SSV Jahn Regensburg:Sieg ohne Wert

SSV Jahn Regensburg: Elfmeter verschossen, Siegtreffer erzielt und doch so gut wie sicher abgestiegen: Regensburgs Torjäger Prince Osei Owusu erlebte in Braunschweig eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die an den Saisonverlauf erinnert.

Elfmeter verschossen, Siegtreffer erzielt und doch so gut wie sicher abgestiegen: Regensburgs Torjäger Prince Osei Owusu erlebte in Braunschweig eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die an den Saisonverlauf erinnert.

(Foto: Swen Pförtner/dpa)

Trotz des 2:1 der Regensburger in Braunschweig steht ihr Abstieg nun so gut wie fest. Szenen eines bitteren Oberpfälzer Samstags in Niedersachsen.

Von Johannes Kirchmeier

Der Kapitän Benedikt Gimber hatte noch Tränen in den Augen, als er in die Fankurve des SSV Jahn Regensburg ging und mit den Anhängern abklatschte. Der Tross um ihn herum, Spieler des Fußball-Zweitligisten und ihr Trainerteam, schaute mit leerem Blick auf die Tribüne - später, auch lange nach dem Abpfiff, tauschten sich die Fußballer noch mit den mitgereisten Fans aus. So richtig wollte keiner glauben, was da gerade passiert war an diesem Samstagnachmittag: "Es ist eine komische Situation. Wir haben ein gutes Spiel abgeliefert und verdient gewonnen", sagte Trainer Joe Enochs nach dem 2:1 (1:1) in Niedersachsen. Erstmals hatte der SSV Jahn eine Zweitligapartie bei Eintracht Braunschweig für sich entschieden, doch der US-Amerikaner lieferte die Erklärung für die allgemeine Oberpfälzer Trauer gleich hinterher: "Aber wir sind trotzdem abgestiegen." Tränen, Wut und Ärger prägten das Jahn-Bild.

Denn der direkte Konkurrent Arminia Bielefeld hatte zur gleichen Zeit 2:2 gegen Paderborn gespielt - und liegt vor dem Abschlussspieltag damit drei Punkte vor dem Jahn. "Das Ziel war heute, einfach alles zu tun, dass wir die Chance haben. Und das haben wir getan, aber leider ist es auf den anderen Plätzen gegen uns gelaufen", resümierte Enochs.

Genau genommen haben seine Oberpfälzer also zwar noch eine Mini-Mini-Mini-Chance auf die Relegation. Sie müssten am kommenden Sonntag auf eine Bielefelder Niederlage in Magdeburg hoffen und selbst gegen den Aufstiegsaspiranten Heidenheim gewinnen, dabei aber auch ganze 15 Treffer im Torverhältnis auf die Arminia aufholen. Das ist freilich wiederum ein Ding der Unmöglichkeit im professionellen Fußball in Deutschland. Daran glauben will auch in Regensburg niemand mehr.

Bei einem Sieg und einer Niederlage Bielefelds müsste der Jahn noch 15 Tore aufholen. Daran glaubt selbst in Regensburg niemand

So zeigte der Auftritt in Braunschweig eher, "was dieses Jahr drin gewesen wäre", sagte der Innenverteidiger Scott Kennedy, letztlich wohl die bitterste Zusammenfassung des Samstags. Schließlich war dieser nun fast sichere Abstieg durchaus vermeidbar, immer wieder erlaubte sich der SSV unnötige Punktverluste aufgrund von späten Gegentoren oder grobem Chancenwucher. An Teile davon erinnerte auch das Spiel in Niedersachsen: Prince Osei Owusu vergab beispielsweise beim Stand von 1:1 einen Foulelfmeter (30. Minute), Nicklas Shipnoski traf statt zur Entscheidung die Querlatte (78.), dennoch war unter dem seit knapp zwei Wochen beschäftigten Enochs auch der Hauch eines neuen, alten Geistes erkennbar. Der Jahn haderte dieses Mal nämlich nicht lange, gab sich nicht auf - und das Spiel nie aus der Hand. Und das direkt nach einem 1:5 gegen den Hamburger SV in der vergangenen Woche.

Zwar trafen die Gastgeber am Samstag durch Immanuel Pherai bereits in der zweiten Minute zur Führung, doch dann übernahm Regensburg von Minute zu Minute mehr die Spielkontrolle. Erst gelang Charalambos Makridis der Ausgleich per sehenswertem Weitschuss (21.), dann war es der Toptorjäger Owusu, der mit seinem siebten Saisontor zur Entscheidung traf (49.). "So wie die Mannschaft da aufgestanden ist, sich Chancen erarbeitet hat, aber auch überragend verteidigt hat, da geht mir das Herz auf. Das ist genau der Jahn, den ich aus der Ferne gesehen habe", sagte Enochs, der in der Saison 2016/17 als Osnabrücker Coach auf Regensburg traf.

Über die Bitterkeit des Moments hatte er da schon gesprochen - und so war das der Augenblick, in dem sich bei ihm ein wenig die Stimmung drehte. Er wird dem Verein aller Voraussicht nach weiter zur Verfügung stehen, sein Vertrag gilt ligaunabhängig bis ins kommende Jahr. "Das gibt mir sehr viel Zuversicht für die Zukunft", sagte der 51-Jährige mit dem Kampfgeist, den er einst als wuchtiger Abräumer im defensiven Mittelfeld verkörperte. "Deswegen fahren wir jetzt nach Hause und werden hart arbeiten, um so schnell wie möglich wiederzukommen."

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