St.-Pauli-Trainer André Schubert im Gespräch:"Stanis Namensschild hängt hier nicht mehr"

Seit einem halben Jahr ist André Schubert Trainer des Zweitligisten FC St. Pauli. Im Interview zum Rückrundenstart erzählt Schubert, wie er als Nachfolger des in Hamburg hochverehrten Holger Stanislawski zurechtkommt, was er von den Einkäufen der Aufstiegskonkurrenten Frankfurt und Fürth hält - und warum er ein schwieriges Verhältnis zu seinem Ex-Klub Paderborn hat.

Carsten Eberts, Hamburg

In Paderborn wurde er "Mini-Magath" getauft, weil er zeitweise in Personalunion Trainer- und Manageramt ausführte. Vor einem halben Jahr übernahm André Schubert das weitaus prestigeträchtigere Traineramt bei Zweitligist FC St. Pauli, den er zurück in die Bundesliga führen soll.

Andre Schubert FC St. Pauli

"Uns werden ständig Spieler angedichtet": St.-Pauli-Coach André Schubert.

SZ: Herr Schubert, Sie sind seit einem halben Jahr Trainer des FC St. Pauli. Ist das Erbe Ihres Vorgängers Holger Stanislawski noch spürbar?

André Schubert: Sein Namensschild hängt hier jedenfalls nicht mehr (lacht). Ich kenne Stani gut, er war sehr prägend für diesen Verein. Aber ich habe meine eigene Vorstellung von Fußball - und vergleiche mich nicht ständig mit anderen.

SZ: Stanislawski wurde auf St. Pauli verehrt, bevor er im Sommer zu 1899 Hoffenheim wechselte. Haben Sie sich Ihren Einstieg schwerer vorgestellt?

Schubert: Die Art und Weise der Fans hat es mir sehr leicht gemacht. Weil sie mich vorurteilsfrei aufgenommen haben. Natürlich ist es auch nicht ganz verkehrt, wenn man gleich am Anfang ein bisschen Erfolg hat.

SZ: Sie sind mit St. Pauli derzeit Vierter, starten am Samstag bei Alemannia Aachen in das Fußballjahr 2012. Am Ende soll der Wiederaufstieg in die erste Liga stehen.

Schubert: Wir haben am Samstag ein schweres Auswärtsspiel, das ist unsere nächste Aufgabe. Über alles weitere mache ich mir gerade keine Gedanken.

SZ: Trotzdem, Konkurrenten wie Eintracht Frankfurt und Greuther Fürth haben in der Winterpause personell kräftig nachgebessert.

Schubert: Ich habe das registriert. Aber ich kann natürlich nicht beeinflussen, was Frankfurt und Fürth machen. Dort können auch nur elf Spieler auf dem Platz stehen. Glücklicherweise haben wir auch quasi Neuzugänge ...

SZ: ... Ihre Abwehrspieler Carlos Zambrano und Lasse Sobiech, die in der Hinrunde lange verletzt waren.

Schubert: Nicht zu vergessen Moritz Volz, der bislang überhaupt nicht spielen konnte. Und Carsten Rothenbach. Das gibt uns personell andere Möglichkeiten. Aber noch mal: Wir können nur unsere eigene Leistung beeinflussen. Nicht, was in Frankfurt oder Fürth geschieht. Und wir wollen noch besser werden.

SZ: Sie haben mit Carlos Zambrano oder Max Kruse hochtalentierte Spieler im Team, die von ihren Fähigkeiten her in der Bundesliga spielen könnten. Müssen Sie nicht aufsteigen, um diese Spieler halten zu können?

Schubert: Das ist eine Problematik, die sich gar nicht stellt. Wenn Zambrano oder Kruse Erstligaspieler wären, wären sie jetzt in der ersten Liga. Aber es hat ja seinen Grund, weshalb sie jetzt bei St. Pauli sind. Sie haben auch letztes Jahr hier gespielt und konnten den Abstieg nicht vermeiden.

