SSV Jahn Regensburg:Neue Festung

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Jahn Regensburg ist gegen den MSV Duisburg plötzlich effizient. Das 4:0 gegen den Mitaufsteiger ist für die Oberpfälzer der dritte Erfolg in der Regensburger Arena nacheinander und zugleich der höchste Zweitliga-Sieg seit 40 Jahren.

Von Florian Bindl

Die Jahn-Fans wollen einen Turm. Im alten Jahnstadion an der Prüfeninger Straße stand auf der Gegengerade ein großer Kasten, der zur Anzeige von Spielzeit und Ergebnis diente. Für die Regensburger war er das Wahrzeichen ihres Vereins. Als im Frühjahr das alte Stadion abgerissen wurde, blieb nur ein Element vom Abriss verschont: der Turm. Wie ein Denkmal, das an vergangene Zeiten erinnert, steht er noch immer in der Prüfeninger Straße. Ein Ergebnis zeigt er schon lange nicht mehr an. Seit Jahren steht es 0:0.

In der neuen Arena im Regensburger Süden steht derzeit noch kein Turm. Die Fans arbeiten gerade daran, ein Imitat vor den Toren der Arena aufzustellen, der Klub zeigt sich gesprächsbereit. Und so langsam würde dem Stadion so ein Turm auch ganz gut stehen. Nicht nur, weil Traditionen beim Jahn traditionell überdauern. Sondern auch weil der Klub sich zuletzt in der zweiten Liga seine kleine Heimfestung erbaut hat. Die vergangenen drei Liga-Heimspiele gewann Regensburg. Dabei erzielte der Jahn zehn Treffer und kassierte nur drei. Am Samstag blieb er beim 4:0 (3:0) gegen den Mitaufsteiger MSV Duisburg sogar erstmals in der Saison ohne Gegentor. Die Regensburger finden sich immer besser in der neuen Liga zurecht, auch weil Trainer Achim Beierlorzer eine gesunde Balance zwischen Verteidigung und Angriffsspiel gefunden hat. Das 4:0 gegen den MSV ist dafür beispielhaft.

Zu Beginn der Saison spielte der Jahn zumeist Angriffsfußball, er schoss jede Menge Tore, rückte aber oft zu weit auf und machte sich die Anstrengungen zunichte. "Wir haben eben ein sehr offensives Spiel, daher haben wir oft noch Treffer gefangen", sagte Kapitän Marco Grüttner. Gegen Duisburg schien die Balance dann zu stimmen. Der SSV agierte abwartender und konnte die Angriffe der Gäste dadurch rasch zerstreuen. Wer sich nun fragte, ob die jüngste Erfolgsserie den Oberpfälzern zu Selbstvertrauen verhilft, der konnte vor allem eines beobachten: Effektivität. Vier Torchancen erspielte sich Regensburg in den ersten 45 Minuten, drei davon waren drin. Auch treffsicherer ist der Jahn also geworden, der als Neuling noch zu schludrig mit seinen Chancen umgegangen war.

Besonders Jonas Nietfelds 2:0 gleicht einer Beweisführung für die Entwicklung. 30 Meter vor dem Tor erhielt er den Ball. Vor ihm: viel Raum. Noch vor einem Monat hätte er vielleicht überlegt, wo er den Ball hin spielen sollte. Diesmal sprintete er los, schlug Haken und schlenzte den Ball in die rechte Ecke. Sogar den Laufweg seines Kapitäns hat er dabei ignoriert: "Ich habe Marco gesehen, aber auch gedacht: Jetzt hauste ihn rein." Grüttner dürfte ihm daher gleich verziehen haben.

Der SSV Jahn feiert den höchsten Zweitliga-Sieg seit 40 Jahren

Als der Mittelfeldspieler Joshua Mees dann kurz vor Schluss seine Rückkehr nach einer Außenbandzerrung mit einem Kopfballtreffer zum 4:0 garnierte, stand fest: Der SSV Jahn Regensburg feierte an diesem verregneten Samstagnachmittag nicht nur den höchsten Sieg in der zweiten Liga seit 1977, sondern zog in der Tabelle an den Duisburgern vorbei. Auch diesbezüglich präsentierten sich die Jahn-Spieler übrigens als Einheit. "Ob wir Achter oder Fünfzehnter sind, interessiert mich überhaupt nicht", sagte Marc Lais. Beierlorzer kommentierte die Platzierung erst gar nicht, er war einfach nur "total happy". Sie wollen beim Jahn einfach nur Punkte sammeln für ihr großes Ziel Klassenverbleib: "Wir dürfen uns nicht blenden lassen", warnt Grüttner sogar.

Die Regensburger Fans taten sich mit den Feierlichkeiten dagegen viel leichter. Sie jubelten über die große Vier, die auf der Ergebnisanzeige leuchtete - digital, wohlgemerkt. Bis die auch im Regensburger Süden auf einem Turm angezeigt wird, dürfte ja noch Zeit vergehen.

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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