Stadien der EM 2024:Darauf ein Ruhrpott-Carpaccio

Veltins-Arena in Schalke

Eines von zehn EM-Stadien: die Schalker Arena.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Die Wahl der Ausrichterstädte der EM 2024 war durchaus umstritten - aber sie lässt sich natürlich plausibel begründen. Ein Überblick über die zehn Orte (und einen möglichen Ersatzkandidaten).

Von Sebastian Fischer und Benedikt Warmbrunn

In einem vorbildlich transparenten Verfahren hat der DFB aus 14 Kandidaten zehn ermittelt, die 2024 die EM austragen; so transparent, dass der DFB lieber nicht verriet, warum Bremen, Hannover, Mönchengladbach und Nürnberg in einem komplizierten Ranking weniger Punkte bekamen als die anderen. Doch es gibt Argumente, die für die folgenden Städte sprachen.

Berlin

Schauplatz eines berühmten Kabinenfotos. Zu sehen ist darauf der Fußballspieler Mesut Özil (mit nacktem Oberkörper!) in der Kabine mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel (im flaschengrünen Blazer!). Beide reichen sich die Hände. Beide lächeln. Zwar stammt das Foto auch aus einer Zeit, in der beide in ihrer jeweiligen Mannschaft bessere Umfragewerte hatten: aus dem Herbst 2010. Dennoch ist davon auszugehen, dass dieses inzwischen ganz und gar unumstrittene Foto eine entscheidende Rolle für den Zuschlag gespielt hat.

Köln

Istanbul trägt zwar nun nicht das EM-Finale 2024 aus, ist aber dank der vorbildlich kosmopolitischen Planung des Organisationskomitees (OK) trotzdem dabei: als Partnerstadt von Köln. Populärem Liedgut zufolge gibt es sogar eine Direktverbindung mit der U-Bahn-Linie 18 ("Nach Istanbul zu fahren, dat is cool"). Außerdem ist Köln die Heimat von Lukas Podolski, der einst als Fußballer von Galatasaray Istanbul neben der türkischen Flagge salutierte und heute eine Dönerbude betreibt ("Salat, Fleisch, frische Produkte, dann passt das").

Dortmund

Ist die Partnerstadt von Trabzon, das muss reichen. Denn ansonsten tut die Stadt sich etwas schwerer mit der Nähe zur Türkei. Sie ist die Heimat von Kevin Großkreutz, der zwar auch mal zu Galatasaray wechselte, allerdings ohne dort einmal zu spielen. Er betreibt keine Dönerbude, sondern ein Restaurant, in dem Gerichte wie "Ruhrpott-Carpaccio 2.0" oder "Potthucke" auf der Karte stehen. Und mit Döner soll er mal geworfen haben, anstatt ihn zu essen.

Düsseldorf

Seit bei der EM 24 Teams mitspielen, können auch Fußball-Großmächte wie Albanien oder die Slowakei aufeinandertreffen. Das ist schön für Fußball-Großmächte wie Albanien oder die Slowakei - birgt aber die Gefahr, dass es keinen interessiert. Für solche Partien ist die Arena in Düsseldorf prädestiniert. Die Sitze sind prophylaktisch bunt gefärbt. Selbst ein halb volles Stadion sieht nicht ganz so leer aus.

Leipzig

Heimstätte des örtlichen Fußballvereins RB. Dieser könnte ohne größere Probleme allen stimmberechtigten Mitgliedern eine Karte für jedes Spiel im eigenen Stadion garantieren - das wären immerhin 17 Tickets pro Partie. Der Eigentümer und Namensgeber von Verein und Stadion hofft dem Vernehmen nach, die Heimspiele der eigenen Nationalelf ausrichten zu dürfen. Vorausgesetzt natürlich, Österreich qualifiziert sich.

Gelsenkirchen

In Gelsenkirchen gibt es vier Vereine, von denen der deutsche Fußball noch viel lernen kann. Sie haben nämlich dem DFB etwas voraus. Für Westfalia 04 Gelsenkirchen, DJK Teutonia Schalke, Falke Gelsenkirchen und den FC Schalke 04 spielte einst ein Fußballer namens Mesut Özil - und zwar jeweils ganz ohne zurückzutreten, weil er sich unzureichend gegen rassistische Anfeindungen verteidigt fühlte.

München

WM 2006: Von links zieht ein Mann in die Mitte, den linken Arm bandagiert, ein Schlenzer ins rechte Eck, Tor für Deutschland gegen Costa Rica. Der Start eines euphorischen deutschen Fußballsommers.

EM 2024: Ein Mann sitzt auf der Tribüne und schüttelt mit der Hand seines hoffentlich unbandagierten rechten Arms Politikerhände. Philipp Lahm ist ja jetzt OK-Chef. Und sein Heimstadion ist das erste in der Geschichte, das bei zwei Europameisterschaften hintereinander Spiele beheimatet. Bei der paneuropäischen EM 2020 wird auch in München gekickt.

Stuttgart

Hier steht das Stadion, in dem der spätere deutsche OK-Chef seine erste WM-Medaille gewann, 2006, die bronzene, nach dem 3:1 gegen Portugal. Er zog dabei allerdings nicht von links in die Mitte und erzielte ein Tor. Was hauptsächlich daran lag, dass er als Rechtsverteidiger spielte. Der spätere Dönerbudenbesitzer Podolski wurde beim Stand von 2:0 ausgewechselt, für ihn kam ein späterer Betreiber eines Fußball-Lifestyle-Portals: Mike Hanke.

Hamburg

Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der deutschen Spielorte für die EM-Bewerbung, im September 2017, noch das Stadion eines Bundesligisten. Aktuell das Stadion eines Zweitligisten. Bis 2024 bleibt genug Zeit, um wieder das Stadion eines Erstligisten zu werden. Oder das eines Drittligisten.

Frankfurt

Frankfurt ist eine echte Fußballstadt. Wenn die Eintracht spielt, dann sind überall Sprechchöre zu hören, es riecht nach Äppler, und auch die Stimmung im Stadion ist so, wie sich Fans das wünschen, was an den Frankfurter Ultras liegt. Dem DFB-Präsidenten Reinhard Grindel, einem Connaisseur des Fußballs an der sog. Basis, ist das jedoch eventuell nicht ganz geheuer. Er könnte erwägen, Spiele aus Frankfurt kurzfristig in die Fußballstadt Sinsheim zu verlegen.

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