"Das ist ein hanebüchener Vorwurf"

SZ: Sie zählen ausdrücklich auch Ihren Ex-Klub Paderborn zu den Aufstiegskandidaten. Den Verein haben Sie im Sommer verlassen, weil Ihnen die sportliche Perspektive fehlte. Sind Sie überrascht über die sehr gute Rolle, die Paderborn spielt?

Schubert: Das ist richtig. Paderborn spielt eine außergewöhnlich gute Saison. Obwohl die Gründe, weshalb ich da weggegangen bin, in der Öffentlichkeit nicht immer richtig dargestellt wurden.

SZ: Wie war es denn?

Schubert: Im März 2011 gingen drei bis vier Wochen voraus, in denen mir signalisiert wurde, dass wir eine Million Euro einsparen müssen. Damals hatten wir einen Etat von 5,1 Millionen Euro - und mit einer Million weniger kannst du in der zweiten Liga nicht bestehen. Da hätten alle Grundgehälter um 20 Prozent gekürzt werden müssen. Da habe ich gesagt, dass ich unter diesen Voraussetzungen nicht bleiben kann.

SZ: Es kam jedoch anders.

Schubert: Fünf Tage, nachdem ich meinen Abschied verkündet hatte, ist der erste neue Spieler verpflichtet worden. Alle Spieler, die gegangen sind, wurden anschließend ersetzt. Es sind keine Gehälter eingespart und auch keine Prämien gekürzt worden. Zum ersten Mal seit drei Jahren war ein Trainingslager möglich, es gibt plötzlich einen Manager und einen Athletik-Trainer. Deswegen ist es auch nicht völlig überraschend, dass Paderborn nun da oben steht.

SZ: Sehen Sie die gute Paderborner Saison als Lob für Ihre eigene Arbeit?

Schubert: Das würde ich nie sagen. Dort ist ein neues Trainerteam, das einen sehr guten Job macht. Außerdem wurden neue Spieler geholt. Das ist der Erfolg der Leute, die gerade dort arbeiten.

SZ: Ihr guter Kontakt nach Paderborn ist trotzdem nie abgerissen. Nervt Sie der Vorwurf, Sie würden nach und nach die halbe dortige Mannschaft nach St. Pauli holen?

Schubert: Das ist ja Blödsinn. Das ist ein hanebüchener Vorwurf, der so einfach nicht stimmt. Wenn uns jeder Paderborner Spieler angedichtet wird, dessen Vertrag ausläuft, können wir nichts dafür.

SZ: Die St.-Pauli-Profis Mahir Saglik und Sebastian Schachten haben früher auch in Paderborn gespielt. Im Sommer kommt Abwehrspieler Florian Mohr nach Hamburg. Eine große, bunte, deutsche Tageszeitung schrieb kürzlich: "Drei hat er schon, drei will er noch."

Schubert: Das sind Gerüchte, die in Paderborn entstehen. Vielleicht, weil sie die Verträge mit den Spielern nicht verlängert bekommen. Dafür können wir aber nichts. Wir haben mit Florian Mohr aktuell einen Spieler verpflichtet, dessen Vertrag in Paderborn ausläuft.

SZ: Der zudem in Hamburg geboren ist.

Schubert: Richtig. Seine Familie wohnt hier, Florian hatte hier sogar noch eine Wohnung. Er wollte zurück - da waren die Gespräche sehr leicht. Wir haben sonst bei keinem Spieler öffentlich Interesse angemeldet, auch mit keinem Spieler diskutiert.

SZ: Aber Sie arbeiten schon gerne mit Spielern zusammen, die Sie gut kennen.

Schubert: Natürlich, das macht doch jeder gerne. Du hast gerne Leute bei dir, denen du vertraust und die charakterlich in Ordnung sind. Das ist völlig normal.

SZ: Letzte Frage: Wer ist Ihr Favorit auf den Aufstieg in die Bundesliga?

Schubert: Alle fünf Mannschaften, die oben stehen. Die sind punktemäßig so dicht beisammen. Da kommt es darauf an, wer gut startet, wer am konstantesten spielt. Wer aufsteigt, ist ganz schwer abzuschätzen. Da wage ich wirklich keine Prognose.

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