Natürlich zog dann am Sonntagnachmittag auch noch ein Regenbogen über dem Regensburger Jahnstadion auf. Der SSV Jahn war in seinem letzten Heimspiel des Jahres zur Mitte der ersten Halbzeit des Drittligaspiels gegen Viktoria Köln in Führung gegangen, da gesellte sich passenderweise Sonnenschein zum Regen in der Oberpfalz - und ließ den prächtigen Bogen über dem roten Viereck entstehen. So als wollte zum Abschluss auch die Natur noch die starken Leistungen des SSV Jahn Regensburg würdigen.
Bei keiner anderen Mannschaft in dieser dritten Fußball-Liga läuft es derzeit sportlich so gut. Am Sonntag hat sich die Jahnelf mit dem 1:1 (1:0) gegen Köln folgerichtig und vorzeitig den - natürlich inoffiziellen - Titel "Herbstmeister" gesichert. Das Manifest einer neuen Liga-Rekordsiegesserie haben die Oberpfälzer damit allerdings verpasst - aufgrund eines so unglücklichen wie ärgerlichen Gegentors weit in der Nachspielzeit der Partie. "Wir haben nicht die Leistung gebracht, die wir brauchen, um zu gewinnen", sagte Regensburgs Trainer Joe Enochs knapp. So führt seine Elf die ewige Rekordsieger-Liste mit zehn Erfolgen in Serie gemeinsam mit dem Karlsruher SC (Saison 2012/13) an.
Das ist durchaus bemerkenswert, da die Mannschaft im Sommer nach dem Abstieg aus der zweiten Fußball-Bundesliga von Trainer Joe Enochs und dem neuen Sport-Geschäftsführer Achim Beierlorzer komplett neu zusammengestellt wurde. In diesen ersten Monaten haben sich die Spieler nun erstaunlich schnell zusammengefunden. Und so markieren sie in der knallengen Tabelle gar eine Ausnahme, bilden eine kleine, ruhige Insel vor dem deutlich belebteren Festland dahinter. Schließlich hat der Jahn bereits mehr als einen Sieg Vorsprung auf den Zweiten Dynamo Dresden und elf Punkte auf die Nichtaufstiegsplätze.
"Agy, Agy, Agy": Die Fans hängen Diawusies Trikot mit der Nummer 24 in ihre Mitte am Zaun der Hans-Jakob-Tribüne
Und das an diesen abseits des Platzes weiterhin überhaupt nicht leichten Tagen für die Mannschaft: Vor knapp zwei Wochen verstarb ihr Mitspieler Agyemang Diawusie. Nach dem Trauerspieltag beim 3:2 gegen Freiburg II in der vergangenen Woche gedachten die Anhänger des Offensivspielers auch dieses Mal. Sie hängten sein Trikot mit der Nummer 24 in ihre Mitte am Zaun der Hans-Jakob-Tribüne, wo die lautesten Regensburger ihren Platz haben und vor der die Spieler ihre Siege feiern. In Minute 24 klatschten sie erneut, danach hallten "Agy, Agy, Agy"-Rufe durchs Stadion. "Wir sind weiter in einem Prozess der Trauerbewältigung. Und dieser Prozess dauert noch an", sagte Trainer Enochs. Sein Kölner Pendant Olaf Janßen sprach dem Verein nach der Partie sein Beileid aus: "Das Mitgefühl der ganzen Liga ist auf eurer Seite." Dass die Regensburger weiter solide Punkte einfahren, kann ihnen gerade nicht hoch genug angerechnet werden.
Am Sonntag taten sie dies übrigens ganz im Sinne des obersten Gerd-Müller-Prinzips, also dem des einst größten Torjägers des Landes: Ein Mittelstürmer im Fünfmeterraum macht das, was ein Mittelstürmer dort machen muss: ein Tor. Nach einer feinen Freistoßflanke von Tobias Eisenhuth nutzte der Angreifer Noah Ganaus das folgende Kuddelmuddel vor dem Kölner Tor für seinen Treffer (27. Minute). Und über ihm blitzten Sonne sowie Regenbogen auf.
Ein wenig stand das schnöde Abstaubertor gar für die Hinserie des Jahn: Da sind keine absoluten spielerischen Glanzleistungen, da ist kein Kantersieg (alle Erfolge endeten mit einem oder zwei Toren Unterschied), aber da ist Wochenende für Wochenende eine kämpferische und vor allem effiziente Leistung. Und da sind deshalb Kernkompetenzen, die am Saisonende alle Aufsteiger aufweisen: dieser Wille, in jeder Partie aufs Neue siegen zu wollen, egal, wie die 90 Minuten Spielzeit auch ablaufen. Beim TSV 1860 München und in Dresden war das mit entscheidenden Toren nach der regulären Spielzeit besonders sichtbar; der Punktverlust am Sonntag darf da erst einmal als Ausnahme der Regel verstanden werden - auch Kölns Jonah Sticker traf übrigens nach einem Kuddelmuddel im Strafraum aus kurzer Distanz (90.+8). Trotzdem weist der Jahn mit lediglich 14 Gegentreffern auch die wenigsten der Liga auf.
Mitreißend agiert der Klub in dieser Saison wahrlich nicht immer auf dem Feld, auch gegen Köln war das über weite Strecken der zweiten Halbzeit nicht der Fall und eröffnete so dem Gegner erst die Chance zum Ausgleich. Das zeigt auch, woran Enochs vor den beiden Jahresabschlussspielen in Saarbrücken am Samstag und in Unterhaching in der Woche darauf dringend arbeiten muss. Aber mitreißend für die Fans lesen sich letztlich eben die Ergebnisse des SSV. Und die sollen dem Vernehmen nach über Auf- und Abstiege im Sport entscheiden. Vielleicht stimmt die Geschichte mit dem Topf voll Gold am Ende des Regenbogens ja wirklich.