Start der Tour de France:Mumien, Oldies und ein neues deutsches Team

Die Engländer bereiten zum Start der Tour de France eine große Party vor - dabei ist einer ihrer Besten nicht dabei. Erstmals seit 2010 fährt wieder eine deutsche Mannschaft in Frankreich mit. Und Jens Voigt hat schon vor Beginn der Rundfahrt einen Rekord sicher. Zehn Dinge zur Tour de France.

Von Johannes Knuth

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Start der Tour de France:Tour-Auftakt in England

Yorkshire Prepares To welcome The First Stage Of The Tour De France

Quelle: Getty Images

Die Engländer bereiten zum Start der Tour de France eine große Party vor - dabei ist einer ihrer Besten nicht dabei. Erstmals seit 2010 fährt wieder eine deutsche Mannschaft in Frankreich mit. Und Jens Voigt hat schon vor Beginn der Rundfahrt einen Rekord sicher. Zehn Dinge zur Tour de France.

Tour-Auftakt in England: Der britische Sportfan hat es derzeit schwer. Seine Fußballer haben es schneller von der WM in Brasilien nach Hause geschafft als die Postkarten der mitgereisten Anhänger. Auch die Rasenparty in Wimbledon ist bald zu Ende. Da kommt die Tour de France gerade recht. Nach London 2007 beginnt die Rundfahrt wieder auf der Insel, diesmal am Samstag in Leeds. Drei Etappen dürfen die Briten ausrichten. Es wird eine große Party. Spätestens seit den Heldentaten von Bradley Wiggins (Olympiasieg und Tour-de-France-Gesamterfolg 2012) sowie Chris Froome (Tour de France 2013) lieben die Briten den Radsport. Titelverteidiger Froome zählt auch diesmal zu den Favoriten, zudem bewirbt sich Mark Cavendish für diverse Sprintsiege. Die Organisatoren rechnen mit mehreren Millionen Zuschauern für die Auftaktetappen. Die Fahrer freuen sich, stehen aber auch vor logistischen Problemen: "Die Zuschauer standen in Fünfzehner-Reihen am Straßenrand", erinnert sich der deutsche Tour-Starter Marcus Burghardt an Olympia in London, wo er als Ersatzfahrer im Aufgebot stand. Damals hatte er beobachtet: "Du konntest während des gesamten Rennens nicht pinkeln".

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Start der Tour de France:Bradley Wiggins

British Road Cycling Championships - Time Trial

Quelle: Getty Images

Bradley Wiggins: Es war vor allem Sir Bradley Wiggins, der den Boom des Straßenradsports in England lostrat. 2012 gewann er die Tour de France, als erster Brite überhaupt in der damals 109 Jahre alten Historie der Rundfahrt. Zwei Jahre später hat seine Sky-Mannschaft für den großen Meister keinen Platz mehr. Teamkollege Chris Froome soll in diesem Jahr erneut gewinnen. Teamchef Dave Brailsford nahm lieber Fahrer mit, die Froome untergeben sind, und Wiggins ist das offenbar nicht. "Eine sehr schwierige Entscheidung", beteuerte Brailsford. "Bitter enttäuscht" sei er, kommentierte Wiggins. "Ich habe keine Rolle bei der Auswahl gespielt", beteuerte Froome, gleichzeitig sagte er: Mit Wiggins im Team wäre eine "andere Dynamik" entstanden. Der Sir ist jedenfalls nicht dabei, er hat sich für die Commenwealth-Spiele Ende Juli eingeschrieben. Er wird dort starten, wo er einst seine Karriere begann: auf der Bahn.

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Start der Tour de France:Deutsche Starter

Marcel Kittel

Quelle: AP

Deutsche Starter: Von einer Tour d'Allemagne war die Rede. Sechs Etappen gewannen die deutschen Starter vor einem Jahr - Rekord von 1977 eingestellt. Auch für die neue Auflage der Rundfahrt stehen die Chancen gut, die Protagonisten sind ja dieselben, mehr oder weniger. Marcel Kittel (Team Giant-Shimano, im Bild), der 2013 vier Siege zur deutschen Bilanz beisteuerte, wird sich erneut mit Mark Cavendish (Quick-Step) um Sprintsiege streiten. André Greipel (Lotto) wird erneut versuchen, diesen Zweikampf zu stören. John Degenkolb (ebenfalls Giant-Shimano) hofft auf einen Tagessieg, Tony Martin (Quick-Step) auf das Zeitfahren. Letzteres haben die Organisatoren in diesem Jahr allerdings nur einmal im Programm, am vorletzten Tour-Tag. Bis dahin vertreibt sich der Zeitfahr-Champion die Zeit als Helfer für seinen Teamkollegen und großen Rivalen der deutschen Sprinter: Mark Cavendish.

