Start der NBA-Playoffs:Im Westen viel Spannung

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Dirk Nowitzki (li.): Verärgert über den Schiedsrichter (Foto: dpa)

Die NBA prägt ein immenses Ungleichgewicht: In der Eastern Conference lägen die Dallas Mavericks mit ihrer Bilanz auf Rang drei, in der Western Conference reicht es nur zu Rang acht. In den Playoffs warten auf das Team von Dirk Nowitzki die San Antonio Spurs - ein ziemlich unbequemer Gegner.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Dirk Nowitzki war außer sich, noch Minuten später debattierte er während einer Auszeit mit dem Schiedsrichter über dessen Entscheidung, den Memphis Grizzlies den Ball zuzusprechen. Auch sein Trainer Rick Carlisle hüpfte an der Seitenlinie wild herum und musste gar von einem Assistenten und Vince Carter zur Ruhe ermahnte werden. "Das waren einige Entscheidungen dabei, von denen ich dachte, dass sie ganz klar falsch waren", sagte Carlisle nach der Partie, die die Dallas Mavericks mit 105:106 nach Verlängerung verloren. Danach verpasst sich sich Carlisle selbst einen Maulkorb mit dem Hinweis, er wolle sein Geld lieber an eine gemeinnützige Organisation spenden denn in eine Strafe durch die Liga wegen Schiedsrichter-Beschimpfung zu investieren.

Nowitzki drückte sich ein wenig diplomatischer aus: "Es gab hier und da ein paar knifflige Pfiffe, am Ende hat uns nur ein Spielzug gefehlt." Die Aufregung von Nowitzki (30 Punkte) und Carlisle war nur ein kleines Detail dieser spannenden Partie am Mittwochabend, doch wurde dadurch deutlich, wie dringend die Mavericks dieses Spiel gewinnen wollten.

Der Verein war zwar bereits zuvor für die am Samstag beginnenden Playoffs in der nordamerikanischen Basketballliga NBA qualifiziert, es ging lediglich um die Setzliste. Aufgrund der Niederlage muss Dallas nun als achtbeste Mannschaft der Western Conference gegen die San Antonio Spurs antreten.

"Die Spurs sind ein großartiges Team, seit der All-Star-Pause haben sie einen Lauf", sagte Nowitzki: "Sie sind auf jeden Fall die Favoriten in dieser Serie, aber wir werden natürlich alles geben und dann sehen, was passiert." Wirklich zuversichtlich klingt das nicht, aus gutem Grund: Die Spurs haben nicht nur die beste Bilanz (62:20) der gesamten Liga, sie haben auch alle vier Partien der regulären Spielzeit gegen die Mavericks gewonnen - zudem setzte Trainer Gregg Popovich die älteren Spieler Tony Parker, Tim Duncan und Manu Ginobili in den vergangenen Partien nur dosiert ein, um sie für die Playoffs zu schonen.

Deshalb hätte Dallas gerne gegen die Olkahoma City Thunder gespielt, die sie in dieser Saison bereits zwei Mal besiegt haben. Auch ein Duell mit den Los Angeles Clippers war möglich gewesen, gegen die hatten die Mavericks vor zwei Wochen im Staples Center gewonnen. Nun sind es die Spurs, die seit mehr als zwei Jahren nicht mehr gegen die Mavericks verloren haben.

Dass dieser letzte Spieltag der regulären Saison derart spannend und prägend für die Ausscheidungsrunde war, liegt auch an dem Ungleichgewicht der beiden Unterligen, aus denen sich die NBA zusammensetzt. "Es ist ein verrücktes Jahr in der Western Conference, weil es sehr viele starke Teams gibt", sagte Nowitzki bereits nach dem Spiel gegen die Clippers.

Die Bilanz der Mavericks (49:33) reicht im Westen gerade einmal zu Rang acht, in der Eastern Conference dagegen wären sie damit auf dem dritten Platz gelandet. Dort dominieren die Indiana Pacers (56:26) und die Miami Heat (54:28), einem anderen Verein werden kaum Chancen auf das Erreichen der Finalserie eingeräumt. Am Mittwoch qualifizierten sich auch die Atlanta Hawks durch einen Sieg gegen die Milwaukee Bucks für die Playoffs, der zweite deutsche NBA-Profi Dennis Schröder stand dabei 14 Minuten auf dem Feld und erzielte vier Punkte. Die Bilanz der Hawks: 38:44.

Freilich ist die Unausgeglichenheit eine Momentaufnahme, dennoch gibt es in der NBA bereits Vorschläge für Veränderungen. Die Conferences waren einst eingeführt worden, um den Vereinen nicht zu viele strapaziöse Auswärtsreisen zuzumuten. "In der heutigen Zeit hat jede Mannschaft ihr eigenes Flugzeug, das verändert natürlich alles", sagt NBA-Chef Adam Silver: "Mein erster Gedanke war, dass wir die Situation neu bewerten sollten." Möglich wäre etwa, nicht mehr die jeweils acht erfolgreichsten Teams aus den Conferences zu den Playoffs zuzulassen, sondern die 16 besten Mannschaften der kompletten Liga.

Allerdings führt die aktuelle Konstellation auch dazu, dass es bereits in der ersten Playoff-Runde zu überaus interessanten Partien kommt. Die Los Angeles Clippers (57:25) treffen etwa auf die Golden State Warriors (51:31), beide Vereine gewannen in der regulären Spielzeit jeweils zwei Partien. Bei der Serie zwischen den Houston Rockets und den Portland Trail Blazers (beide 54:28) ist ebenso wenig ein Favorit auszumachen wie beim Duell zwischen den Toronto Raptors (48:34) und den Brooklyn Nets (44:38).

Und natürlich gibt es die best-of-seven-Serie zwischen den Spurs und den Mavericks, die am Sonntag (19 Uhr MESZ) in San Antonio eröffnet wird. Die Spurs gewannen nach der All-Star-Pause 19 Spiele in Folge und agierten dabei derart souverän, dass Tony Parker bereits fürchtete: "Ich hoffe, dass wir unsere Bestform nicht zu früh erreichen." Trotz einiger Niederlagen zuletzt waren die Spurs in der Lage, ihre Form zu konservieren - und gelten nun als Favoriten auf den Titel.

Die prägenden Akteure sind die erfahrenen Parker (31 Jahre), Duncan (37) und Ginobili (36), es gibt aber auch die talentierten Kawhi Leonard (22), Cory Joseph (22) und Patty Mills (25). Die Spielweise der Spurs wirkt bisweilen unspektakulär, ist aber höchst effektiv. In der vergangenen Spielzeit Stand der Verein kurz vor dem Titelgewinn, sie führten in der sechsten Partie der Finalserie 30 Sekunden vor dem Ende mit fünf Punkten - und verloren noch. "Wir wollen ein Spiel mehr gewinnen als letztes Jahr", sagt Duncan: "Wir sind zum Glück ohne größere Verletzungen geblieben, wir haben eine herausragende Ersatzbank und zahlreiche Spieler, die Verantwortung übernehmen."

Das klingt selbstbewusster als die Aussagen der Mavericks. Allerdings: So verrückt diese Spielzeit in der Western Conference war, sind Überraschungen in der ersten Playoff-Runde durchaus nicht ausgeschlossen. Nowitzkis Kollege Monta Ellis sagte auf die Frage nach der schlechten Bilanz der Mavericks gegen die Spurs nur: "Derzeit steht es null zu null."

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