Start der Deutschen Eishockey Liga:Überraschungen im Schatten des Fußballs

Mirko Lüdemann, Kölner Haie, Eishockey

Hat noch nicht genug: Der Kölner Mirko Lüdemann.

(Foto: imago sportfotodienst)

In Düsseldorf trainiert ein Bruder den anderen, in München ist ein Talent heimgekehrt und in Köln hat ein Spieler auch im fortgeschrittenen Profi-Alter noch nicht genug vom Eishockey. Zehn Geschichten zum Start der Deutschen Eishockey Liga.

Von Andreas Babst

Düsseldorf: Bruder als Trainer

Den Bruder kann man sich nicht aussuchen, den Trainer auch nicht. Wenn man nun vom eigenen Bruder trainiert wird, ist das wirklich bemerkenswert. Daniel Kreutzer widerfährt derzeit genau das. Der Kapitän der Düsseldorfer EG bekam vor der neuen Saison seinen älteren Bruder Christof als Cheftrainer vorgesetzt. Der sagt: "Daniel ist nicht nur mein Spieler, sondern mein Bruder und mein bester Freund." Mal schauen, ob die brüderliche Innigkeit der Liga-Realität standhält - die vergangenen zwei Spielzeiten beendete Düsseldorf auf dem letzten Platz.

München: Hohe Ansprüche

Mit den Prognosen vor Saisonbeginn ist es ja so eine Sache. Manche geben sich bescheiden, andere kündigen schon vor der Saison vollmundig den Meistertitel an. Die DEL-Trainer gehören tendenziell zu erstgenannter Gruppe. Bei einer Umfrage wiesen zuletzt alle die Favoritenrolle von sich, niemand will Ansprüche in die Welt setzen, an denen er später scheitern könnte. Mit einer Ausname: "Wir werden Meister", sagt Don Jackson, Trainer des EHC München. Passend, dass die meisten anderen Trainer seinen Klub ebenfalls in der Favoritenrolle sehen.

TV-Pläne: Sinn und Unsinn vom Spielfeld

Der Sender ServusTV überträgt auch in dieser Saison die Partien der DEL. Immer sonntags wird ein Spiel live gezeigt. Sobald die Playoffs starten, verbreitet der Sender dann von jedem Spieltag Live-Bilder. In der Vergangenheit hatte ServusTV Trainer und Spieler teilweise mit Mikrofonen ausgestattet und auf diese Weise die mehr oder minder schlauen Kommandos vom Feld direkt in die heimische Stube übertragen. Die sogenannten "Cable Guys" dürften auch in dieser Spielzeit wieder zum Einsatz kommen.

Neue Regeln: Mehr Platz vor dem Tor

Während der WM in Minsk hat der Weltverband einige Regeln geändert, die ab der neuen Saison auch für die DEL gelten. Zum einen wurde die neutrale Zone zwischen den blauen Linien um 3,06 Meter verkleinert, den Mannschaften steht im Angriffs- und Verteidigungsdrittel je 1,53 Meter mehr Platz zur Verfügung. Neu ist auch das Hybrid-Icing: Ein Befreiungsschlag jenseits der roten Linie wird nicht mehr zwingend abgepfiffen - erreicht ein Spieler der befreienden Mannschaft den Puck zuerst, läuft das Spiel weiter. Zudem sind 360-Grad-Drehungen bei Penaltyschüssen ab sofort verboten.

München: Übergangenes Talent

Leon Draisaitl ist fraglos das derzeit größte deutsche Eishockeytalent, der 18-Jährige wurde im diesjährigen NHL-Draft als Nummer drei gezogen. Kein Interesse hegten die NHL-Klubs am 19 Jahre alten Dominik Kahun. Er spielte mit Draisaitl bei den Jungadlern Mannheim, beide siedelten später in eine der kanadischen Juniorenligen um. Doch statt wie Draisaitl in die NHL zu wechseln, probiert es Kahun erst einmal in der DEL, beim EHC München. Seine Ambitionen auf einen Arbeitsplatz in der großen nordamerikanischen Liga hat er erst einmal aufgeschoben. "Ich will mich Schritt für Schritt in der DEL etablieren", sagt Kahun. Dabei helfen soll dem Stürmer sein ehemaliger Junioren-Trainer aus Mannheimer Zeiten. Helmut de Raaf ist Assistent bei den Münchnern.

