Stan WawrinkaDer Rückhandkönig schlägt auch mit 40 noch zu

Lesezeit: 3 Min.

Besonderer Erstrundensieg in Bukarest: Stan Wawrinka ist nun der dritte Ü40-Spieler, der auf der ATP Tour ein Match gewann.
Besonderer Erstrundensieg in Bukarest: Stan Wawrinka ist nun der dritte Ü40-Spieler, der auf der ATP Tour ein Match gewann. (Foto: Fotoagenzia/Imago)

Stan Wawrinka gewann drei Grand-Slam-Titel und bot Roger Federer und Novak Djokovic die Stirn. Nun treibt sich der Schweizer auf kleineren Turnieren herum – und genießt immer noch seinen Beruf.

Von Gerald Kleffmann

Die ATP Tour weiß natürlich, wie sie diesen besonderen Spieler am besten in ihr Schaufenster stellt. „Schauen Sie an, wie Stan Wawrinka einen Rückhandwinner in Bukarest abfeuert“, so betitelte die Profiserie im Männertennis auf ihrer Homepage ein kurzes Video, das zeigte, wie der Schweizer in seinem jüngsten Match plötzlich seine einhändige Rückhand durchzog und der Ball unerreichbar für seinen Gegner einschlug.

„Stan the Man“ wurde Wawrinka genannt, aufgrund seiner zupackenden Art, seiner Kraft, seiner Fähigkeit, auch den weltbesten Konkurrenten standzuhalten. Es gab eine Epoche, da war er so ziemlich der Einzige, der Roger Federer, Rafael Nadal, Novak Djokovic und Andy Murray die Stirn bieten konnte. Nur noch der 37 Jahre alte Serbe Djokovic ist aktiv im Einsatz, die anderen Größen verabschiedeten sich bereits – der ewige Wawrinka ist noch da. Dabei ist er gerade 40 Jahre alt geworden.

Stan Wawrinka
:"Ich kann leiden"

Melbourne, Paris, New York: Der Schweizer Profi Stan Wawrinka über seine drei Grand-Slam-Siege - und warum er trotzdem glaubt, nie zu den ganz Großen zu zählen.

SZ Plusinterview Von Gerald Kleffmann

Drei Grand-Slam-Titel gewann Wawrinka, womit er in der Schweiz ein König hätte sein können. Federer überstrahlte seine Erfolge, wobei das Wawrinka nie gestört hat, im Gegenteil. Auch wenn der Lausanner teure Uhren und schnelle Autos schätzt, ist sein Charakter bis heute von Bescheidenheit geprägt. Was ihm lange auf dem Platz ja im Wege stand, weil er sich die großen Siege nicht zugetraut hatte.  Es war der smarte Trainer Magnus Norman, der Wawrinkas Kopf zum Championgeist umschulte, doch wenn Wawrinka heute spricht, klingt immer auch noch der Junge durch, der auf einem Bauernhof aufwuchs, dem ein Wohnheim für Menschen mit Behinderung angeschlossen war.

Er hat das Leben früh aus anderer Perspektive kennengelernt, was dazu führte, dass er vieles bodenständig einzuordnen wusste. Trotz seiner Triumphe wollte er etwa nie gern mit Federer, Nadal, Djokovic, Murray verglichen oder als Mitglied einer „Big Five“-Gruppe gesehen werden. „Ich bin meilenweit weg davon, was diese Spieler erreicht haben“, sagte er zu Jahresbeginn in einem Youtube-Interview mit Ex-Profikollegen wie John Isner und Jack Sock.

„Ich lasse mir auch nichts vom Alter diktieren“, sagt Wawrinka

Das war wieder wunderbar tiefgestapelt, denn wenn man sich die Siegerlisten der Grand-Slam-Turniere ansieht, haben unter den aktiven Profis nur Djokovic (24) und der Spanier Carlos Alcaraz (4) mehr Titel dieser Kategorie gewonnen. Der Weltranglistenerste Jannik Sinner aus Italien liegt gleichauf mit Wawrinka bei drei Pokalen. Wawrinka gewann indes bereits den Davis Cup 2014 und Doppel-Olympiagold 2008 (mit Federer). Das alles ist lange her, umso erstaunlicher, dass sich da draußen in der Tenniswelt immer noch einer der großen Spieler der Zehnerjahre dieses Jahrhunderts herumtreibt. Immerhin hatte Wawrinka zwei schwere Verletzungen zu überwinden und muss seit Jahren Fragen beantworten, wann er aufhöre. Dass er nicht mehr oft im medialen Fokus steht, liegt daran, dass er in der Weltrangliste abgerutscht ist, als aktuelle Nummer 161 spielt er hauptsächlich bei kleineren Turnieren. Außer er erhält eine Wildcard, wie im Januar bei den Australian Open (Aus in Runde eins).

In Bukarest, beim 250er-ATP-Turnier, kann er wieder nur dank einer Sondereinladung teilnehmen, immer öfter spielt Wawrinka auch auf Challengers unterhalb der ATP Tour. Aber er geht diesen Weg gerne. Schon 2023 sagte er dem Schweizer Tagesanzeiger: „Ich habe mir kein konkretes Datum gesetzt. Und ich lasse mir auch nichts vom Alter diktieren. Ich spiele, solange ich mich gut fühle und noch auf einem guten Niveau spielen kann.“ Besondere Leistungen vollführt er tatsächlich immer noch.

Sein 6:4, 6:7 (5), 7:6 (1)-Sieg in der ersten Runde gegen den Kasachen Timofei Skatow war sein erster ATP-Match-Erfolg des Jahres 2025. Damit hat er 22 Jahre lang mindestens ein ATP-Match pro Saison gewonnen. Nach dem US-Amerikaner Jimmy Connors und dem Kroaten Ivo Karlovic ist er zudem erst der dritte Profi, der als Ü40-Jähriger eine Partie auf der Tour gewann. Sein Kommentar zu seinem Alter: „Es ist nur eine Nummer. Es ist immer toll, zu gewinnen.“ Auch mit 40 überhöht sich Wawrinka nicht. Er mag einfach sein Tennisleben, wenngleich er schon seine beruflichen Fühler in andere Bereiche ausgestreckt hat. So hat er die erfolgreiche französische Kinokomödie „Maison de retraite“ (Altersheim) mitproduziert.

„Ich weiß jetzt schon“, sagte er mal im Blick, „dass der Tag, an dem ich aufhören werde, ein schwieriger wird.“ Noch ist dieser aber nicht in Sicht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Nationenwechsel
:Darja Kassatkina ist die mutigste Person im Tennis

Die erfolgreiche russische Tennisspielerin positioniert sich offen gegen ihr autoritäres Heimatland. Ab sofort tritt die 27-Jährige für Australien an. Sie sagt: „Als offen homosexuelle Frau muss ich diesen Schritt wagen.“

SZ PlusVon Gerald Kleffmann

Lesen Sie mehr zum Thema

  • Medizin, Gesundheit & Soziales
  • Tech. Entwicklung & Konstruktion
  • Consulting & Beratung
  • Marketing, PR & Werbung
  • Fahrzeugbau & Zulieferer
  • IT/TK Softwareentwicklung
  • Tech. Management & Projektplanung
  • Vertrieb, Verkauf & Handel
  • Forschung & Entwicklung
Jetzt entdecken

Gutscheine: