Süddeutsche Zeitung

SSV Jahn Regensburg:Unter Schlitzohren

Der SSV Jahn Regensburg schafft im Kampf um den Klassenverbleib in der zweiten Fußball-Bundesliga einen wichtigen Sieg beim VfL Osnabrück.

Von Johannes Kirchmeier

Da waren die Jubelschreie auf dem Rasen, da war das Grinsen aller Beteiligten im obligatorischen Teamkreis nach dem Spiel - und da war die Zusammenfassung des Mittwochabends von Trainer Mersad Selimbegovic: "Wenn du ein Nachholspiel gegen einen Gegner, der dich unbedingt reinziehen wollte, gewinnst: Das tut richtig gut." Und wie gut ihm das in diesem Moment wirklich tat, das zeigte auch seine unbändige Gelassenheit auf dem Pressepodium im Stadion des VfL Osnabrück. All das verriet letztlich, wie wichtig dieses 1:0 (1:0) für den SSV Jahn Regensburg im Nachholspiel der zweiten Fußball-Bundesliga in Osnabrück wirklich war.

Endlich durften die Regensburger wieder einmal einen Sieg bejubeln - zuletzt gelang dies am 26. Februar gegen den SC Paderborn, noch "vor der Corona-Pause", wie Selimbegovic sagte. Die Partie an der Bremer Brücke war ja auf den Mittwoch verlegt worden, weil die gesamte Jahn-Mannschaft Anfang März in Quarantäne war. Der 38-jährige Selimbegovic selbst erlebte seinen letzten Ligaerfolg an der Seitenlinie Ende Januar in Nürnberg, weil er gegen Paderborn schon aufgrund seines eigenen positiven Coronatests fehlte.

Torjäger Albers sieht einen "Riesenschritt" auf dem Weg zum Ligaverbleib

Doch nicht nur deshalb taten die drei Punkte dem Jahn so gut - es war eben zugleich auch der wichtige Erfolg gegen einen Gegner im Kampf gegen den Abstieg. Acht Punkte hat der Jahn als Tabellen-13. nun Vorsprung auf die Osnabrücker auf dem Relegationsrang - in der wegen der Corona-Lage nicht ganz bereinigten Tabelle. Der Torschütze Andreas Albers sah daher einen "Riesenschritt" auf dem Weg zum Klassenverbleib. Sein SSV hatte es wieder einmal (wie etwa auch in Nürnberg) geschafft, einen direkten Konkurrenten auf Abstand zu halten.

Es stecken aus Oberpfälzer Sicht schon ein gewisser Charme und auch eine gewisse Schlitzohrigkeit in dem Umstand, dass immer, wenn die Gegner da unten mal näher kommen, dieser kleine Klub einfach wieder gewinnt. Das bemerkte auch Selimbegovic, der seinen Spielern aber gleichzeitig die weniger charmante Qualität zuschrieb, sich halt auch immer wieder in diese Situationen zu manövrieren. Für ihn steht daher vor der nächstem Heimspiel gegen Heidenheim am Sonntag (13.30 Uhr) auch fest: "Wir sind alle erleichtert, aber wir sind uns auch bewusst, dass wir noch nichts erreicht haben."

Diese Unsicherheit speist sich einerseits aus der schieren Punkteanzahl von nur 34: Großes Ziel der Regensburger bleibt auch im vierten Zweitliga-Jahr nacheinander der Klassenverbleib, ganz gesichert ist der Jahn noch nicht. Andererseits ist da noch diese ungewohnte Abschlussschwäche. Entweder lässt der Klub wie zuletzt bei den Unentschieden gegen Würzburg und Aue zahlreiche beste Chancen aus und bringt sich um eine höhere Ausbeute. Oder er macht es so, wie es Selimbegovic in Osnabrück zynisch ausdrückte: "Das ist unsere Stärke - dass wir aussichtsreiche Situationen, die zu einer guten Torchance führen können, sehr schnell vernichten."

In Niedersachsen ging sein Team durch einen Elfmeter des mit acht Treffern besten Jahn-Stürmers Albers in Führung (26. Minute). Der Däne nutzte dazu auch durchaus schlitzohrig in der Entstehung den unbedachten Klammergriff des ehemaligen Fürthers Lukas Gugganig aus. Mehrmals hätte die Jahnelf in der Folge im Konter zum 2:0 kommen können, doch die abschließenden Pässe kurz vor dem Strafraum landeten beim Gegner. Und so musste der SSV, bei dem der eingewechselte Jan-Niklas Beste in der 83. Minute nach einem groben Foulspiel die rote Karte sah, seine Führung bis zum Schluss verteidigen - was er jedoch ziemlich clever tat.

Torwart Alexander Meyer, 30, weist mit zehn Spielen ohne Gegentor den Ligabestwert auf

Dass das Verteidigen in dieser Saison so gut klappt, könnte letztlich der Schlüssel auf dem Weg zum Klassenverbleib werden. Defensiv zeichnet die Oberpfälzer eine enorme Stabilität aus, da bestätigte die Partie in Osnabrück nur den allgemeinen Trend. Torwart Alexander Meyer, 30, weist mit zehn Spielen ohne Gegentor den Ligabestwert auf. In Regensburg trauen sie ihm ob seiner Stärken langfristig auch den Schritt in die Bundesliga zu - allerdings frühestens in einem Jahr, denn bis dahin steht er beim Jahn unter Vertrag. Was der eingangs erwähnten Gelassenheit bei Mersad Selimbegovic durchaus zuträglich sein dürfte.

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