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Start der Tour de France:Radsport im Fernsehen

Tour de France 2014 - Saxo-Tinkoff procycling team training

Quelle: dpa

Radsport im Fernsehen: Vor wenigen Jahren noch hatten die Deutschen ihren Radsportlern um Tony Martin (im Bild) reichlich Zuneigung entgegengebracht, vor allem medial. Doch ARD und ZDF bleiben auch diesmal der Tour fern, wie in den drei Jahren zuvor. Trotz deutscher Erfolge. Obwohl Martin, Degenkolb und Kittel vor einem Jahr auf dem Boulevard einen "Sauber-Schwur" ablegten. "Der Radsport braucht neues Vertrauen der Fans und Medien", forderte Kittel zuletzt. (Noch) umsonst. Was auch daran liegen könnte, dass es weiterhin zuverlässig Störfälle gibt: Der Tscheche Roman Kreuziger, Helfer von Tourfavorit Alberto Contador, wurde zuletzt wegen auffälliger Blutwerte bis auf weiteres suspendiert, Diego Ulissi, italienische Nachwuchshoffnung, positiv auf Salbutamol getestet, Daryl Impey, 2013 erster Südafrikaner im Gelben Trikot, ein Verschleierungsmittel nachgewiesen. Auch Tour-Favorit Froome geriet unter Verdacht, weil er ein Asthmaspray benutzte - wenn auch mit Genehmigung des Weltverbands. Er könne sich trotzdem nur schwer vorstellen, sagte Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel zuletzt, "dass bei den Spitzenfahrern irgendetwas anders sein soll als früher."

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Start der Tour de France:Nairo Quintana

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Quelle: Gian Mattia D'Alberto/AP

Nairo Quintana war mäßig begeistert, als er von der Entscheidung seines Vorgesetzten erfuhr. Quintana werde nicht bei der diesjährigen Auflage der Tour de France mitwirken, sagte sein Teamchef Eusebio Unzué - obwohl der 24 Jahre alte Kolumbianer gerade den Giro d'Italia gewonnen hatte (im Bild als Führender im Rosa Trikot), und obwohl Quintana nach seinem zweiten Platz bei der Frankreich-Rundfahrt im Vorjahr wieder dem Favoritenkreis angehört hätte. Nun die Pause zum Saisonhöhepunkt, das ist ein wenig so, als würde die belgische Fußball-Nationalmannschaft die WM auslassen, um die Kraft für kommende Turniere zu sparen. Egal, befand Teamchef Unzué, "Nairo braucht jetzt Ruhe. Er ist jung, er wird noch viele Frankreich-Rundfahrten bestreiten".

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Start der Tour de France:Cheng Ji

erster chinesischer Radprofi bei Tour de France

Quelle: Daniel Dal Zennaro/dpa

Cheng Ji: Der sogenannte asiatische Markt ist begehrt im Sport. Wer Athleten aus Asien beschäftigt, dem ist das Interesse von Medien, Fans und Unternehmen gewiss. Sagt man. Jedenfalls hat die Tour de France jetzt einen großen Fortschritt auf dem asiatischen Markt erzielt. Zum ersten Mal überhaupt macht ein Chinese beim wichtigsten Radrennen der Welt mit: Cheng Ji, 26, angestellt beim Team Giant-Shimano, als Kollege von Marcel Kittel und John Degenkolb. "Ich bin erfreut, dass sich China einen Namen im Radsport macht", sagte Präsident Brian Cookson vom Weltverband UCI. Wobei nicht ganz klar ist, wie sehr sich die Chinesen am Radsport wirklich erfreuen. Für die von der UCI initiierte und geförderte "Tour of Bejing" interessierten sich zuletzt kaum Zuschauer. Viele Teams nahmen widerwillig teil, meist auf Druck des Weltverbandes. Cheng Ji war natürlich mit Begeisterung bei der Sache. Er wurde 69. im Gesamtklassement.

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Start der Tour de France:Team NetApp-Endura

