Stadion-Studie:Der Streit geht weiter

Das Organisationskomitee fordert die Rücknahme der Studie, die Stiftung Warentest beharrt auf ihren Ergebnissen. Nur die Fans wissen nicht mehr, wem sie glauben sollen.

Ja, was ist denn nun eigentlich los? Sind unsere WM-Stadien sicher oder nicht? Nach der Studie der Stiftung Warentest und der zu erwartenden Reaktion des WM-Organisationskomitees schienen sich die Wogen in den vergangenen Tagen geglättet zu haben. Vielleicht auch deshalb, weil die Absage der Eröffnungsfeier in Berlin im Zentrum der Diskussion stand.

Heute aber hat sich das WM-Komitee zu Wort gemeldet und prominente Unterstützung bekommen: Es fordert von der Stiftung Warentest die Rücknahme der Untersuchungsergebnisse. Unterstützung erhalten die deutschen WM-Macher erstmals vom Weltverband FIFA, der sich mit einer öffentlichen Stellungnahme bislang zurückgehalten hat. Die Stiftung Warentest müsse ihr "Urteil revidieren", sagte OK-Vizepräsident Horst R. Schmidt bei einer Pressekonferenz in Frankfurt.

"Wir halten die gesamte Studie der Stiftung Warentest für fraglich, da sie weder die Komplexität des Themas Sicherheit noch die Gesamtzusammenhänge oder dahinter liegende Konzepte berücksichtigt", sagte Schmidt.

Jim Brown, bei der FIFA für die Wettbewerbs-Organisation verantwortlich, sagte dem OK die Unterstützung des Weltverbandes zu. "Wir haben volles Vertrauen in die Arbeit des OK." Nach Bekanntwerden der Studien-Ergebnisse hatte die FIFA bislang öffentlich geschwiegen und damit beim OK zusätzlich für Verstimmung gesorgt. FIFA-Präsident Joseph Blatter hatte nach den von der Studie unabhängigen baulichen Stadion-Pannen in Frankfurt, Nürnberg und Kaiserslautern im Dezember eine FIFA-Überprüfung aller Stadien angekündigt. Brown wollte sich zu solchen Plänen nun nicht äußern.

Die Stiftung Warentest hat die Kritik des Organisationskomitees der Fußball-WM an der Studie zu Sicherheitsrisiken in mehreren Stadien zurückgewiesen. "Wir bleiben bei unseren Ergebnissen", sagte der Leiter der Warentest-Studie, Holger Brackemann, am Dienstag der dpa in Berlin. Die Methodik der Studie sei bereits vor der Untersuchung mit dem WM-OK und fünf Stadienbetreibern besprochen worden. "Dabei sind keine Bedenken geäußert worden", sagte Brackemann.

Kein Vergleich mit Katastrophen

Erneut kritisierten die WM-Macher die Methodik der Studie und nannten kuriose Ergebnisse. So seien im Pressebereich des Schalker Stadion in drei Meter Höhe angebrachte Fernseh-Monitore als mögliche Wurfgeschosse moniert worden. "Jedes Institut kann mal einen schlechten Tag haben, hier haben sie mehrere schlechte Tage erwischt. Dagegen wehren wir uns mit Nachdruck", sagte OK-Vizepräsident Wolfgang Niersbach. Diese Position werde das OK auch vor dem Sportausschuss des Deutschen Bundestages vertreten. Das Gremium bittet OK und Stiftung Warentest am Mittwoch zu einer Anhörung.

Vergleiche mit den Stadion-Katastrophen der 80er Jahre in Brüssel und Sheffield seien unangebracht, da sich die Stadionarchitektur seit dem völlig verändert habe. Eine eigene Sicherheitsüberprüfung aller Stadien durch andere Test-Institute als Reaktion auf die Studie wurde vom OK ausgeschlossen. Man habe keinen Anlass, an den Sicherheitskonzepten zu zweifeln. Die Stadionbetreiber könnten allerdings für ihre Arenen aktiv werden. In Leipzig wehrten sich die Stadionbetreiber auf einer eigenen Pressekonferenz gegen die Vorwürfe und schlossen ein juristisches Vorgehen nicht aus. "Wir halten uns weiter offen, rechtliche Schritte gegen die Stiftung Warentest in die Wege zu leiten", sagte Otto Schlörb von der Betreibergesellschaft.

Mit Experten-Urteilen versuchten die WM-Macher in Frankfurt, die Studien-Resultate zu entkräften. Dietmar Hosser von der Technischen Universität Braunschweig unterstützte die OK-Einschätzung von größtmöglicher Sicherheit im Falle einer notwendigen Evakuierung. Margrit Ehrlicher, Geschäftsführerin eines Berliner Brandschutzbüros, unterstellte der Stiftung eine "unseriöse Einschätzung". Fluchtwege und Brandschutzfragen waren die Hauptkritikpunkte der Studie gewesen.

Für den Fan jedoch bleibt eine Frage unklar: Sind die Stadien nun sicher wie vom Organisationskomitee verkündet oder enthalten sie die Mängel, die die Stiftung Warentest aufgedeckt zu haben glaubt? Der Run auf die Tickets nämlich ist ungebrochen: Bei der dritten Verkaufsphase wurden über 6 Millionen Bestellungen für 250.000 Eintrittskarten registriert.

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