SSV Jahn Regensburg:Zum Einstand ein Fiasko

SSV Jahn Regensburg: Joe Enochs (links) muss nach seinem ersten Spiel als neuer Trainer des SSV Jahn Regensburg Aufbauarbeit leisten.

Joe Enochs (links) muss nach seinem ersten Spiel als neuer Trainer des SSV Jahn Regensburg Aufbauarbeit leisten.

(Foto: Wolfgang Zink/Sportfoto Zink / Imago)

Der Trainerwechsel der Oberpfälzer verpufft. Mit Joe Enochs an der Seitenlinie verliert die Jahn-Elf 1:5 gegen den Hamburger SV. Der Klassenerhalt ist damit nur noch theoretisch zu schaffen.

Von Linus Freymark, Regensburg

Unter den Trainertypen im Profifußball gibt es die Spezies des Retters. Ein paar Spieltage vor Saisonende verpflichtet, treffen diese Übungsleiter irgendwie den richtigen Ton, schaffen aus aussichtsloser Lage den Klassenerhalt und verabschieden sich danach wieder in den Ruhestand. Felix Magath oder Huub Stevens etwa sind Paradebeispiele für diese Gattung: Die Retter kommen, sehen, retten - und sind nach erledigter Mission flott wieder weg.

Beim SSV Jahn Regensburg hat man in dieser Woche nach der Freistellung von Mersad Selimbegovic auch nach einem Retter Ausschau gehalten. Die Wahl der Verantwortlichen fiel auf Joe Enochs. Enochs, 51, war im Februar beim Drittligisten FSV Zwickau von seinen Aufgaben entbunden worden. Mit dem Trainerwechsel wolle man "die letzte Patrone" nutzen, um die Klasse doch noch zu halten, hatte Jahn-Präsident Hans Rothammer verkündet. Enochs selbst hatte vor seinem Debüt gegen den Hamburger SV die Hoffnung beschworen, "das "Wunder", sprich den Verbleib in Liga zwei, zu schaffen.

Nach dem Einstand des neuen Cheftrainers blieb zu konstatieren: Regensburgs letzte Patrone traf nicht, um im Bild zu bleiben. Der SSV Jahn hat sich mit dem neuen Mann an der Seitenlinie die nächste Niederlage eingehandelt. Mit dem 1:5 gegen den HSV sind die Oberpfälzer so gut wie abgestiegen. Gerade mal vier Tage lagen zwischen dem Einstand auf dem Trainingsplatz und dem ersten Spiel, eine Zeitspanne, die Enochs nicht ausreichte, um seinen Spielern wie beabsichtigt den "Spaß am Fußball" zurückzubringen. "Die Art und Weise in der ersten Halbzeit war nicht gut", bilanzierte Enochs. Im zweiten Durchgang habe sich seine Mannschaft besser verkauft. Da vermeldete die Anzeigetafel aber bereits einen Zwischenstand von 0:4, was die Gäste aus dem Norden dazu veranlasste, es etwas ruhiger angehen zu lassen.

"Es tut einfach weh, den Verein jetzt da zu sehen, wo er ist", sagte Kapitän Benedikt Gimber mit Tränen in den Augen

Der von Enochs anvisierte Spaß am Fußball kam den Jahn-Anhängern schon nach vier Minuten abhanden. Bakery Jatta, der seinen Gegenspielern nach Lust und Laune Knoten in die Beine spielte, brachte den Ball flach von der rechten Außenbahn in den Strafraum. Dort wartete Robert Glatzel, schob den Ball über die Linie, und Enochs dürfte sich am Seitenrand zum ersten Mal selbst dazu beglückwünscht haben, in seinem Vertrag das Attribut "ligaunabhängig" verankert zu haben - erst recht, weil die Hamburger nicht locker ließen: Nach einer umstrittenen Elfmeterentscheidung erhöhte Sonny Kittel vom Punkt auf 0:2 (17.), Miro Muheim (30). und erneut Kittel (45.) besorgten den Pausenstand. Nach dem Seitenwechsel hatte sich der Jahn ein wenig gefangen und kam durch Kaan Caliskaner nach 55 Minuten zum Anschlusstreffer. Die Regensburger erspielten sich weitere Gelegenheiten, der letzte Eintrag in der Torschützenliste vom Sonntagnachmittag aber gehörte erneut einem Hamburger, Filip Bilbija, der zum Endstand traf (81.). Die Gästefans, die den Jahn-Anhängern numerisch mindestens ebenbürtig waren - feierten da längst den Auswärtssieg.

Von der Hans-Jakob-Tribüne, dem Epizentrum des Regensburger Anhangs, waren nach Abpfiff Pfiffe zu vernehmen. Zwei verbleibende Spiele, fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz 16 - diese Konstellation lässt kaum noch auf den Klassenerhalt hoffen. Enochs, nun als Berufsoptimist gefragt, beschwor im Nachgang zwar die kleine Chance, an die er glaube, solange sie auf dem Papier existiert. Auch Steve Breitkreuz gab zu bedenken, dass man eigentlich gar keine andere Wahl habe. "Sollen wir jetzt die weiße Fahne schwenken?", fragte er, um die Absurdität dieses Szenarios zu verdeutlichen. Doch auch ihm und seinen Kollegen ist klar, dass der Abstieg schon am kommenden Wochenende besiegelt werden kann - sogar dann, wenn die Regensburger mit einem Sieg aus Braunschweig zurückkehren.

"Es tut einfach weh, den Verein jetzt da zu sehen, wo er ist", sagte Kapitän Benedikt Gimber mit Tränen in den Augen. Ihren neuen Übungsleiter nahmen er und seine Mitspieler mit Blick auf das Fiasko auf dem Rasen aus der Schusslinie. "Am Ende sind wir dafür verantwortlich", bekannte Außenverteidiger Benedikt Saller. Er habe sich einen anderen Einstand für seinen neuen Trainer gewünscht. Für Joe Enochs ist es kurz nach Amtsantritt fast schon aussichtslos, sich in der Oberpfalz noch als Retter zu profilieren.

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