Süddeutsche Zeitung

SSV Jahn Regensburg:Unter Frühstartern

Der SSV Jahn beeindruckt mit seinem stärksten Auftakt in der eingleisigen zweiten Bundesliga.

Von Johannes Kirchmeier

"Endlich", sagte Albion Vrenezi hinterher, endlich hatte er getroffen. Immerhin 27 Jahre musste der Fußballer alt werden, ehe er am Freitagabend sein erstes Tor in der zweiten Bundesliga bejubeln durfte - und das als rechter Außenstürmer. "Als ich gesehen habe, dass der Ball im Tornetz zappelt, war ich echt froh darüber." Und dann erlebte der Flügelwirbler des SSV Jahn Regensburg gleich noch einen perfekten Abend: Neben dem Tor zum 1:0 erzielte er auch den 3:0-Endstand seiner Regensburger gegen Eintracht Braunschweig. Es ist der vorläufige Höhepunkt in der Profikarriere, die er erst spät, mit 23 Jahren, startete. Zuvor kickte Vrenezi ja noch in der Regionalliga Bayern beim FC Augsburg II.

Doch in diesem Jahr findet sich der Spätstarter nun in einem Team beeindruckender Frühstarter wieder. Zwei Siege, drei Remis und keine Niederlage - so gut sind die Oberpfälzer noch nie in die eingleisige zweite Liga gestartet. Der Jahn, wie jedes Jahr ob seines kleinen Etats als einer der Abstiegskandidaten gehandelt, steht nun auf dem vierten Tabellenplatz den Aufstiegsrängen nahe - und ist derzeit das beste bayerische Team der Liga. Was eben auch mit Vrenezis Entwicklung zu tun hat: Vier Jahre steht er beim SSV mittlerweile unter Vertrag - und nach einer einjährigen Leihe zu den Würzburger Kickers hat er es nun "endlich", wie er wohl auch hier sagen würde, zum Stammspieler geschafft. Besonders seine Geschwindigkeit und seine Quirligkeit imponieren dem Trainer Mersad Selimbegovic: "Um den Sechzehner ist er sehr schwierig zu verteidigen."

Gegen Braunschweig überzeugte aber nicht nur Vrenezi, sondern das gesamte Jahn-Team, dessen Sieg nie in Gefahr war. Es profitierte zudem von der gelb-roten Karte des Braunschweiger Verteidigers Nico Klaß (40. Minute) - nach einem Foul an Vrenezi. Zu diesem Zeitpunkt stand es schon 1:0 nach dem ersten Tor des Kosovaren (5.), das 2:0 von Max Besuschkow bereitete er dann mit einem Pass in den Strafraum vor (61.), ehe er nach einem schönen Solo zum Endstand traf (78.). "In der zweiten Halbzeit haben wir es souverän gemacht", fand Vrenezi. Für Selimbegovic ist der Tabellenstand freilich nur eine Momentaufnahme, trotzdem sagt er über sein Team: "Wenn wir zusammenhalten, dann sind wir schwer zu knacken." Mit ihrer von anderen gerne "eklig" bezeichneten Spielweise kicken die Regensburger nun schon in der vierten Saison in Serie in Liga zwei - auch das gab es noch nie in ihrer Historie.

Tags darauf hatte der Klub dann wieder einen Grund zu feiern, als sein Geschäftsführer Christian Keller bei der Mitgliederversammlung bekannt gab, dass der SSV seinen Gesamtumsatz auf 24,5 Millionen Euro für die Saison 2019/20 steigern konnte (19,8 Mio Euro in 2018/19). Das corona-bedingte Minus hielt sich in der Spielzeit 2019/20 auch deswegen in Grenzen, weil der Verein sich unter anderem auf "loyale, flexible und beständige Partner in seinem Sponsorennetzwerk verlassen konnte", sagte Keller. Für die Spielzeit 2020/21, in der wohl das Gros an Zuschauereinnahmen wegfallen dürfte, rechnet der Klub allerdings mit einem Umsatzeinbruch. Trotzdem blickt Keller positiv in die Zukunft.

Nur das mit den Auswärtssiegen in der Liga müssen sie noch in den Griff bekommen - im Jahr 2020 gab es noch gar keinen. Aber vielleicht ändern das Vrenezi und seine Mitspieler ja schon am Samstag in Paderborn.

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Quelle:
SZ vom 26.10.2020
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