SSV Jahn Regensburg:Grüttner fliegt wie die Schneeflocken

SV Darmstadt 98 v SSV Jahn Regensburg - Second Bundesliga

Oranger Ball und rote Backen: Regensburgs Mittelfeldspieler Marc Lais im Darmstädter Schneegestöber.

(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Im Schneegestöber gewinnt der Aufsteiger Regensburg 1:0 beim Absteiger SV Darmstadt 98.

Von Johannes Kirchmeier

Auf einmal lag dann auch der Regensburger Sargis Adamyan im Schnee. Während fast alle seine Mit- und Gegenspieler schon mal auf dem Rasen am Darmstädter Böllenfalltor ausgerutscht waren, wechselte der armenische Fußballspieler Adamyan bis dahin am Sonntagnachmittag ins Wintersportfach: drehte wie ein Eiskunstläufer Pirouetten - seine Partnerin war dabei statt Aljona Savchenko die orange Kunststoffkugel - oder wedelte wie ein Slalomläufer um die Gegner herum und fiel nicht um. Der Jahn-Angreifer Adamyan war bis dahin der stärkste Spieler in Darmstadt. Er legte gleich die erste Chance für Marco Grüttner nach nicht einmal zwanzig Sekunden Spielzeit sehenswert auf und erarbeitete sich die zweite und dritte selbst. Alleine Adamyan hätte die Zweitliga-Partie schon früh entscheiden können.

Doch in dieser 40. Minute zog es auch dem 24-Jährigen im Zweikampf die Füße weg. Und zwar so folgenschwer, dass er eine Zeit lang liegen blieb. Wer schon einmal selbst in kurzer Hose im Schnee verharren musste, weiß, wie wenig behaglich das ist - und Adamyan hatte sich eben verletzt. Bei seiner Auswechslung hielt er sich Oberschenkel und Knie, er machte ein grimmiges, schmerzverzerrtes Gesicht.

Bei Temperaturen unter null Grad kam die Rasenheizung nicht mit

Jann George übernahm für Adamyan auf der linken Außenbahn. Obwohl der Franke nicht annähernd so gut wie der Armenier über den weiß getupften Rasen schwebte, blieb alles beim Alten am Sonntag: Der Aufsteiger SSV Jahn Regensburg war deutlich stärker als der Bundesliga-Absteiger SV Darmstadt 98 und gewann am Ende verdient 1:0 (0:0) durch ein Tor von Sturmtank Grüttner. "Wir sind überglücklich über die drei Punkte", sagte der Torschütze bei Sky: "Man hat gesehen, dass wir unbedingt den Sieg wollten."

Es half natürlich auch, dass der Jahn schon zuvor wusste, dass er gegen den favorisierten Gastgeber aus Hessen gewinnen kann: 3:1 siegten die Regensburger zu Beginn der Saison im August in der ersten Pokalrunde, es war ihr erster Saisonerfolg nach zwei Niederlagen in Liga zwei. Im Rückblick war es der Sieg, der die Regensburger Balljäger in Fahrt brachte. Tabellensiebter sind sie mittlerweile, sie haben fünf Spiele nicht verloren, die Darmstädter dagegen zehn nicht gewonnen.

Wie im August gewann der Jahn auch am Sonntag vor allem deswegen, weil er sich als das kämpferisch stärkere Team zeigte. "Wir haben den Platz angenommen, wir haben das Wetter angenommen", urteilte Grüttner. Und Trainer Achim Beierlorzer ergänzte: "Meine Mannschaft ist mit den Bedingungen besser zurechtgekommen." Die Bedingungen, das war vor allem ein äußerst rutschiger Platz mit in Jahn-Rot markierten Seitenlinien und orangenem Ball. Es schneite das ganze Spiel bei Temperaturen etwas unter null Grad so heftig, dass auch die 2014 eingebaute Rasenheizung einen schneebedeckten Boden nicht verhindern konnte.

Beierlorzer selbst trug an der Seitenlinie den Schal so hoch und die Mütze so tief, dass er nur noch Augen, Nase, den Bartteil über der Oberlippe und den Mund freiließ. Kollege Frings, der als Tabellen-16. langsam in Bedrängnis kommt, zeigte sich ohne Mütze und Handschuhe, hustete in der zweiten Halbzeit allerdings auch schon heftig. Nicht nur diese Anekdote zeigte, dass Beierlorzer sich und seine Jungs besser eingestellt hatte: Schon in Hälfte eins hatte sein Team, das ohne Stamm-Sechser Andreas Geipl (Bänderverletzung) angetreten war, mehr Chancen: Während es Darmstadt auf dem holprigen Geläuf irrigerweise mit schönem Spiel versuchte, spielte der Jahn an einem Nachmittag voller Gekicke, Gegrätsche und Gerutsche vor allem zielstrebig: Grüttner schoss aus fünf Metern den Fuß von Gegenspieler Marvin Mehlem an, später noch den 98-Torwart Daniel Heuer Fernandes. Adamyan drosch die Kugel zudem mehrmals über das Tor.

Für die zweite Hälfte gab ihnen dann Beierlorzer noch einen Tipp auf den Weg: "Der zweite Pfosten ist schon eher der Bereich, wo man Darmstadt knacken kann, das haben wir auch so angesprochen." Freistoßschütze Marvin Knoll erinnerte sich daran, schickte seinen Ball in der 52. Minute von rechts draußen dorthin. Grüttner flog wie eine der vielen Schneeflocken um ihn herum in den Strafraum und spitzelte die orange Kugel ins Tor. Während die Darmstädter am Strafraumrand ihm dabei wie zum Eisblock erstarrt zuschauten.

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