St. Pauli vor der Rückkehr:21 Punkte, 16:0 Tore

Die phantastische Heimbilanz am Millerntor hat dem FC St. Pauli fast schon zur Rückkehr in die zweite Liga verholfen.

Jörg Marwedel

Am Montag sollte erstmals das Großgerät wie Bagger und ähnliches am Millerntor zum Einsatz kommen. Es geht darum, das sogenannte ,,Littmann-Loch'' zu schließen, jene offene Stelle, die seit dem 19. Dezember 2006 im Stadion klafft, als die alte Südtribüne auf Anordnung des Präsidenten Corny Littmann abgerissen wurde - natürlich mit einer großen Feier. Jetzt endlich soll es losgehen mit dem Bau der neuen Tribüne. Und vermutlich wird sie bis zum Beginn der neuen Saison im August schon fertig sein.

Das trifft sich ziemlich gut. Denn vermutlich wird schon vorher eine weitere, viel größere Feier am Millerntor abgehen. Wie es aussieht, wird der ehemals schrägste Klub des deutschen Profifußballs in die zweite Liga zurückkehren. Drei Spieltage vor Saisonende führt der FC St. Pauli gemeinsam mit dem 1. FC Magdeburg die Tabelle der Regionalliga Nord mit fünf Punkten vor dem nächsten Verfolger an. Und wenn man dem Mittelfeldlenker Thomas Meggle glaubt, kann da nicht mehr viel schief gehen. ,,So wie wir spielen, sind wir nicht zu schlagen. Das hat nichts mit Arroganz zu tun'', meinte der Mann, der schon 2002 beim legendären 2:1 gegen den FC Bayern in der Bundesliga dabei war und zuletzt beim 2:0 über Fortuna Düsseldorf der beste Paulianer war.

Immer aufwärts

In der Rückrunde haben die Hamburger, die im Herbst zeitweise auf dem 13.Tabellenplatz lagen, vor allem daheim eine phantastische Heimbilanz: Sieben Spiele, 21 Punkte und 16:0 Tore. Mehr geht nicht, weshalb das Liedgut ,,Niemand siegt am Millerntor'' derzeit absolute Hochkonjunktur hat. Und auch, wenn man die drei letzten Spiele allesamt gegen Ostklubs absolvieren muss (auswärts in Erfurt und in Magdeburg, dazwischen zu Hause gegen Dresden), was noch nie zu den liebsten Aufgaben zählte, kann man wohl davon ausgehen, dass diese inzwischen zu einem echten Team gewachsene Mannschaft die paar Punkte noch holt.

Der sportliche Wendepunkt war im übrigen die Entlassung des Trainers Andreas Bergmann im November. Damals belegte das Team Rang zwölf und schien weit davon entfernt zu sein, nach dem Doppel-Abstieg von 2002 (aus der Bundesliga) und 2003 (aus der zweiten Liga) endlich wieder nach oben zu kommen. Allein im DFB-Pokal hatte der Klub in den vergangenen zwei Jahren für Aufsehen gesorgt, was insbesondere der Vereinskasse gut tat und den kultigen Ruf aufmöbelte, als man Klubs wie Hertha BSC Berlin und Werder Bremen aus dem Wettbewerb fegte und zweimal den FC Bayern an den Rand einer Niederlage brachte. Dann jedoch übernahm der bisherige Sportdirektor Holger Stanislawski das Traineramt. Und mit dem einstigen Pauli-Kapitän ging es stetig aufwärts.

Der Mann, der von sich selbst sagt, er sei nicht gerade ein großer Arbeiter, hatte offensichtlich ein sehr gutes Gespür für das Team. Inzwischen ist es wieder so, wie man es der Pauli-Legende nach kennt: ,,Wir brüllen uns auf dem Platz gegenseitig an und keiner nimmt es persönlich, weil wir uns ja nur anstacheln wollen'', sagt Meggle, der im Herbst nicht einmal mehr einen Stammplatz hatte und nun einer der wichtigsten Leute neben den Abwehrspielern Fabio Morena und Marcel Eger, einem spielerischen Glanzpunkt wie Charles Takyi (früher Hamburger SV) oder dem einstigen U21-Nationalspieler Marvin Braun (früher SC Freiburg) ist.

In den nächsten Tagen soll Holger Stanislawski einen Zweijahres-Vertrag als Coach unterschreiben, und mit ihm zusammen soll auch sein einstiger Mitspieler André Trulsen als Assistent weitermachen. Tatsächlich könnte der FCSt. Pauli mit den Urgesteinen nach vielen Unruhen endlich wieder in bessere Zeiten aufbrechen. ,,Unser Kader kann auch in der zweiten Liga mithalten'', sagt der in drei Ligen erfahrene Stanislawski. Die meisten Spieler hat er ja selber ausgesucht, und sehr viele neue Gesichter wird es auch nach dem Aufstieg nicht geben.

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