie fair. Sie foulten im Turnier 61 Mal, Löws Truppe dagegen 71 Mal. Sechs Argentinier sahen dabei die gelbe Karte, vier Deutsche. Zum Vergleich: Die Holländer foulten im Turnier 106 Mal, die Brasilianer 107 Mal. Fußballfans dürfen sich also am Sonntag auf eine sportliche Partie ohne zu viele Unterbrechungen freuen.

Weltmeister im Passspiel

  • Deutschland ist Passweltmeister

Die DFB-Elf ist schon jetzt Weltmeister, und zwar im Passspiel: 3113 Mal zirkulierte laut Opta während des Turniers der Ball zwischen Khedira und Co. Doch die Argentinier holen in dieser Disziplin immerhin den Vize-Weltmeistertitel. 2642 Mal schoben sie sich den Ball zu - und damit deutlich mehr als die anderen Halbfinalteilnehmer Niederlande und Brasilien. Der fleißigste Passgeber ist dabei Argentiniens Mittelfeldregisseur Javier Mascherano. Er spielte bislang 509 Pässe und führt das WM-Ranking an - knapp dahinter folgen Toni Kroos und Philipp Lahm.

Die Argentinier und Deutschen zielen dabei ähnlich genau, jeweils rund 86 Prozent der Pässe erreichten den Mitspieler. Schlägt Deutschland Flanken, ist die Auswahl von Löw aber das gefährlichere Team: Dort gelingen 25,7 Prozent, bei den Argentiniern nur 19,3 Prozent. Individualkünstler Ángel di María überragt mit 47 Flanken und Standards vor dem Franzosen Mathieu Valbuena und Toni Kroos. Sollte der wieder fit sein, droht der DFB-Elf also noch mehr Gefahr.

  • Die Flitzer aus Deutschland

Den Weg ins Finale ist Deutschland nicht gerade im Schonverfahren gegangen: Mit fast 696 Kilometern ist die Mannschaft etwa zwölf Kilometer mehr gerannt als die argentinische. Und das obwohl die deutsche Auswahl kürzer auf dem Platz stand als Argentinien, die zweimal in die Verlängerung mussten.

Ob die DFB-Elf deswegen müder ins Stadion von Rio einläuft? Wohl kaum, denn immerhin hatten Philipp Lahm, Mesut Özil oder Bastian Schweinsteiger einen Tag länger Pause, da das Halbfinale gegen Brasilien schon am Dienstag stattfand - und sie es obendrein souverän 7:1 gewannen, während Argentinien sich ins Finale zitterte. Das Selbstbewusstein sollte also bei der DFB-Elf größer sein, doch das lässt sich mit keiner Statistik messen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: