SSV Jahn Regensburg:Vernebelte Sinne

06.11.2021 - Fussball - Saison 2021 2022 - 2. Fussball - Bundesliga - 13. Spieltag: SSV Jahn Regensburg - Hansa Rostock

Schütze eines sehenswerten Tores: Der Regensburger Sarpreet Singh (vorne) gegen Rostocks Nik Omladic.

(Foto: Wolfgang Zink/imago)

Nach dem Pokal-Aus muss der Jahn auch in der zweiten Bundesliga eine Niederlage gegen Rostock hinnehmen. Trainer Selimbegovic diagnostiziert Müdigkeit, die Pause kommt gelegen.

Von Mathias von Lieben

Sie hatten sich noch mal richtig ins Zeug gelegt in Regensburg. Kurz vor dem Anpfiff der Zweitligapartie gegen Hansa Rostock bat Jahn-Präsident Hans Rothammer den Geschäftsführer a.D. Christian Keller noch ein letztes Mal aufs Spielfeld. Mit warmen Worten und einer Fotowand bedankte er sich nun auch ganz offiziell bei ihm für die erfolgreiche gemeinsame Zeit, von der Südtribüne erklangen "Chriiiiistian Keller"-Sprechchöre. Keller wiederum gestand, dass er am frühen Morgen bei der Lektüre des Stadionhefts eine halbe Stunde lang geweint hatte. Es war ein fast schon kitschiger Abschied. Und emotional betrachtet ein perfekter Auftakt, um anschließend Revanche zu nehmen für die Pokalniederlage gegen Hansa vor rund eineinhalb Wochen - dem eigentlich ja schon letzten Heimspiel von Keller vor seinem Vertragsende Ende Oktober.

Selbst aus meteorologischer Perspektive standen die Vorzeichen diesmal außerordentlich gut. Der dichte Donau-Nebel, der das Jahnstadion während der Pokalpartie noch hartnäckig verschleiert hatte, umhüllte am Samstagmittag nur noch die beiden Türme des Doms in der rund fünf Kilometer entfernten Altstadt. Für klare Sichtverhältnisse war also ebenfalls gesorgt. Doch weder die Nebelabstinenz noch die emotionale Abschiedszeremonie entfalteten beim Jahn genügend Antrieb, um die 2:3-Niederlage - die erste Liga-Heimpleite der Saison - gegen erneut eiskalt partycrashende Rostocker zu verhindern. Vielmehr schien es, als hätte diesmal die Aussicht auf die Tabellenführung die Regensburger Sinne etwas vernebelt.

Klar, Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic hatte nicht ganz Unrecht damit, als er nach dem Spiel darauf verwies, dass das Spiel auch "ganz anders" hätte laufen können. Hätte Joel Zwarts, der für Carlo Boukhalfa in die Startelf rotierte, seinen Kopfball (4.) in der starken Anfangsphase der Regensburger nicht knapp links neben, sondern ins Tor bugsiert und hätte Kapitän Benedikt Gimber einen vielversprechenden Konter (16.) nicht verstolpert, dann, ja dann. Dann wäre der überaus sehenswerte Schlenzer in den rechten Winkel von Sarpreet Singh (34.) aus knapp 20 Metern nicht bloß der Treffer zum 1:0, sondern der zu einer komfortableren Führung gewesen. Fußball und Konjunktive und so.

"Regensburg ist zurzeit meine Lieblingsstadt", sagt Rostocks Trainer Jens Härtel

Und so war es nur folgerichtig, dass der gut aufgelegte Hansa-Stürmer John Verhoek in der 43. Minute den Ball nach einer schlecht verteidigten Flanke genau in den linken Winkel setzte. Ein Treffer, der sich in den Minuten zuvor trotz der Jahn-Führung schon mehr als angedeutet hatte. Die Norddeutschen waren am Samstag insgesamt einfach etwas wacher, aggressiver und willensstärker. Kurz nach der Pause kamen die fünf Minuten, die Selimbegovic am Ende als die ausmachte, "in denen wir das Spiel verschenkt haben". Erst konnte der frühere Nürnberger Hanno Behrens nach einem feinen Pass in die Tiefe Jahn-Torwart Meyer umkurven und zum 1:2 einschieben (49.). Und nur drei Minuten später traf erneut Verhoek (52.). "Regensburg ist zurzeit meine Lieblingsstadt", sagte ein zufriedener Rostock-Trainer Jens Härtel in der Sportschau.

Zwar kamen die Oberpfälzer mit den Einwechslungen von Albers, Boukhalfa und Caliskaner dem Hansa-Tor noch mal etwas näher und hatten Pech bei einem Innenpfosten-Distanzschuss von Gimber (74.). Doch zu mehr als dem abgestaubten Anschlusstreffer (91.) durch den ebenfalls kurz zuvor eingewechselten Makridis reichte es am Ende nicht mehr. "Über fehlende Spannung würde ich nicht reden", meinte Jahn-Coach Selimbegovic. "Aber wir waren schon etwas müde."

Da kommt die Länderspielpause gelegen. Am 20. November tritt der Jahn, der weiterhin Tabellenzweiter ist, beim Hamburger SV an. Christian Keller wird als Geschäftsführer dann endgültig Geschichte sein. Roger Stilz, sein Nachfolger im sportlichen Bereich, wird noch nicht dabei sein, sein Vertrag beginnt erst Anfang Dezember. Er wird hoffen, dass die dezenten Nebelfetzen im Regensburger Spiel bis dahin wieder verschwunden sind.

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