Staffel bei der Biathlon-WM:Auf Goldkurs im Getöse

Biathlon-WM 2013

Laura Dahlmeier: gute Leistung in der Staffel

(Foto: dpa)

Die 19-jährige Laura Dahlmeier führt die deutsche Biathlon-Staffel zwischendurch an die Spitze des Feldes. Obwohl es hinter Sieger Norwegen doch nur zu Platz fünf reicht, macht sich im Team Aufbruchstimmung breit.

Von Volker Kreisl, Nove Mesto

19-jährige Biathleten erhalten ihren ersten Einsatz meistens im Weltcup. Aber nicht in einem Weltcuprennen während der Hochsaison, sondern zur Nebensaison, irgendwo in Übersee, im März. Schon gar nicht erleben junge Biathleten sonst ihr Debüt vorm Fernsehpublikum bei einer Weltmeisterschaft, nicht mal als hinterster Ersatz mit Nummer 112. Laura Dahlmeier aus Partenkirchen, 19, erlebte am Freitag ihre Initiation bei den Top-Biathletinnen, bei der WM in Nove Mesto, als dritte Läuferin bei der Frauenstaffel im Frühabendfernsehen, im Rampenlicht und im Getöse vor 27 000 Zuschauern.

Gewonnen hatten dieses WM-Staffelrennen andere, und gewiss, auch deren Vorstellung war beeindruckend. Tora Berger aus Norwegen konnte auf ihrer Schlussrunde niemand aufhalten, sie entfesselt von WM-Rennen zu WM-Rennen scheinbar neue Kräfte. Nun holte sie einen Rückstand von 38 Sekunden auf und verstaute am Freitag ihre vierte Goldmedaille im Rucksack.

Zweite hinter Norwegen wurde die Mannschaft aus der Ukraine, die auch einen Rückstand aufholen musste, auf Platz drei kamen überraschend die Italienerinnen, die nur vier mal nachladen mussten. Dennoch kann man sagen, Dahlmeier stahl allen einen Teil der Show.

Auch internationale Beobachter kniffen die Augen zusammen, schauten auf die Live-Bilder von der Strecke, die die Monitore in der Vysocina-Arena zeigten, und fragten sich: Wer ist die Kleine? Dahlmeier war ja unerkannt als dritte Deutsche ins Rennen gegangen. Auf Rang acht, mit 38,7 Sekunden Rückstand, irgendwo im Verfolgerpulk.

Dann brach sie als Vierte in ihre zweite Runde auf, klemmte sich nach dem Stehendschießen an die Fersen der ukrainischen Sprint-Weltmeisterin Olena Pidgruschna und tauchte zur Übergabe an Schlussläuferin Andrea Henkel auf einmal als Führende auf. "Zu diesem Zeitpunkt lagen wir", betonte Trainer Ricco Groß später nach einmal, "auf Goldkurs."

Den französischen, russischen und norwegischen Kollegen, die sich nach Dahlmeier erkundigten, konnten auch die Deutschen nicht wirklich weiterhelfen. Bekannt war ja nur ihr Name, ihr Alter, dass sie aus der Trainingsgruppe eines gewissen Bernhard Kröll stammt, der schon Miriam Gössner hervorgebracht hat und Magdalena Neuner.

Zarte erste Erfolge

Und dass sie ein paar zarte erste Erfolge auf einer bescheidenen, typischen Juniorinnen-Internetseite auflistet - die sie kürzlich mit einer eher krachende Junioren-WM-Bilanz 2013 in Obertilliach fortsetzte. Dahlmeier hatte da drei Goldmedaillen und eine Silbermedaille gewonnen. Und - dass der deutsche Trainerstab mit ihrem Einsatz ein großes Risiko eingegangen war, ihm aber nichts anderes übrig blieb, weil Nadine Horchler in Tschechien einfach nicht die erwartete Laufform brachte.

Dahlmeiers besondere Stärke war dann im Stadion wieder für jeden offensichtlich. 19-jährige Juniorinnen führen sich, wenn überhaupt, mit ein bis drei Schießfehlern ein, Dahlmeier schoss zweimal fehlerfrei - als einzige im deutschen Team. Als sie später gefragt wurde, wie so etwas mit dieser geringen Erfahrung möglich war, antwortete sie in Stil und Tonfall der Weltcup-Erfahrenen (und im Neuner-Gössner-Dialekt): "Ich hab' versucht, den Krach auszublenden, man hat da keine Zeit, groß nachzudenken, man fokussiert sich auf die Scheib'n, des war meine Taktik."

Im deutschen Team herrschte einerseits auch eine gewisse Enttäuschung darüber, dass das Quartett diese Goldmedaille oder wenigstens einen Podestplatz noch verpasst hatte. Andererseits war Schlussläuferin Andrea Henkel auch kein wirklicher Ausrutscher vorzuwerfen.

Wie Franziska Hildebrand, die recht gut mithielt im Läuferfeld, wie Miriam Gössner, die diesmal keine Strafrunde lief, so hatte auch Henkel ein solides Rennen gezeigt mit nur drei Nachladern. Ihr Pech war eben, dass sie irgendwann von Tora Berger wie von einer großen Welle überrollt worden war, auf der dann gleich noch die Italienerinnen und Ukrainerinnen mitritten. Und dass sie zuvor übernommen hatte von einer 19-Jährigen, die die Messlatte ganz oben hinauf gelegt hatte.

Auch ohne WM-Staffelmedaille, erstmals seit 18 Jahren, war beim deutschen Verband an diesem Abend reichlich Genugtuung zu spüren über die im nachhinein richtige Entscheidung. Die allgemeine gedrückte Laune nach einer mäßigen WM-Woche war schlagartig verflogen und einer Aufbruchstimmung gewichen.

Trainer Ricco Groß deutete an, man werde Dahlmeier bald wiedersehen im Weltcup. Plötzlich hat man da eine Alternative, und auch wenn es noch ein weiter Weg ist bis zur gefestigten Weltcup-Läuferin, so hat diese Alternative doch angedeutet, dass sie Wege schnell zurücklegen kann - und zwischendurch auch noch die Scheiben trifft.

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