Es waren fast schon vergessen geglaubte Szenen, die sich am Dienstagabend nach 22 Uhr und am Samstagnachmittag um kurz vor 15 Uhr zutrugen im Jahnstadion Regensburg. Und deshalb wurden aus ihnen Momente des Überschwangs nach so schweren Wochen in diesem rot-weiß-betongrauen Jahnstadion unweit des Papstfeldes in Oberisling: Jubel, Freude, Heiterkeit, „SSV Jahn olé“.
All das erinnerte an die Aufstiegsfeier des Vereins am Haidplatz in der Regensburger Innenstadt im Mai. Damals war vermutlich zum letzten Mal diese uneingeschränkte Freude unter den Anhängern und in der Mannschaft erkennbar, die sich nun nach dem Einzug ins DFB-Pokal-Achtelfinale unter der Woche gegen die SpVgg Greuther Fürth (1:0) und dem anschließenden Erfolg in der zweiten Fußball-Bundesliga gegen die SV Elversberg (ebenfalls 1:0) Bann brach. „Es tut unfassbar gut, einfach mal wieder mit den Fans vor der Hans-Jakob-Tribüne feiern zu können. Die letzten Wochen waren sehr, sehr schwierig“, sagte der Innenverteidiger Louis Breunig.
Der SSV Jahn hat am elften Spieltag mit unkonventionellen Mitteln endlich seine zweite Zweitliga-Partie in dieser Saison gewonnen. Lange war man wohl in der Oberpfalz nicht mehr so glücklich über zwei eigentlich eher unansehnliche Spiele, in denen die Regensburger jeweils durch Kampfeslust, wenig Ballbesitz (etwa 30 Prozent) und gnadenlose Effizienz einen 1:0-Erfolg errangen. Der Retter mit Bart, Interimstrainer Andreas Patz, sagte: „Unsere Devise war ganz klar die defensive Stabilität.“ Patz war vor einer Woche auf den rasierten Aufstiegstrainer Joe Enochs gefolgt. Enochs hatte zum Abschluss einer Misere, die zu Beginn des Jahres in Liga drei begann und auch eine Etage höher weiterging, auch noch 3:8 beim Nachbarn 1. FC Nürnberg verloren. Aufgrund der jüngsten Siege unter Patz stellt sich schon die Frage, ob es richtig war, dass der Sport-Geschäftsführer Achim Beierlorzer so lange an seinem einstigen Fußballlehrer-Lehrgangskollegen Enochs festhielt.
„Ich würde lügen, wenn ich sage, dass wir großartig viel verändert haben. Aber wir haben ein paar Dinge angepasst. Die Herangehensweise auch“, sagte Patz hinterher. Seine wichtigste Veränderung: „Der Glaube. Der Glaube an sich selbst und der Glaube an die Mannschaft.“ Diese rein psychologische Maßnahme tat dem Team augenscheinlich gut, sie verlor selbst in den schwierigsten Phasen der Elf-Mann-Verteidigung nicht Ruhe und Orientierung. Was auch daran liegt, dass Patz nun jedem seiner Spieler klare Aufgaben, klare Zonen auf dem Feld mitgibt, sogar wer diese wann beackert.
„Ich weiß nicht, wie viele Chancen wir hatten: vermutlich eine“, sagt Sechser Geipl
Mit sieben Punkten und einem Torverhältnis von 5:30 bleibt der Jahn damit zwar Letzter, aber der Sieg war auch so etwas wie der öffentlich formulierte Anspruch auf eine weitere Saison in Liga zwei. Es brennt schon noch Licht im Tabellenkeller. „Die Freude hört man in der Kabine. Was einem für ein Stein vom Herzen fällt, dass wir endlich wieder mal einen Dreier in der Liga eingefahren haben“, sagte der Sechser Andreas Geipl, hinter ihm lief Techno. „Die Null steht, was extrem wichtig war und auch extrem wichtig wird für die Zukunft. Ich weiß nicht, wie viele Chancen wir hatten: vermutlich eine.“ Diese eine Chance nutzte der Angreifer Noah Ganaus per Konter in der 16. Minute. Und auch aufgrund der Gegenstöße und der Effizienz erinnert der Jahn von Patz, der noch bis Dezember den Fußballlehrer-Lehrgang absolviert, plötzlich ein wenig an den Jahn von vor sieben Jahren. Als Achim Beierlorzer den Aufsteiger mit einem ähnlichen Spielstil bis in die obere Tabellenhälfte führte.
Der heutige Sport-Geschäftsführer will „bis auf Weiteres“ mit dem Coach arbeiten und sagt auch, das „Weitere“ könne sich ins Langfristige ziehen. Beierlorzer sucht aber auch extern nach einem Nachfolger für Enochs. Heißt auch: Patz braucht Erfolge als Argumente. Zwei davon stehen nun schon auf dem Empfehlungsschreiben. Der Kapitän Geipl, den Enochs zuletzt auf die Bank setzte und der jetzt wieder spielt, würde die weitere Zusammenarbeit mit Patz ausdrücklich begrüßen: „Der Andi macht eine super Arbeit, das ganze Trainerteam“, sagte er. Und mit einem Lachen fügte er an: „Wenn er so weitermacht, dann müssen wir aufpassen, dass er uns nicht weggenommen wird.“ Sie haben wieder gut Lachen beim SSV Jahn Regensburg, fast vergessen geglaubte Momente.