SSV Jahn Regensburg:Wispern über Würzburg

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Ein Stück cleverer: Bochum um den Torschützen Robbie Kruse (r.) setzt sich mit Hilfe eines einfachen Mittels gegen Benedikt Salles SSV Jahn durch. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Regensburg verliert am Ende der stärksten Hinrunde der Klubhistorie - und warnt vor dem Schicksal eines Vorgängervereins.

Von Johannes Kirchmeier

Die Maschine lief: Einer nach dem anderen flitzte beim Aufwärmen in Richtung des Tores von Philipp Pentke. Der Torhüter des SSV Jahn Regensburg hatte also wie üblich schon vor dem Zweitliga-Spiel gegen den VfL Bochum viel zu tun. Seine Vorderleute wirkten so, als ob ihnen die Platzverhältnisse an diesem verschneiten Samstagnachmittag gar nichts ausmachen würden. Ganz im Gegenteil, kurz zuvor hatte der Platzwart die Seitenlinien in Jahn-Rot nachgezogen wie beim Sieg vor einer Woche in Darmstadt. Zudem schossen die Fußballer wie in Hessen mit einem Ball in Orange. Die Regensburger haben die Wetterverhältnisse in diesem Dezember kennengelernt. Das schien ein gutes Omen zu sein.

Bochum verteidigte konsequent, auch mal zu elft im Strafraum

Doch der Schein trügte. Bis die Spieler sich ihre Trikots angezogen haben und wieder auf den Platz zurückkehrten, schneite es nicht mehr. Schiedsrichter Martin Thomsen griff daher zum gewohnten weißen statt zum orangen Ball - und so nahm das Unheil aus Jahn-Sicht seinen Lauf. Die Maschine lief zwar noch, allerdings mit kleineren Betriebsfehlern. Bereits in der siebten Minute lagen die Regensburger zurück nach einem feinen Angriff der Bochumer, den Kevin Stöger mit einem Steilpass einleitete und der Australier Robbie Kruse nach einem flinken Solo vollendete. "Das war unglücklich, weil wir genau wussten, dass Kruse immer tief geht, das hatten wir vorher auch angesprochen. Und auch, dass Stöger beim Passspiel der Bochumer ein wichtiger Spieler ist", sagte Jahn-Trainer Achim Beierlorzer. Nach fünf Spielen ohne Niederlage riss seine Serie, der Jahn vermochte am 0:1 nichts mehr zu verändern.

So herrschte in Oberisling getrübte Stimmung: Eigentlich ging ja mit diesem Spiel eine bemerkenswerte Hinrunde zu Ende. Der Jahn hat als Tabellenzwölfter 22 Punkte erwirtschaftet, viel mehr, als die meisten der auf Zweitliga-Niveau weitgehend unerfahrenen Mannschaft überhaupt zugetraut hatten. Zudem hat Regensburg die stärkste Zweitliga-Hinrunde seiner Vereinsgeschichte absolviert. Der Klub scheint nach zwei Einjahresaufenthalten erstmals in diesem Jahrtausend eine fähige Truppe beisammen zu haben, die sich langfristig in der zweiten Liga etablieren kann. Nur hat die nach der Niederlage gegen Bochum auch nicht einmal zwei Siege Vorsprung auf die Abstiegszone.

Und so wisperten die Regensburger den Namen einer 200 Kilometer entfernten Stadt durch die Gänge ihrer Arena: Würzburg. Viel mehr als um den unter Weinbergen gelegenen Ort ging es in ihren Ausführungen aber um den ortsansässigen Verein: die Würzburger Kickers. Die hatten im Vorjahr als Aufsteiger in der Hinserie ebenfalls überzeugt. "Ich denke, wir sind im Soll", sagte Regensburgs Topscorer Marco Grüttner. "Aber wir wissen genau, Würzburg ist mit 27 Punkten noch abgestiegen. Wir ruhen uns da auf keinen Fall aus." Auch Beierlorzer findet immer wieder eine Gelegenheit, auf das Würzburger Schicksal hinzuweisen.

Am Samstagnachmittag wirkte das zum ersten Mal nicht ganz unberechtigt, denn die Bochumer schafften es, den Regensburgern mit einem einfachen Mittel beizukommen: Sie verteidigten konsequent, also auch mal zu elft im Strafraum, und überließen den Regensburgern nach der Führung den Ball. Der Jahn spielte daher zwar so überlegen wie lange nicht, schoss 23 Mal aufs Tor, Bochum achtmal, Regensburg durfte acht Ecken in den Strafraum schlagen, Bochum, das auch häufig Jahn-Angriffe durch Fouls zügig unterband, gar keine. "Wenn man sich überlegt, dass der SSV Jahn Regensburg den VfL Bochum dazu bringt, zu verteidigen und sich über Konter die eine oder andere Chance zu erspielen, dann ist das auch ein Kompliment für unsere Spieler", sagte Beierlorzer. Nur eine wirklich gefährliche Gelegenheit wussten sich seine Spieler nicht zu erarbeiten.

Der VfL hat den Jahn im letzten Hinrundenspiel also entschlüsselt, indem er ihm anders die Konkurrenten statt zum Kontern zum Fußballspielen aufforderte und selbst reagierte. Gut möglich, dass Bielefeld am Samstag den VfL-Spielstil kopiert. Beierlorzer dürfte sein Team nun jedoch im Gegenzug selbst dafür wappnen. Er weiß ja ums Schicksal der in der Rückrunde dechiffrierten und abgestürzten Würzburger, das er selbst nie erleiden will. Auch das betont er ja immer, wenn er auf die Kickers hinweist.

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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