NetApp - Jan Barta

Quelle: Marius Becker/dpa

Team NetApp-Endura: Dabei sein ist zu wenig, sagt Ralph Denk, Teammanager der deutschen NetApp-Mannschaft. Dabei könnte Denk schon vor dem Tour-Start sehr zufrieden sein: Zum ersten Mal ist die zweitklassige Mannschaft aus dem oberbayerischen Raubling bei der Frankreich-Rundfahrt dabei. Zum ersten Mal ist überhaupt wieder ein deutscher Rennstall bei der Tour vertreten, seitdem sich Milram 2010 als vorerst letzter deutscher Repräsentant aus dem einst dopingzerütteten Profi-Betrieb zurückgezogen hatte. Aber Denk reicht es nicht, dass die Organisatoren seinem kleinen Rennstall einen Startplatz spendiert haben. Er wolle "aggressiv fahren", am liebsten eine Etappe gewinnen. Das wäre wichtig für die Außenwirkung, für den darbenden Radsport in Deutschland und für seine Mannschaft. Die tritt in Frankreich fast ausschließlich mit bedingt bekannten Legionären an (im Bild der Tscheche Jan Barta), den Rostocker Paul Voss und den Oberpfälzer Andreas Schillinger ausgenommen. Deutsche Spitzenfahrer können sie sich bei NetApp nicht leisten - noch nicht. Am Samstag wird Denk einen neuen Hauptsponsor präsentieren. Das Unternehmen hat für fünf Jahre seine Zusage gegeben. Es kommt aus Deutschland.

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Start der Tour de France:Jens Voigt

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Quelle: AFP

Jens Voigt: Einen Rekord hat Jens Voigt schon vor der ersten Etappe sicher: Der 42-Jährige aus Grevesmühlen ist in diesem Jahr der älteste Teilnehmer im Feld. Wobei Voigt mit Bestmarken in dieser Kategorie Erfahrung hat: In den vergangenen vier Jahren war er bereits Senior im Peleton. Stolz ist Voigt trotzdem, denn: "Ich wusste bis zur letzten Minute nicht, ob ich dabei bin", schrieb er zuletzt in einem Blog, "zum Saisonbeginn hätte ich nie damit gerechnet." Je länger die Saison dauerte, desto besser fuhr Voigt, am Ende nominierte ihn die Leitung seiner Trek-Mannschaft. Der 42-Jährige weiß, warum: "Ich bin derjenige, der sich um die Verpflegung kümmert. Ich hole die Regenmäntel, ich bringe sie wieder zurück. Ich mache das Tempo. Ich mache, was man mir sagt." Es wird Voigts 17. Tour sein, auch das ist Rekord. Im kommenden Jahr wird dann ein anderer für die Bestmarken zuständig sein. Der 42-Jährige beendet nach der Saison seine Karriere.

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Start der Tour de France:Fabian Cancellara

Switzerland's Cancellara leads Begium's Boonen in the Paris-Roubaix cycling classic in northern France

Quelle: rtr

Fabian Cancellara: Die Vorfreude auf die Tour dürfte sich bei Fabian Cancellara in Grenzen halten. Der Schweizer Ausnahmefahrer fühlt sich bei Klassiker-Rennen wohl, nicht auf den steilen Rampen der Alpen- und Pyrenäenetappen der Frankreich-Schleife. Ein Trost: An der französisch-belgischen Grenze müssen die Fahrer in diesem Jahr mal wieder über die berüchtigten Kopfsteinpflaster-Passagen jagen, die beim Klassiker Paris-Roubaix gefahren werden. Cancellara mag Kopfsteinpflaster, er liebt Paris-Roubaix, drei Mal hat er die Frühjahrstortur bisher gewonnen (das Bild zeigt ihn links beim Rennen 2011). "Es wird sicherlich den einen oder anderen geben, der hier Zeit verlieren wird", sagt Cancellara, er meint vor allem die leichten Bergspezialisten. Letztere dürften ihren Rückstand im Gebirge allerdings aufholen, dort hat Cancellara seine Schwächen - wenn er zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch dabei ist. Der Blick berichtete zuletzt, der 33-Jährige dürfte spätestens nach der zweiten Woche aus dem Rennen aussteigen.

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Start der Tour de France:Michael Matthews

Michael MATTHEWS AUS Orica GreenEDGE kurz vor dem Start zur zweiten Etappe Querformat quer

Quelle: imago sportfotodienst

Michael Matthews: Das Gelbe Trikot hat Michael Matthews von der Orica-Mannschaft in diesem Jahr bereits spazieren gefahren - allerdings nur bei der Slowenien-Rundfahrt. Auch beim Giro d'Italia eroberte Matthews das Leibchen des Führenden, das weckte bei seiner Mannschaft bis zuletzt Hoffnungen auf vergleichbare Taten bei der Tour. Dann stürzte der Australier, die Ärzte nähten seine Hand mit sechs Stichen. "Er ist bandagiert wie eine Mumie", sagte sein Teamchef Matt White. Das hielt Matthews allerdings nicht davon ab, sich auf dem Hometrainer fitzuhalten. Gips hin oder her, der 23-Jährige will seine erste Tour de France auf keinen Fall verpassen. Wer sich selbst ein Bild vom Trainingsfortschritt machen will: hier klicken. Oder den Twitter-Account @ORICA_GreenEDGE besuchen.

© SZ.de/jkn
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