Erfolglose deutsche Teams

Krefeld: Mebus der Riese

Größe und Kraft eines Spielers können beim Eishockey durchaus von Vorteil sein. Oliver Mebus hat beides: Er ist der schwerste (109 Kilogramm) und größte Spieler der Liga - dank seiner 2,06 Meter überragt er alle Kollegen um mindestens zehn Zentimeter. Weil Mebus zudem ganz passabel Eishockey spielt, durfte der 21-jährige Verteidiger diesen Sommer am "Prospect-Camp", der Talentsichtung der Chicago Blackhawks teilnehmen. Zu einem NHL-Vertrag reichte es nicht, Mebus spielt weiterhin bei den Krefeldern Pinguinen in der DEL.

Rheinisches Derby: Im Schatten des Fußballs

Eishockey ist in Deutschland nicht so populär wie Fußball. Und obwohl Klubs wie die Eisbären Berlin (12 738), Kölner Haie (11 712) und die Adler Mannheim (11 283) schon in der Hauptrunde der vergangenen Saison ordentliche Zuschauerschnitte aufwiesen, begrüßte die Liga durchschnittlich 6343 Zuschauer in ihren Stadien - knapp dreihundert mehr als in der dritten Fußball-Liga. Das Spiel am 10. Januar dürfte deshalb auffallen. Das rheinische Derby zwischen Düsseldorf und Köln findet in der Düsseldorfer Fußball-Arena statt, die Veranstalter erwarten mehr als 50 000 Zuschauer. Bei den restlichen Heimspielen der DEG wird es dann vermutlich wieder überschaubarer zugehen, in der vergangenen Saison kamen im Schnitt nicht einmal 6000 Zuschauer.

Deutsche Vereine: Erfolglos in Europa

Auch im Eishockey leisten sie sich jetzt eine europäische Königsklasse, mal wieder. Vor der laufenden Saison gründete der Weltverband die Champions Hockey League, eine Plattform, auf der sich die besten europäischen Teams messen. Es ist nicht der erste Versuch, eine Königsklasse des Eishockeys zu etablieren. Ein ähnliches Vorhaben wurde 2009 mangels Sponsoren nach einem Jahr wieder eingestellt. Diesmal soll der Wettbewerb länger überleben, jüngst schlossen die Organisatoren einen längerfristigen Sponsorenvertrag mit einem Autohersteller. Gleich sechs deutsche Klubs nehmen am Wettbewerb teil. Fünf von ihnen - Berlin, Mannheim, Ingolstadt, Krefeld und Hamburg - haben schon nach den ersten vier Spieltagen kaum Chancen auf ein Weiterkommen - nur die Kölner Haie liegen nicht abgeschlagen am Tabellenende.

Köln: Mit 40 noch nicht müde

Mirko Lüdemann verkörpert das, was sich jeder Vermarkter eines Sportunternehmens zwecks Fan-Identifikation wünscht: Lüdemann ist ein Original. Seit der Saison 1993/94 spielt der 40-Jährige für die Kölner Haie. 1127 Spiele hat er in seinem Leben bislang bestritten, so viele wie noch niemand in Deutschland. Außer der Wirbelsäule wurde nach eigenen Angaben schon jedes Köperteil mindestens einmal in Mitleidenschaft gezogen. Vor den vergangenen Playoffs sagte er, von Spiegel Online auf eine Vertragsverlängerung angesprochen: "Entscheidend ist, ob ich Lust habe, mich ein weiteres Jahr zu quälen." Er hat. Lüdemann steigt am Freitag in seine 22. Profi-Saison ein.

Ingolstadt: Überraschung nach Meistertitel

Es war eine der größten Überraschungen der jüngeren deutschen Eishockey-Geschichte: In der vergangenen Saison schaffte es Ingolstadt als Neunter der Punkterunde ins Finale, holte dort im siebten und letzten Spiel die Meisterschaft. So ein Meistertitel schweißt zusammen, könnte man meinen. Doch beim ERC Ingolstadt ist offenbar Gegenteiliges passiert: Elf Spieler haben den Verein verlassen, zwölf Neue sind gekommen. Auch die Vertragsverhandlungen mit Trainer Niklas Sunblad sind gescheitert, an der Bande steht nun Larry Huras. Der Kanadier arbeitete zuvor in der Schweiz und gewann dort bereits drei Meistertitel. Ganz so groß wäre also die Überraschung bei einem neuerlichen Erfolg nicht mehr.

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