SSV Jahn Regensburg:Mit Wut zurück ins Glück

SSV Jahn Regensburg v FC Erzgebirge Aue - Second Bundesliga

Alle auf dem späten Siegtorschützen: Das Jahn-Knäuel begräbt Andreas Albers vor der Hans-Jakob-Tribüne unter sich.

(Foto: Alexandra Beier/Getty Images)

In der letzten Minute der regulären Spielzeit bezwingt Regensburg den Tabellenletzten Aue doch noch und kehrt zurück an die Zweitliga-Tabellenspitze. Coach Mersad Selimbegovic sieht "eines der spektakulärsten Spiele" seiner Laufbahn.

Von Johannes Kirchmeier, Regensburg

Nicht nur in der Fußball-Bundesliga, sondern auch in der zweiten Bundesliga führt nach diesem Wochenende wieder eine bayerische Mannschaft die Tabelle an. Doch viel gemein mit den (Fast-)Alles-Gewinnern aus der weiß-blauen Landeshauptstadt München hat der kleine SSV Jahn Regensburg aus der Bezirkshauptstadt der Oberpfalz außer den Vereinsfarben natürlich nicht. Ganz im Gegenteil, die Unterschiede fangen schon damit an, dass der Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic, 39, kräftig zittern musste um den Erfolg am Freitag gegen den FC Erzgebirge Aue, er sprach von "einer der spektakulärsten Partien" seiner Laufbahn. Gemeint war wohlgemerkt ein Spiel gegen den Tabellenletzten.

Gerade noch so hatte der SSV die Sachsen besiegt, den 3:2-Endstand schoss der Stürmer Andreas Albers in der letzten Minute der regulären Spielzeit heraus. Unter großem Jubel rutschte Albers auf seinen Knien direkt vor die Hans-Jakob-Tribüne und feierte mit den Anhängern. Der mit 13 Treffern beste SSV-Stürmer der Vorsaison hatte sich Zeit gelassen für sein erstes Liga-Saisontor. Aber schon 2020/21 galt: Der ruhige Jurastudent Albers erzielt vorzugsweise die wichtigen Tore - diese Eigenschaft hat er sich offenbar erhalten: "Es ist schön, dass ich endlich mal ein Tor gemacht habe. Lieber zum 3:2 als zum 4:0."

Dabei wäre auch das locker möglich gewesen. Die Oberpfälzer dominierten das Spiel lange, nahmen eine 2:0-Führung in die Halbzeit mit, die höher hätte ausfallen können. Sicher, eine Rolle habe gespielt, dass viele seiner Jungs nicht die Reife des Gegners hatten, meinte Selimbegovic. Carlo Boukhalfa und Konrad Faber kickten beispielsweise in der vergangenen Saison noch in der Regionalliga Südwest - und das erklärt dann schon, dass die kleinen Regensburger weiter recht überraschend vor den mit langjährigen Bundesligaspielern gespickten Großklubs aus Gelsenkirchen, Bremen oder Hamburg stehen.

Ein frisch aus Aue Gekommener hilft mit, den Aue-Fluch aufzuheben

Der Tabellenstand markiert aber nicht ausschließlich eine Überraschung, es ist schon auch einiges gewachsen beim Jahn. Aue, das zur Erklärung, ist für den Klub ja nicht irgendwer: Der Besuch aus dem Erzgebirge ist ein ungeliebter für den Jahn, seit 2010 hat Aue nicht mehr in Regensburg verloren. Damals war Selimbegovic Jahn-Verteidiger und dachte überhaupt nicht über eine Profi-Trainerkarriere nach.

Ein spezieller Abend war es nicht nur für ihn, sondern auch für den Verteidiger Steve Breitkreuz, der vor der Saison aus Aue kam: "Ich glaube, dass es ihm sehr, sehr wichtig war, dieses Spiel zu gewinnen", beobachtete der Coach. Es brauchte am Ende auch diesen ehemaligen Auer, um den Aue-Fluch aufzuheben. Schließlich leitete der Innenverteidiger mit seiner Kopfballablage im gegnerischen Strafraum das entscheidende Tor ein. Aus dem anschließenden Gestocher heraus setzte Albers den Schlusspunkt.

Zuvor trafen Jan-Niklas Beste (7. Minute) und Max Besuschkow (11.), Aue glich durch Nicolas Kühn (52.) und Gaetan Bussmann (87.) aus. Das wirkte dann schon fast wie eine schlechte Angewohnheit - auch zuletzt gegen Nürnberg und Düsseldorf verspielten die Regensburger eine Führung leichtfertig. "Da war schon eine Wut zu spüren bei den Spielern", sagte der Kapitän Benedikt Gimber über die Situation nach dem 2:2. "Die wurde dann in positive Energie umgewandelt."

Vom Wiederanpfiff weg drängte der Jahn aufs Tor. Es ist diese besondere Mentalität, die die Oberpfälzer seit Jahren auszeichnet. Nie aufstecken, egal wie groß der Niederschlag war, irgendwas geht immer. Nur, spektakulär hin oder her, Selimbegovic ist ein schlauer Mann. Er weiß: Physisch und psychisch ist es schon gesünder, einmal ein 2:0 über die Zeit zu bringen. Die nächste Entwicklungsstufe eben - siehe hierzu auch den Bundesliga-Tabellenführer aus dem Süden.

Wie gesagt: Kein geeigneter Vergleich. So freute sich Selimbegovic auch darüber, dass sein Team mit nun 17 Zählern der 40-Punkte-Marke, also dem Nichtabstieg, näherkommt.

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